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Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette Lühmann
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Bewegung setzte und die Straße entlangrollte. »Der Hausherr war dicker und der andere hatte weiße Haare. Das muss Gustav gewesen sein.«
    Nik stand auf. Es könnte natürlich auch jemand anders in die Kutsche gestiegen sein, denn er hatte von Gustav in dem dunklen Keller nicht viel mehr als die Umrisse seiner Gestalt erkennen können, doch daran wollte er jetzt nicht denken. Sie hatten eine Spur zu der geheimen Gilde gefunden, die sie verfolgen mussten, um mehr über sie herauszufinden.
    »Er biegt ab«, flüsterte Benthe. Sie rannten bis zur Ecke und spähten der Kutsche hinterher. Sie war von der Achtergracht in die Reguliersgracht abgebogen und fuhr langsam über das löchrige Kopfsteinpflaster. Sie ließen einige Häuser zwischen sich und dem Wagen, um keinen Verdacht zu erregen, doch in der Dämmerung achtete niemand auf die beiden Kinder.
    Es wurde lauter in den Straßen. Ein Gemisch aus Dreck und Bier hing in der Luft und Nik rümpfte die Nase. An der nächsten Ecke war die Schenke Bij Monkelbaens Toorn.
    Die Kutsche zockelte daran vorbei. Nik und Benthe hatten die Schenke fast erreicht, als drei junge Männer aus der Tür stolperten und sich prustend die Seiten hielten. Nik erstarrte, als er Luuk und dessen zwei Freunde erkannte. Benthe blieb stehen und drückte sich gegen die nächste Hauswand. Ohne auf seine brennenden Wunden zu achten, ballte Nik langsam die Hände zu Fäusten.
    »Wir gehen zurück zur Reguliersgracht und laufen die Keysersgracht entlang. Dann sind wir an der nächsten Ecke wieder bei der Kutsche und sehen, welchen Weg sie nimmt.« Benthe sprach schnell und leise. Doch Nik zögerte. Er wollte nicht mehr vor diesen Burschen weglaufen. »Nicht heute«, flüsterte Benthe flehend. »Wir verlieren die Kutsche …«
    Nik zögerte noch einen Augenblick, dann drehte er sich um. Gemeinsam gingen sie mit großen Schritten zur Ecke zurück.
    Sobald sie außer Sichtweite der Schenke waren, liefen sie, so schnell sie konnten.
    Nik keuchte, als er und Benthe an der Spiegelgracht ankamen. In der Ferne sahen sie die Schenke und hörten das Lachen und Schimpfen der angetrunkenen Männer.
    Sie drehten sich im Kreis und spähten zwischen den Häusern entlang in alle Richtungen. Der Wagen schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein.
    Nik schloss die Augen und lauschte. Die Schleuse am Kanal wurde quietschend geöffnet und das Plätschern des fließenden Wassers schwoll zu einem Rauschen an, bis es das Meckern einer Ziege im Hinterhof und die in der Ferne streitenden Männer übertönte. Bald dröhnte das Wasser durch das ganze Viertel. Sein Klang hallte von den Häuserwänden wider und verschluckte alle anderen Geräusche. Sie hatten die Kutsche verloren.

Sie rannten bis zur nächsten Häuserecke und spähten dort in die abgehenden Straßen, doch die Kutsche blieb verschwunden. Vor der Werkstatt eines Glasers blieben sie stehen.
    »Wir finden ihn nicht«, seufzte Benthe. »Versuchen wir es morgen wieder.«
    »Vielleicht haben sie sich schon über die ganze Stadt verteilt und kommen nicht mehr zu dem Haus zurück. Der Hausherr gehört ja nicht ihrer Gilde an«, meinte Nik und fluchte.
    Sie hätten am Hafen bleiben sollen. Irgendwann wären sie sicher auf das Schiff gestoßen, mit dem die Männer nach Amsterdam gekommen waren. In der Dunkelheit war es jedoch zu gefährlich, dort neugierige Fragen zu stellen. Nik fuhr sich mit der Hand über seine Kehle. Im Hafen trieb sich neben den Kaufleuten und Seefahrern auch das lichtscheue Gesindel der Stadt herum. Hier gab es Dinge zu kaufen, von denen in der Stadt niemand redete, und wer zu viel fragte, trieb vermutlich am Abend mit aufgeschlitztem Hals in der Amstel.
    »Wir versuchen es trotzdem.« Benthe stemmte die Hände in die Hüften und nickte. »Morgen verstecken wir uns wieder hinter der Eiche.«
    Nik lächelte. Benthe war fest entschlossen, etwas über die Gilde herauszufinden, und er war dankbar für ihre Hartnäckigkeit. Immerhin kannten sie den Namen eines Tuchmachers. Er hieß Flambert und hatte dem Bruder des dicken Hausherrn in London Tuch verkauft.
    Seine Brüder Matthijs und Claas hatten am liebsten mit den Stoffen ihres Vaters gespielt. Jeden Tag waren sie zwischen den Kisten und Säcken auf dem Dachboden des Hauses herumgekrochen und hatten die Tuchballen entrollt, um sich in die knisternden Stoffe einzuhüllen. Sie hatten sich als Drachen und Ritter verkleidet oder die Tücher wie Besucher aus der Ferne um ihre Köpfe gewickelt. Vater hatte es

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