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Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)

Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Nuhr
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um ihreAugen wehen. Da! Ein kleiner Rempler, keine Absicht, aber sie stolpert. Ich entschuldige mich! Wie konnte das passieren! Tut mir leid! Sooo leid! Als Akt der Wiedergutmachung wird ein kurzer Geschlechtsverkehr ausgeübt. Die Sache ist wieder im Reinen. Wir gehen unseres Weges, heiter und erleichtert – wie unsere äffischen Verwandten …
    Wir Menschen haben zu meinem in diesem speziellen Fall größten Bedauern andere Strategien gemeinschaftlicher Problembewältigung. Wir gehen zum Psychologen und zahlen viel Geld dafür, dass man von einem gut ausgebildeten Seeleningenieur zu Rollenspielen aufgefordert wird, eine Art Kindergartenspiel auf Krankenkasse. Man soll sich in die Rolle der ehemaligen Lebenspartnerin versetzen, ekelt sich, bekommt einen veritablen Herpes und geht ein paar 100 Euro ärmer und schlecht gelaunt nach Hause.
    In der Gruppe sind die Problemlösungsstrategien des Menschen noch primitiver. Man schaut bei andersartigen Kulturen im Streitfall mit dem Panzer vorbei oder sprengt sich auf dem Marktplatz in die Luft, weil man glaubt, dadurch zum Märtyrer zu werden und ein reiches Leben im Jenseits führen zu können. Wie schaffen es die Bonobos, mit 99 Prozent unserer Gene so viel intelligenter zu leben als wir? Ich weiß es nicht.



LICHT
    Goethes letzte Worte waren nicht: „Mehr Licht!“ Es handelt sich bei dieser Überlieferung um eine Legende. Es gibt noch weitere Sätze, die Goethe nicht direkt vor seinem Tod sagte. Hier einige Beispiele:
    · Der Letzte macht das Licht aus!
    · A small step for a man but a giant leap for mankind.
    · Ich bin ein Berliner.
    · Sagen Sie jetzt nichts, Hildegard.
    · Bin weder Fräulein weder schön, kann ungeleitet nach Hause gehen.
    Angeblich verlangte der Geheimrat kurz vor seinem Ableben als Letztes nach einem Nachttopf. Dies allerdings als letzte Amtshandlung unseres größten Dichters zu berichten, war sowohl den persönlichen Sekretären des Meisters als auch den Literaturwissenschaftlern zu profan, weshalb die Geschichte gefälscht wurde.
    Es erstaunt uns Nachgeborene, dass Goethe über eine Verdauung verfügte, wie jeder andere Mensch auch. Aber warum sollte es auch anders sein? Im zeitgenössischen Kölschen Liedgut heißt es: „Ob jetz einer Krim-Sekt drink oder nur noh Wermut stink, ess ahn der Pissrinn spätestens ejal.“ Das ist biologisch gut recherchiert.
    Die Geschichte von Goethes Forderung nach „mehr Licht“ ist wahrscheinlich dem Nationalstolz geschuldet, der uns Goethe als einen selbst im Todeskampf nach der Wahrheit Suchenden verkaufen möchte. Sollte Goethe irgendwann eine Forderung dieser Art gestellt haben, war dies wahrscheinlich einfach der damals üblichen Sehnsucht nach mehr Beleuchtung geschuldet. Da es noch keine Elektrizität gab, wurde es nachts dunkel. Das ist zwar auch heute noch teilweise der Fall, lässt sich aber abmildern, indem man beim Smartphone das Blitzlicht per App zur Taschenlampe umfunktioniert. Goethe konnte nicht mal SMS schreiben.
    Wenn heute jemand mehr Licht benötigt, betätigt er einen Schalter. Es ist deshalb heute nicht mehr notwendig, das Licht in metaphorischer Art und Weise auf dem Totenbett zu suchen. Erleuchtung, die beispielsweise der Buddhist mühsam durch Meditation und asketisches Leben zu erreichen sucht, ist heute ein Akt, der beim Betreten des Raumes ohne weitere Beachtung per Fingerdruck erledigt wird. Unglaublich!

13 07
Auch bei mir ist der Mittag die Zeit, an dem ich gerne durch ungehemmte Sexualität meinen Beitrag zum Weltfrieden leisten würde. Leider bin ich allein zuhause. Sex ist erheblich angenehmer, wenn er zu zweit ausgeübt wird. Alleine kommt immer schnell Langeweile auf. Man weiß irgendwann einfach, was der Sexualpartner als Nächstes machen wird. Sex allein ist zu berechenbar.
    Ich denke kurz darüber nach, hinauszugehen, um ein Weibchen ins Haus zu locken, das irgendwo in freier Wildbahn nur darauf wartet, von einem kräftigen Artgenossen begattet zu werden. Dann verwerfe ich den Gedanken wieder. Heute ist nicht der Tag der Brautschau, keine Zeit für Balz und Protzgehabe. Heute ist der Tag der Kontemplation! Heute lebe ich zölibatär. Jawohl!
    Mein inneres Gleichgewicht gestattet heute keine Aufregung. Wie das Löwenrudel erst nach Tagen wieder jagen muss oder das Kamel ohne zu trinken die Wüste Sahara durchschreitet, so werde ich diesen Tag verleben, ohne auf das Drängen meiner in Hoden und Hypophyse gebildeten Botenstoffe zu hören. Dem buddhistischen Mönch

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