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Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman

Titel: Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette John
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Rafaelas, baten stumm um eine Erklärung.
    »Der Text«, begann sie stockend, »ist ein Fluch. Bei uns wirkt er nicht, weil wir Graviatas Kinder sind. Stimmt das, Lulu?« Die nickte, ohne aufzuschauen. »Wir sind Graviatas Kinder«, fuhr Rafaela fort. »Wir haben ihr Blut. Wir sind geschützt. Ihr seid es nicht.« Sie sah zu Churro und Wanda, die immer noch in stummem Entsetzen dasaßen, unfähig sich zu rühren.
    »Deine Idee mit dem Schreiben war, glaube ich, gar nicht so verkehrt«, wandte sich Rafaela an Ellwin. »Aber du hättest die Worte nicht sagen dürfen. Dadurch haben sie Kraft bekommen.«
    Lulu nickte. Immer noch weinte sie und wollte ihr Gesicht nicht zeigen. »Es tut mir so leid«, wimmerte sie. »Ich hab doch gewusst, dass es falsch war, ich hab es gewusst!«
    Ellwin tätschelte sie. »Nicht deine Schuld, Schatz.« Es war ihm gelungen, seine Stimme wiederzufinden. Sie klang wacklig und flach, doch es war eindeutig seine Stimme, nicht die eines Monsters oder eines tausendjährigen Greises. »Es war meine Schuld, ganz allein meine. Nie wieder werde ich dein Wissen unterschätzen und nie wieder die furchtbare Macht von Hexensprüchen.«
    »Danke«, fügte er nach einer kleinen Pause hinzu und drückte Lulu an sich. »Danke«, wiederholte er an Rafaela gewandt.
    »Deine Hand«, jammerte Lulu. Sie schob den Ärmel von der schwarz verkohlten Klaue, die einmal Ellwins Hand gewesen war.
    »Wenn man bedenkt, was ursprünglich geschehen sollte, bin ich noch gut weggekommen«, sagte er und schob schnell wieder den Ärmel über das grausige Ding.
    Wanda öffnete endlich den Mund. »Das war …«, sagte sie und brach ab.
    »… Hexerei«, vervollständigte Churro ihren Satz. »Ihr beide seid Hexen.«
    »Sind wir nicht«, widersprach Rafaela. »Wir haben nur zufällig mal diese Worte aufgeschnappt.«
    »Ihr habt Mama belauscht«, stellte Damiano klar.
    Seine Schwestern nickten.
    »Wahnsinn«, hauchte Wanda ehrfürchtig. »Es war richtige Hexerei. Da war etwas im Zimmer, etwas Großes, Tiere vielleicht. Und ihr wart gar nicht mehr ihr. Wie ihr herumgesprungen seid! Und eure Stimmen!« Sie schauderte, als ob ihr kalt wäre, und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Auch Lulu war kalt. Etwas Großes war im Zimmer gewesen, da hatte Wanda recht, aber nicht nur im Zimmer, es war auch in ihr gewesen, ganz tief in ihr drin. Für ein paar Augenblicke war etwas anderes gekommen und hatte von ihr Besitz ergriffen. Als es geschah, hatte sie keine Angst gehabt, die kam erst jetzt. Sie drängte noch näher an Ellwin heran, kroch fast auf seinen Schoß. Bloß nicht mehr dran denken, nahm sie sich vor. Und eigentlich wollte sie so etwas auch nie mehr erleben.
    »Das war noch nicht mal die Hälfte von dem Zauber«, sagte Rafaela. »Aber alles, was wir noch davon wussten. Gut, dass Ellwin nur einen Teil der Worte vorgelesen hat. Und den auch noch ziemlich leise und mit falscher Betonung.«
    Aus Ellwins Jackenärmel schauten die Spitzen seiner schwarz verdorrten Finger hervor.
    »Tut es weh?«, fragte Churro.
    Ellwin schüttelte den Kopf. »Ich spüre gar nichts. Als ob die Hand abgestorben wäre.«
    »Sieht auch so aus«, meinte Churro freundlich.
    »Sieht ekelhaft aus!« Damiano verzog angewidert das Gesicht.
    »Ich gehe zu meinem Freund, dem Magier. Bestimmt kann er das in Ordnung bringen«, meinte Ellwin zuversichtlich.
    »Ich glaube, das ist eine Nummer zu groß für einen Magier. Da muss eine Hexe ran, und zwar eine gute«, sagte Damiano.
    »Was wäre geschehen, wenn Ellwin den Text ganz gelesen hätte und wenn Lulu und Rafaela keinen Gegenzauber gewusst hätten?«, fragte Wanda.
    »Er wäre verschrumpelt und gestorben. Und das Haus wäre über uns allen zusammengestürzt«, sagte Damiano. »Viel hat nicht mehr gefehlt.«
    »Bumbum!«, rief Bumbum, was ein ziemlich passender Kommentar war.
    »Glaubt ihr, dass Mama diesen Fluch erfunden hat?«, fragte Rafaela.
    »Vielleicht«, sagte Lulu mit kleiner Stimme. »Vielleicht hat Mama mal jemanden damit verflucht. Und der hat sich jetzt gerächt.«
    Niemand wollte eingestehen, dass diese Erklärung etwas für sich hatte. Das durfte nicht sein. Der Fluch war zu furchtbar. Graviata tat so etwas nicht.
    Sie saßen noch lange zusammen in dieser Nacht. Es gab so viele Fragen. Warum zum Beispiel konnte Jovinda die Worte hersagen, ohne die Folgen des Fluchs zu spüren? Darauf gab es eigentlich nur eine Antwort: Sie war mit ihnen verwandt. Doch keines von Graviatas Kindern wollte diese

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