Das Geheimnis des Scriptors
der Kante meiner Speiseliege, nicht bereit zu irgendwelchen Anstrengungen, die zu vulkanischen Ergebnissen hätten führen können.
»Ein Mann vieler Worte …« Petronius war noch zu Scharfsinnigkeit fähig.
»Die vielfach in die Irre führen«, brabbelte Brunnus, als zwei große Sklaven ihn in die Mitte nahmen und fortschleifen wollten. »Ich trau ihm nicht, hab ich beschlossen. Alleinunterhalter. Will absolut nicht teilen. Absolut nicht zusammenarbeiten. Absolut …«
An dieser Stelle verstummte Brunnus, absolut betrunken.
Ich blieb bei Petronius. Wir schliefen dort im Speisezimmer, unfähig, uns zu bewegen.
XX
W as ich am nächsten Morgen in meinem Haushalt zu hören bekam, werde ich verschweigen.
XXI
L assen Sie uns rasch zum Mittagsmahl übergehen (von dem ich nichts aß) und dann zu dem verschwiemelten Nachmittag. Den größten Teil davon verbrachte ich liegend, mit geschlossenen Augen, auf dem Boden, außer Sichtweite hinter einer Gepäcktruhe.
Ich kämpfte mich hoch, als Aulus von einem Ausflug nach Portus mit der Nachricht wiederkam, dass er ein Schiff für seine Überfahrt nach Athen gefunden habe – und mit anderen Neuigkeiten. Als Mitglied von Falco und Partnern war er darauf geschult, Augen und Ohren offen zu halten. Ich hatte ihm beigebracht, in Gewerbegebieten wachsam zu sein, damit er nicht zusammengeschlagen oder ausgeraubt wurde. Ich wollte nicht, dass seine Mutter, eine energische Frau, mir die Schuld gab, sollte ihm bei der Arbeit für mich jemals etwas zustoßen.
»Irgendwas geht da vor, Falco.« Aulus hatte einen Blick für interessante Situationen. Auf seine schnöselige Art war er ein neugieriges Schwein. »Der Kapitän meines Schiffes war richtig aufgebracht …«
Eine meiner Töchter drängte sich an ihm vorbei, um ihren ungewöhnlich in sich gekehrten Papa anzustarren. »Lass ihn in Ruhe«, mahnte Helena kühl. »Ihm geht es heute nicht gut. Dein Vater hat sich lächerlich gemacht.«
»Lächerlich!«, sagte Julia Junilla begeistert ihr erstes mehrsilbiges Wort. Sie war drei und ganz Frau.
»Lächerlich«, wiederholte Aulus ehrfürchtig. »Eine heiße Nacht, Falco?«
»Selbst du hättest sie dafür gehalten.«
»Oh, ich hätte nicht gewagt, mich da anzuschließen. Falls du dich gefragt haben solltest«, sagte er grinsend, »ich habe Helena nach Hause gebracht.«
»Danke«, krächzte ich.
»Junia bot an, mich zu begleiten«, bemerkte Helena, immer noch kühl. »Ajax hätte uns beschützt. Aber Gaius Baebius brauchte sie. Junia pflegt ihn rund um die Uhr. Seit eurer Spritztour ans Meer ist er bettlägerig.«
»Er simuliert.«
»Nein, Gaius musste Krankenurlaub nehmen. Er will nach dem Mann suchen, der ihn angegriffen hat, damit er Entschädigung für seine Verletzungen verlangen kann.«
»Die wird er nicht kriegen. Der Schläger war brutal, aber falls die Sache vor Gericht kommt, muss ich aussagen, dass Gaius Baebius sich das alles selbst zuzuschreiben hat.«
»Das ist ungerecht, Marcus. Du hasst ihn bloß, weil er ein Staatsdiener ist.«
Ich hasste ihn, weil er ein Idiot war. »Seine Dummheit in der Villa war gefährlich echt, Liebste. Du redest ja, als könnte Gaius nie wieder arbeiten. Hat das Zollamt sein bestes Pferd verloren?«
»Wenn Gaius wirklich verletzt ist, dann ist das nicht komisch.«
»Ich lache ja nicht.«
Was auch immer ich von meiner Schwester Junia hielt, keine römische Frau möchte einen Ehemann, der nicht mehr arbeiten kann. Falls Gaius jemals aus dem Zolldienst entlassen würde, blieben der Familie nur ihre Ersparnisse – und bei ihnen hatte das Geld immer locker gesessen – plus einer symbolischen Einnahme aus der unerfreulichen Caupona auf dem Aventin, die Junia als Freizeitvergnügen führte. Nur Teile der Einkünfte kamen je bei ihr an. Apollonius, ihr ausgenutzter Oberkellner, manipulierte die Zahlen. In besseren Zeiten war er Geometrielehrer gewesen und konnte meiner Schwester mit Leichtigkeit weismachen, dass ein stumpfer Winkel spitz ist. Er war mein Lehrer gewesen, daher würde ich ihn nie verpetzen.
Ich zwang mein benebeltes Hirn, auf das ursprüngliche Thema zurückzukommen. »Was ist denn nun mit diesem Schiff, Aulus?«
»Komm halt mit und schau es dir selber an, Falco. Ich möchte, dass du den Kapitän fragst, was los war, als ich ihm meine Bezahlung gab.«
»Du hast gezahlt, bevor du an Bord gehst?« Der Junge hatte von nichts eine Ahnung. Selbst ich hatte versagt, ihm gesunden Menschenverstand beizubringen. Aulus
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