Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)
Haushaltshilfen, Gärtner, Dienstleister und Handwerker sowie weitere nicht benannte Personen nackt oder in Reizwäsche den Raum betreten haben, kommt es zum allgemeinen Verknoten. Zahlreiche Geschlechtsakte werden in der Folge zur allgemeinen Zufriedenheit zu Ende gebracht. Der Mörder wird nicht verraten, schon weil es auch keine Leiche gegeben hat. Wichtig: In Pornofilmen wird am Ende nicht geheiratet. Das war’s.
Für die Besetzung haben sich bei der Agentur für Arbeit 450 Männer aus dem Großraum Köln gemeldet, aber nur zwei Frauen und eine Person, bei der die geschlechtliche Zuordnung offen ist. Ich bin enttäuscht und drohe aus meinem Tagtraum zu erwachen.
Da öffnet sich die Tür, und mehrere Busladungen blonder, brünetter und dunkelhaariger Vollbusiger drängeln sich an den Tresen. Sie wollen mitmachen. Große Überraschung, aber auch riesige Erleichterung! Die Damen rufen: „Wir wollen es auch! Wir sind Luder! Ja! Ja! Ja!“ Es kann losgehen. Die Dreharbeiten sollen gleich losgehen, gleich jetzt, gleich hier. Der Film könnte im „Im Blowjobcenter“ heißen. Eine solche Orgie hat die Agentur für Arbeit seit der letzten Weihnachtsfeier nicht mehr gesehen, und sind wir ehrlich, wahrscheinlich war sie nicht halb so aufregend. Man weiß es nicht und kann ja auch niemanden fragen. Die Kerle übertreiben nachher immer ganz furchtbar! Die Damen schweigen.
Da klingelt es. Ich schrecke hoch. Herausgerissen aus meinen Gedanken gehe ich zur Tür, um nachzuschauen. Ich blicke durch den Spion. Ein Handwerker. Natürlich! Ich habe auf den Termin mit dem Klempner lange gewartet, aber heute bin ich irgendwie nicht in Stimmung. Ich beschließe, so zu tun, als wäre ich nicht zu Hause. Ich weiß, es geht nur um den Schlauch der Waschmaschine, der gewechselt werden muss, aber ich bin jetzt seelisch einfach nicht in der Lage … Nach zwei Mal klingeln zieht er ab. Erleichterung macht sich breit. Ich werde beteuern, meineKlingel sei kaputt gewesen, einen neuen Termin festmachen und dann besser vorbereitet sein, seelisch ausgeglichen, hellwach und mit einem Pfefferspray für Notfälle bewaffnet. Hoffentlich kommt er dann nicht gleich mit dem Elektriker. Pornografie ist nicht gut für die Psyche.
BODEN
Das Wichtigste in einer Wohnstatt ist der Boden. Ohne untere Raumbegrenzung wäre eine Wohnung gar nicht vermietbar. Man würde ungebremst in den Keller stürzen – oder schlimmer noch, den Mietern im Erdgeschoss in die Küche, wo man auf dem Mittagstisch einschlagen und dann zwischen Sauerbraten, Klößen und Rotkohl aufplatzen würde wie eine zu heiß gekochte Brühwurst. So etwas führt schnell zu Mietminderungen und gerichtlichen Auseinandersetzungen.
14 00
Ein Kfz-Mechaniker klingelt. Er hat einen Gehilfen dabei. Seine Frage, ob bei mir ein Film gedreht würde, muss ich verneinen. Er hat sich in der Hausnummer geirrt. Ich schließe die Tür wieder.
Von dieser Anstrengung muss ich mich erst einmal erholen. Ich setze mich vor meinen Computer und schaue im Internet nach, ob es Neuigkeiten gibt. Leider keine guten Nachrichten. Wirtschaftlich sieht es wieder einmal übel aus. Die Märkte haben uns fest im Griff. Sie greifen an, sie fordern, sie sind unruhig.
Wer sind eigentlich diese Märkte, die uns immer wieder bedrohen und unter Druck setzen, manchmal volatil sind und harte Sparmaßnahmen erzwingen? Heute lese ich, dass der Markt nervös ist. Was macht ein nervöser Markt? Steht er an der Ecke, raucht eine Kippe nach der anderen und kaut Fingernägel?
Viele sagen: Wir sind ihm ausgeliefert. Das stimmt. Deshalb wollen sie ihn abschaffen. Das ist nicht einfach. Der Markt ist global. Wenn wir ihn abschaffen wollen, müssen wir zuerst den Rest der Welt eingemeinden. Das wird woanders nicht gut ankommen. Hitler war der letzte Deutsche, der sich um die Weltherrschaft bemüht hat, aber die Geschichte hat gezeigt: Am Ende kommt man immer vor Moskau in winterliches Wetter. Und dann war’s das.
Wir könnten natürlich auch einfach sagen: Wir nehmen am Markt nicht mehr teil. Es gibt Leute, die fordern das. Und es gibt Länder, die haben es versucht. Nordkorea zum Beispiel nimmt am globalen Markt nicht mehr teil. Das könnten wir genauso machen. Dann leben wir wieder von dem, was die bäuerliche Krume so hergibt. Danngibt es statt Döner wieder anständige deutsche Kartoffeln. Und zwar mit Kartoffeln und Kartoffeln. Jeden Tag. Und sonntags mal ein Huhn. Wenn man einen Balkon hat. Also Platz für Hühnerzucht.
Ich
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