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Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman

Titel: Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette John
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zu verschwinden und wollte sich gerne von uns verabschieden.
    ›Wirst du verschwinden, solange Clarisse fort ist?‹, fragte ich.
    ›Nein‹, antwortete er bedauernd, ›das geht leider nicht. Sie hat einen Bann um das ganze Anwesen gezogen. Wir können es nicht verlassen. Aber ich habe einen Plan. Diesmal wird es klappen, diesmal wird sie mich nicht erwischen.‹
    Da war sie, unsere Chance!
    ›Kannst du eine Botschaft für uns überbringen‹, fragte ich atemlos.
    ›Würde ich ja gerne, glaub mir.‹
    ›Aber?‹
    ›Aber ich kann draußen mit niemandem reden über das, was hier geschieht. Dafür hat sie gesorgt.‹
    ›Du kannst doch bestimmt Rosenhaus sagen‹, wandte Robert ein.
    ›Das schon. Aber ich weiß nicht, ob ich eure Namen rausbringen werde.‹
    ›Die Kinder von Janine sind im Rosenhaus – so lautet die Botschaft.‹ Janine war der Name unserer Mutter. ›Und bekommen soll sie die Hexe Jovinda in Castelmar.‹
    ›Ihr kennt eine Hexe?‹ Der Scherenjunge pfiff durch die Zähne. ›Wenn das die gute Clarisse wüsste!‹
    ›Wirst du uns verraten?‹, fragte ich voller Angst.
    ›Niemals!‹, antwortete der Scherenjunge im Brustton der Überzeugung. ›Nach Castelmar komme ich leicht. Viele Marktleute fahren dorthin. Dort ist eine Werkstatt für Sprechende Bücher. Arbeitet diese Jovinda da?‹
    ›Hm‹, machten wir unbestimmt. ›Aber besser ist es, wenn du dich zu ihrem Haus durchfragst.‹
    ›Sie wird dir zwei Goldstücke geben‹, sagte mein kluger Bruder Robert.
    ›O Mann!‹, rief der Scherenjunge. ›Die Sache geht klar. Morgen kommt Clarisse zurück. Zwei Tage danach wird sie vor Wut schäumen. Dann werdet ihr wissen, dass ich die Kurve gekratzt habe.‹
    Er trat noch einmal aufmunternd mit dem Fuß gegen unsere Tür, dann hörten wir ihn gehen.«
    Die Rattenkinder schlugen mit den Fäusten auf den Tisch.
    »Am nächsten Tag kam Clarisse zurück. Rosa wurde wieder zur Ader gelassen. Zwei Tage darauf schäumte Clarisse vor Wut. ›Diesmal ist der kleine Mistkerl zu weit gegangen!‹, schrie sie. ›Die Haut werde ich ihm abziehen, wenn ich ihn wiederhabe. Und ihr werdet dabei zusehen!‹
    Wir haben damals nicht erfahren, wie der Scherenjunge seine Flucht bewerkstelligte. Ich glaubte, dass er sich in einem Lieferantenwagen versteckt hatte, doch Robert meinte, das sei viel zu einfach. Als wir wieder hinauf auf die Plattform durften, sahen wir die Magd statt der Helferlein durch die Felder kriechen und jäten. Mitten auf dem schön gepflegten Rasen prangte eine kohlschwarze Feuerstelle.
    Von da an hatten wir Hoffnung. Wir stellten uns vor, wie der Scherenjunge zu Jovinda gelangte und die sofort zu unserer Rettung aufbrach. Wie sie uns aus dem Turm befreite und uns nach Castelmar mitnahm. Wie wir dort leben würden, alle zusammen, in der Stadt am Meer.
    ›Denkt an den Eid!‹, beschwor uns Rosa. Sie war nicht davon abzubringen, dass für sie jede Rettung zu spät kommen würde, und sie behielt recht. Eines Morgens wachte sie nicht mehr auf. Sie war in der Nacht gestorben. Wir hatten nichts davon gemerkt. Clarisse brachte sie fort. Ich weiß bis heute nicht, was sie mit den Körpern der toten Kinder tat.«
    Die Rattenkinder schnieften.
    »Der Nächste, der zum ›Behandlungszimmer‹ gebracht wurde, war Robert. Vergebens beschwor ich Clarisse, mich statt seiner zu nehmen. Ich sei stark, schluchzte ich, ich könne viel mehr viel länger ertragen.
    ›Du kommst schon noch dran‹, sagte sie gleichmütig. ›Jetzt ist es Zeit für einen Jungen.‹
    Robert kam zurück mit blutigen Verbänden. In jeder Armbeuge hatte er einen Schnitt, der mit einer Drahtklammer verschlossen war. Bei der ›Behandlung‹ löste Clarisse die Klammer, steckte ein Röhrchen in seinen Arm und ließ sein Blut durch einen kleinen Schlauch in eines dieser Glasgefäße tropfen. Robert war nicht mehr derselbe. Rosas Tod und das Grauen im Behandlungszimmer waren zu viel für ihn. Es war, als ob mit dem Blut gleichzeitig auch sein Lebensmut, seine Fähigkeit zur Hoffnung aus ihm herausfloss.
    Ich tat mein Bestes, um ihm beides wiederzugeben, sprach von unserer bevorstehenden Rettung, vom guten Leben in der Zukunft, davon, wie wir den Schwur erfüllen und Rosa und die anderen rächen würden. Doch mein Bestes war nicht gut genug. Robert glaubte nicht mehr an Rettung, er wurde von Tag zu Tag stiller und blasser. Da verlor auch ich meine Hoffnung. Wir weinten viel, füllten fast noch ein Fläschchen.
    Und dann, eines Tages, der

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