Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)

gleich oder dem Priester der katholischen Kirche nacheifernd werde ich den Tag in Askese verbringen. Ich halte es wie ein mittelalterlicher Klosterbruder am Sonntag und sage mir: Gebumst wird morgen wieder (ein Kloster ist eine Männergemeinschaft, da geht es verbal auch schon einmal etwas rustikaler zu).
    Sollte man am Tag der Kontemplation nicht wenigstens ein paar sexuelle Träume kultivieren? Ich beginne nachzudenken, zu fantasieren. Eine Frau in Lack und Leder erscheint und winkt mich mit dem Reitpeitschchen heran. Ich rufe ihr ein beherztes „Nein, danke“ zu. Ich merke: Dies ist nicht meine eigene Fantasie. In meinen Träumen möchte ich meinen eigenen Sehnsüchten folgen, nicht denen, die mir von wichtigtuerischen Artgenossen aufgetischt werden, Menschen, die ihre existenzielle Langeweile mit Geschichten vom wilden Leben kompensieren. Im Leben trifft man immer wieder Menschen, die genau wissen, wie ein richtiger Mann Sex haben sollte. Meist teilen sie einem das auch ungefragt mit. Sie geben gerne Tipps, weil sie ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass alle anderen dieselben Neigungen haben wie sie, diese aber nur deshalb nicht ausleben, weil sie verklemmt sind.
    Man muss nicht immer glauben, der eigene Lebensweg sei der einzig wahre. Ich glaube nicht, dass eine bestimmte Form der Sexualität höherstehend als eine andere ist. Es gibt immer wieder Leute, die vehement behaupten, ihre eigene Art der sexuellen Ausschweifung sei die Krone der Ekstase. Vor allem in klebrigen Gazetten mit dicken Buchstaben kommen solche Leute zu Wort. Sie stehen mit dicker Plauze spärlich bekleidet im Swingerclub und behaupten, sie seien die Einzigen, die ehrlich ihre Fantasien auslebten. Ich habe in meinem Leben schon viele krude Fantasien gehabt, aber in keiner war ich in einem Raum mit plauzigen Typen, die ohne jede Selbstdistanz ihre eigene Neigung verherrlichten.
    Männer kommen in meinen sexuellen Fantasien ohnehin nicht vor, nicht weil ich das irgendwie ablehnen würde, sondern einfach so, aus Neigung eben. Meine Fantasien drehen sich um Damen. In meinen Träumen dürfen die Damen übrigens gerne auch sauber sein, und nicht nur dort, sondern auch in der Realität. Das würde ich jedoch nie öffentlich zugeben, weil der, der ein solches Bekenntnis äußert, sofort zum letzten Vertreter des Biedermeiers abgestempelt wird. Und wer will das schon?
    Buchautoren setzen uns Leser häufig unter Druck, indem sie behaupten, dass man nur dann eine reiche Sexualität besäße, wenn es auch mal ungewaschen, ja geradezuschmierig zugeht. Beschreibungen der Einzelheiten sorgen dann für lange Verbleibzeiten in den Bestsellerlisten. Viele kaufen sich sogar das Hörbuch und merken in ihrer Gier viel zu spät, dass eine Audio-CD keine Bilder enthält.
    Mir ist das egal. Ich mag es gerne frisch gewaschen. Und ich will jetzt keine Belehrungen hören! Das ist meine Sache! Ich kenne zahlreiche Damen, die, genau wie ich, gerne eine Dusche nehmen und es auch keineswegs abtörnend finden, wenn der Kerl nicht riecht wie ein altes, von der Herde zurückgelassenes Erdferkel.
    Ich habe auch, und betrachten Sie dies bitte nicht als billigen Hinweis für Voyeure, sondern als aufrichtige Beichte, noch nie Sex in einem öffentlichen Verkehrsmittel gehabt, weder in Bussen noch in Bahnen, ja nicht einmal im Taxi, schon weil mir der zu erwartende Hinweis des Fahrers auf die nun fällige Polsterreinigung zu peinlich gewesen wäre. Außerdem verfügt er über einen Rückspiegel, der meist auch den Fond überblickt. „Sexuelle Handlungen“ (Bill Clinton) führe ich grundsätzlich ungern im Beisein Fremder durch.
    Es gibt viele Orte, an denen ich ebenfalls niemals Sex hatte: auf der Zugspitze, in der Rub-Al-Khali, einer Gardinenfabrik, einer Miettoilette oder im Heidepark Soltau beispielsweise. Ein Bergwerksmuseum war allerdings dabei und ein Glockenturm in Italien, ansonsten nichts Besonderes. Ich habe auch noch nie sieben unersättliche Damen gleichzeitig beglückt. Meine Leistungsfähigkeit ist ebenso begrenzt wie die Anzahl meiner Extremitäten, die in der Lage wären, Reibung zu erzeugen. Und liebe Kinder, dieser Hinweis richtet sich an meine Leser zwischen elf und 17: In der richtigen Welt ist es keineswegs das Zieleines gemütlichen Beisammenseins, am Ende Samenflüssigkeit über dem Partner auszugießen, wie es die Filme auf euren Handys zeigen. Diese kleinen Clips sind keine Dokumentationen, schon gar keine Lehrvideos!
    Ich glaube nicht, dass man