Das Geheimnis des Scriptors
sicher nach Portus zurückbringen, keine Bange. Deine Schwertfummelei und deine Hilferufe waren völlig unnötig.« Die Frage, um wessen Bestattung es sich handelte, verkniff ich mir lieber. Ihr Landsmann Theopompus.
Ich vertraute diesem Versprechen nicht, mich sicher an Land zurückzubringen. Wenn die Mannschaft einmal entschieden hatte, dass ich ihnen zu sehr auf die Schliche gekommen war, dann war das definitiv mein Ende.
Ich hatte seine Aufmerksamkeit verloren. Cotys wandte sich ab, um irgendwelche Schiffsfragen mit einem großen, kompetent wirkenden Mann zu besprechen, der wohl sein Steuermann war. Sie blickten in regelmäßigen Abständen über die Schiffswand. Ein Matrose fragte Cotys etwas und schaute boshaft zu mir; weitere Bösartigkeiten wurden geplant. Der Seemann, ein Fiesling mit einer gebrochenen Nase, der so aussah, als würde er Seereisen und Landgänge damit verbringen, sich mit allen und jedem zu prügeln, verschwand über eine Halbleiter zum Frachtraum.
Ein paar Minuten später war er wieder an Deck, mit einer Ladung weißer Tücher auf dem Arm. Innerlich stöhnte ich. Cotys nahm wieder seine bedrohliche Haltung ein. »Schau mal – eine Toga. Marcus, Sohn von Marcus, muss seine ihm gebührende Toga tragen, Jungs!«
Sie zerrten mich in die Mitte des Decks, zwangen mich, die Arme auszustrecken, und wickelten mich eng in ein weißes Tuch. Es hätte ein Bettlaken sein können, fühlte sich aber wie ein Leichentuch an. Sie drehten mich immer wieder herum, als hofften sie, mir würde schwindlig werden.
»Das ist schon besser. Jetzt passt er zu seiner Rolle.« Cotys war von seinen Hohnrufen heiser geworden. Er kam näher, sein stoppeliges Kinn kaum einen Zoll von meinem Gesicht entfernt. »Du bist ja wieder nervös, Falco.« Es kam als Knurren heraus. »Ich frage mich – kennst du das Spiel, das meine Jungs spielen wollen?«
»Oh, ich glaube schon, Cotys.«
»Ich wette, das stimmt. Du siehst wie ein Mann aus, der vieles weiß …« Damit wollte mich Cotys warnen, ihm sei bewusst, wie gut ich über seine kriminelle Rolle informiert war.
Ein Schiffsjunge kam angelaufen und legte mir einen Kranz auf den Kopf, unter begeistertem Gelächter der anderen. Der Kranz war mehrere Tage alt, ein Überbleibsel von einem Gelage, die zarten Blätter inzwischen vertrocknet und kratzig. »Eine Krone für einen Helden. Salve, Falco! Nimm unsere Huldigung entgegen, nimm unser …«
Ich zwang mich zu einem Salut.
»Du hast Glück gehabt.« Cotys schoss seinen letzten Pfeil ab. »Du bist unter Ehrenmänner geraten. Wir kennen deine Privilegien als römischer Bürger. Bittgesuche an den Kaiser. Stimmt das nicht, Marcus, Sohn von Marcus?«
Ich nickte erschöpft.
Vorgetäuschter Applaus ertönte, als ich zur Reling der Liburne geschoben und gezogen wurde. Da ich wusste, was mich erwartete, versuchte ich mich zu wehren. Es war sinnlos.
»Denk nicht schlecht von uns, Falco«, wies Cotys mich an. Dieser Mann liebte es einfach, ein Schauspiel für seine verkommene Besatzung aufzuführen. »Fern sei es uns, einen römischen Gefangenen festzuhalten.« Er deutete auf eine Strickleiter, die einer seiner Männer gerade über das Heck des Schiffes gehängt hatte. Ich hatte von diesem Trick gehört und kannte den Rest. »Du bist frei zu gehen, Falco. Dort ist dein Weg nach Hause – nimm ihn.«
Ich schaute über die Bordwand. Die Leiter endete zwei Fuß über dem Wasser. Es schäumte wie wild. Langsam kletterte ich auf die Reling und machte mich bereit, hinabzusteigen. Alle lachten schallend über meine zögerlichen Bewegungen. Ich hielt mich an einem Tau fest und blieb aufrecht auf der Reling stehen. Das Holz war feucht und rutschig. Das grobe Ziegenhaartau, das ich ergriffen hatte, schnitt mir in die Hand. Jede Welle, auf die das Schiff traf, drohte mich umzuwerfen.
Sobald ich meinen Fuß auf die Leiter setzte, war mein Schicksal besiegelt. Ich würde abgeschüttelt werden, entweder durch die Schiffsbewegungen oder mit Hilfe der Besatzung. Weit draußen im offenen Meer, wo die berühmten tyrrhenischen Strömungen wirbelten, hätte selbst ein guter Schwimmer wenig Chancen. Und ich konnte überhaupt nicht schwimmen.
LI
S eeleute schnalzten mit Tauen nach mir. Wenigstens schützte mich der lachhafte Toga-Ersatz, in den sie mich gewickelt hatten, vor den Peitschenhieben. Ich kletterte auf die Leiter.
»So ist’s richtig, runter mit dir!« Cotys grinste.
Ich spürte, wie die Leitersprossen durchsackten, und ließ
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