Das Geheimnis des Scriptors
Name?«
»Falco.«
»Sklave oder Bürger?«
»Frei geboren.« Ein Spottchor erhob sich. Jetzt war ich alles andere als frei.
»Oho, du bist also ein Mann mit drei Namen?« Mir war zunehmend danach, die Innereien dieses Spaßvogels mit der Bilgenpumpe rauszusaugen.
»Ich bin Marcus Didius Falco.«
»Marcus Didius Falco – Sohn von?« Cotys quatschte so begeistert drauflos, als hätte er dieses Verhör schon Dutzende Male durchgeführt.
»Sohn von Marcus«, antwortete ich geduldig.
»Also, Marcus Didius Falco, Sohn von Marcus …« Die rituellen Floskeln hatten einen bedrohlichen Klang. Das war die Inschrift, die jemand eines Tages in meinen Grabstein meißeln würde – falls man meine Leiche je fand. »Von welchem Stamm?«
Ich hatte die Nase voll. »Kann mich nicht dran erinnern.« Ich wusste, dass Piraten die Angewohnheit hatten, ihren Gefangenen antirömische Beleidigungen an den Kopf zu werfen. Piratenbeleidigungen heuchelten Bewunderung für unser Gesellschaftssystem – und führten dann boshaft zu Ertränkungen.
»Nun, Marcus, Sohn von Marcus, von dem Stamm, an den du dich nicht erinnern kannst, sag mir: Warum hast du auf meinem Schiff spioniert?«
»Ich bin zwei Seeleuten mit einer Kiste gefolgt, die ich zu erkennen glaubte.«
»Meine Schiffsjungen, die meine Schiffskiste an Bord brachten.« Die Erwiderung kam augenblicklich. Cotys log. Er senkte die Stimme, die daraufhin noch bedrohlicher wurde. Die um uns herumstehende Besatzung amüsierte sich prächtig. »Was wolltest du mit meiner Schiffskiste, Marcus?«
»Ich dachte, sie enthielte das Lösegeld für einen Mann, den ich zu finden versuche. Ich wollte mit den Leuten darüber sprechen, die behaupten, ihn in Gewahrsam zu haben.«
»Was soll das für ein Mann sein?«, spottete Cotys, als wäre ihm die Sache neu.
Ermittler hoffen immer, bei Befragungen die Oberhand zu haben, aber wenn man von Berufs wegen an Orten eindringt, an denen man nicht willkommen ist, lernt man bald, die Verhöre andersherum laufen zu lassen. »Sein Name ist Diocles.«
»Ist er ebenfalls Spion?«
»Er ist nur ein Scriptor. Haben Sie ihn?«, fragte ich ruhig. Ich hatte absolut keine Hoffnung, dass sich Diocles an Bord dieses Schiffes befand – obwohl er mal hier gewesen sein könnte.
»Haben wir nicht.« Das verkündete Cotys mit großer Befriedigung.
»Wissen Sie, wer ihn hat?«
»Hat ihn überhaupt jemand?«
»Wenn Sie diese Frage stellen, wissen Sie dann, dass er tot ist?«
»Ich weiß gar nichts von ihm, Falco.«
»Sie wussten genug, um seinen Freunden eine Lösegeldforderung zu schicken.«
»Ich nicht.« Cotys grinste. So wie er das sagte, war ich geneigt, ihm zu glauben.
»Aha! Also wussten Sie, dass jemand anders den Brief geschickt hat? Sie haben sich dann in den Hinterhalt gelegt und es ihm vor der Nase geklaut.«
»Würde ich so etwas tun?«
»Ich halte Sie für gerissen genug.« Er war sicherlich gerissen genug zu kapieren, dass ich ihm Komplimente machte, um ihn weicher zu stimmen. Als er über die Schmeichelei gluckste, fragte ich rasch: »Wer hat denn dann die Lösegeldforderung geschickt, Cotys?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung.« Er wusste es ganz genau. Dieser Mann würde jeden bestehlen, aber er würde sich sicher sein wollen, wessen Beute er einsackte.
»Ach, kommen Sie! Wenn Sie zurück nach Illyrien fahren, nach Hause, was haben Sie dann dabei zu verlieren, es mir zu erzählen?« Wenn er nach Hause fuhr, musste seine Partnerschaft mit den Kilikiern zerbrochen sein. Sie hätten also die Lösegeldforderung stellen können, und Cotys hatte sie auf betrügerische Weise übervorteilt. »Ich bin kein Beamter, mein Auftrag ist ein privater. Ich will nur Diocles finden und den armen Einfaltspinsel retten. Also, haben ihn die Kilikier?«
»Das musst du die fragen.«
»Ich hoffe, ich bekomme die Möglichkeit dazu!«, entgegnete ich grinsend und räumte damit ein, dass es davon abhing, was Cotys mit mir tun würde. Er grinste zurück. Das beruhigte mich nicht. Mir stellten sich die Nackenhaare auf. »Warum haben Sie mich auf Ihrem Schiff behalten?«
»Jemand macht sich Sorgen!«, teilte Cotys seiner johlenden Mannschaft mit. »Entspann dich, Falco!«, höhnte er. »Wir tauchen an diesem schönen Nachmittag nur unsere Ruder ins Wasser, während wir ein paar reparierte Lecks überprüfen. Die Reise in unser Heimatland ist lang – aber wir müssen noch zu einer Bestattung, bevor wir absegeln. Also werden wir dich
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