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Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette Lühmann
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still sitzen. Seine Schmerzen waren abgeklungen und er lief ungeduldig auf und ab. Ellie bat ihn immer wieder, sich zu setzen, doch er hielt es nicht lange aus.
    Die Sehnsucht nach Amsterdam, Benthe und seinen Eltern wurde mit jedem Tag stärker, und er hatte noch immer keinen Weg gefunden, wie sie das Schiff verlassen und sicher nach Hause kommen konnten. Jeden Tag fragte Ellie Nik mehrmals, wie man dieses oder jenes in seiner Muttersprache sagte. Widerwillig übersetzte er es ihr und zog weiter seine Kreise in der engen Kammer.
    Nik wünschte, er könnte auf einen Mast klettern und das Meer sehen. Das Papier, das er in der Werkstatt gefunden hatte, war in Ellies nassen Taschen zu einem grauen Klumpen verklebt. Sie hatten nichts mehr in der Hand. Kein Schriftstück, kein Siegel und kein Kunstwerk. Wie sollte er herausfinden, was das Geheimnis der Gilde war und ob sie tatsächlich versucht hatten, ihn umzubringen? Würde er Benthe und seine Eltern in Gefahr bringen, wenn er sich mit ihnen traf? Nik schlug mit der flachen Hand gegen die Tür und rote Farbe rieselte auf die Holzdielen.
    »Hör auf«, fuhr Ellie ihn an. »Willst du entdeckt werden? Dann werfen sie uns gleich über die Reling …«
    Doch Nik achtete nicht auf sie. Er strich seine Haare nach hinten und band sie mit einer Lederschnur im Nacken zusammen.
    Ellie lächelte zum ersten Mal seit vielen Tagen.
    »Wenn du dir jetzt noch wie Alexej etwas Ruß ins Gesicht streichst, siehst du aus wie ein Seemann.«
    Nik trat vor Alexejs Truhe, in der sie Ruß in einer Dose aufbewahrte, mit dem sie ihre glatte Haut an Kinn und Wangen verdeckte.
    Er zögerte. Wenn er sie ohne Alexejs Erlaubnis öffnete, war er auch nicht besser als ein Dieb. Aber die Sehnsucht nach Seeluft und der schwindelnden Höhe der Masten war überwältigend.
    Als er langsam die Hand ausstreckte, sprang Ellie flink auf die Füße und schlug auf seinen ausgestreckten Arm, bevor er den Deckel öffnen konnte.
    »Das kannst du nicht tun«, keuchte sie. »Außerdem würde Alexej dich nicht an Deck lassen.«
    »Ich frage sie nicht«, entgegnete Nik.
    Sie ließ ihn los, als hätte sie sich verbrannt. »Wir dürfen Alexej nicht in Gefahr bringen.« Sie hatte leise gesprochen, aber die Worte trafen Nik schmerzhafter als ihr Schlag.
    Obwohl sie recht hatte, konnte er den Drang kaum unterdrücken, die Tür aufzureißen, die Treppen hinaufzueilen und in die Takelage zu klettern.
    Am nächsten Tag kam Sturm auf. Eine riesige Welle hob das Schiff an und ließ Ellie und Nik gegen die Schiffswand stolpern und dann über den Boden rollen.
    Nik robbte zum Fenster. Vor dem blauen Himmel baute sich eine mächtige Wolke auf. Sie schien wie ein gewaltiger Pilz aus dem Meer zu wachsen. Nik riss die Scheibe hinunter und steckte den Kopf hinaus. Feine Regentropfen fielen auf ihn herunter und die sprühende Gischt peitschte vom Meer zu ihnen hinauf. Nik zog seinen Kopf schnell wieder zurück und verriegelte das Fenster. Die nächste Welle ergriff das Schiff und riss Nik von den Beinen. Er stieß mit dem Knie gegen die Truhe, die an der Wand verknotet war, und fiel zu Boden. Ellie keuchte. Er war mit dem Kopf auf ihren Bauch gefallen, und seine Haare hinterließen einen nassen Fleck auf ihrem Hemd, als er sich aufrichtete.

    Nik starrte aus dem Fenster. Der Himmel hatte eine bedrohlich dunkle Farbe angenommen. Er hielt sich an der Truhe fest und kletterte von dort in die Hängematte, die Alexej quer durch den Raum gespannt hatte. Dann ergriff eine riesige Welle die Ålborg und warf Ellie gegen die Wand. Sie fiel auf den Boden, richtete sich schluchzend wieder auf und humpelte zur Hängematte. Nik streckte seine Arme aus und zog sie zu sich auf das Tuch. Sie klammerten sich aneinander, als das Schiff ächzte und knarzte. Nik fürchtete, es könnte jeden Moment in der Mitte auseinanderbrechen. Donner grollte hoch über ihnen und Blitze erleuchteten den Himmel für wenige Augenblicke. Es fühlte sich an wie das Ende der Welt. Die Hängematte schlug von einer Seite zur anderen, doch sie ersparte ihnen den Aufprall gegen Wände und Holzkisten.
    Der Sturm wütete bis in die Nacht hinein. Als die Wellen kleiner wurden und die Ålborg nicht mehr grob hin und her warfen, fielen Ellie und Nik in einen unruhigen Schlaf und fuhren erst hoch, als Alexej in die Kabine trat.
    »Zwei Jungen sind tot«, keuchte sie und ließ sich auf den Boden fallen. Sie kniete in der Mitte der Kajüte und presste ihre Hände auf den Bauch.
    Nik

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