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Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette Lühmann
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kletterte aus der Hängematte und hockte sich neben sie. Alexej war kaum wiederzuerkennen. Die Anstrengungen der Nacht hatten sie gezeichnet. Ihr Gesicht war blass und große dunkle Schatten lagen unter ihren Augen.
    »Was ist geschehen?«
    »Die Segel sollten eingeholt werden. Pedersen und Tyge sind aus der Takelage auf das Deck gefallen.« Alexej zitterte am ganzen Körper.
    Unter ihren Händen quoll Blut hervor und tränkte das weite Hemd, das sie trug.
    »Und was ist dir passiert?«, fragte Nik besorgt und versuchte, ihre Hände von der Wunde zu ziehen.
    »Ich bin gefallen und etwas hat sich in meinen Bauch gebohrt, aber ich durfte es niemandem sagen. Nachdem wir die Segel eingeholt hatten, habe ich mich versteckt, damit sich keiner meine Wunden ansehen will.«
    »Aber uns kannst du sie zeigen«, versicherte Ellie und ließ sich aus der Hängematte gleiten, um sich neben die beiden zu setzen.
    Langsam hob Alexej die Hände von ihrem Bauch. Nik drückte ihren Oberkörper zurück, damit sie flach auf der Decke lag. Als er das Hemd nach oben schob, schlug Ellie entsetzt die Hände vor den Mund. Nik schluckte. Ein tiefer Schnitt klaffte direkt unter den Bändern, mit denen Alexej ihre Brüste flach an den Körper drückte.
    »Das heilt nicht von allein«, vermutete er. Ellie kniete sich neben Alexej und strich ihr das feuchte Haar aus der Stirn.
    »Alles wird wieder gut«, murmelte sie immer wieder.
    Nik sprang auf und rannte zu der Truhe. Dort fand er alles, was er brauchte. Zunächst setzte er eine Rumflasche an die Lippen der verletzten Frau. Alexej schluckte das starke Zeug nur widerwillig, doch nachdem sie getrunken hatte, ließ das Zittern nach, und sie schloss die Augen. Nik atmete tief ein und versuchte, sich an jede von Olivias Erklärungen und Warnungen zu erinnern.
    »Ellie, kannst du die Bänder abwickeln?«
    Sie musterte ihn skeptisch, als sie begriff, was er vorhatte. Aber dann knöpfte sie das Hemd auf und entfernte die Bänder, damit Nik Platz hatte, um die Wunde zu versorgen und den Schnitt zu nähen.
    Ellie hatte sich neben Alexej auf die Decke gelegt, als sie nicht mehr knien konnte, weil ihr Fuß auf die doppelte Größe angeschwollen war. Nik arbeitete sorgfältig. Der Schnitt war tief, aber er war nur zwei Finger breit und es fand sich außer einigen Fusseln vom Hemd kaum Schmutz in der Wunde. Vielleicht hatte sie Glück gehabt, und die Verletzung würde heilen, ohne Entzündungen oder Fieber zu verursachen. Nik lehnte sich mit dem Rücken gegen die Truhe und nahm sich vor, den Rest der Nacht über Alexej zu wachen, weil er sich sehr um sie sorgte. Schließlich konnte er einen Fehler gemacht haben. Nachdem er in Gedanken Hunderte Male die Erinnerungen an Olivias Unterricht durchgegangen war, fielen ihm vor Erschöpfung die Augen zu.
    Am nächsten Morgen klopfte jemand polternd an die Tür und rief nach Alexej. Doch sie entschuldigte sich mit geschlossenen Augen und mimte würgende Geräusche. Der andere zog weiter und besorgte Ersatz für Alexejs Schicht. Erst am Abend wachte sie wieder auf und schilderte ausführlich die Schrecken der Nacht.
    »Die Segel sind zerrissen, aber der Sturm hat euch vielleicht das Leben gerettet«, beendete sie erschöpft ihren Bericht und trank den letzten Schluck aus der Flasche. Nik schloss für einen Moment die Augen.
    Die Nachricht von den Jungen lag wie ein schwerer Stein in seinem Bauch. Wie konnte ihnen dieses schreckliche Unglück helfen?
    »Falls wir die Segel nicht nähen können«, fuhr Alexej fort, »fahren wir in die Werft.«
    Nik konnte kaum glauben, was er hörte. »Nach Amsterdam?«
    Sie nickte. »Dort ist die Ålborg gebaut worden.«
    Nik spürte, wie Hoffnung durch seinen Körper floss und ihn erwärmte. Es gab die Möglichkeit, Amsterdam zu erreichen, ohne wochenlang zu Fuß unterwegs zu sein und ihr Leben jeden Tag zu gefährden, an dem sie verhungern oder überfallen werden konnten.
    Er löschte die Kerze und legte sich zu Ellie und Alexej auf die Decke. Die Nacht war finster, weil der Mond hinter dicken Wolken verborgen war. Nik überlegte, wie die Mannschaft ohne die Sterne den Kurs finden konnte. Morgen würde er Alexej danach fragen. Neben sich hörte er sie und Ellie leise atmen. Er selbst konnte keinen Schlaf mehr finden, denn die Aufregung pulsierte durch seinen Körper und hielt ihn mit Erinnerungen an Amsterdam wach.
    Alexej blieb noch einen weiteren Tag bei Ellie und Nik in der Kabine. Ihre Wunde verheilte gut und sie reagierte immer

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