Das Geheimnis des Templers - Episode V: Tödlicher Verrat (German Edition)
nicht mehr zu holen gewesen. Allen musste klar sein, dass diese Vorräte höchstens ein paar Tage reichen würden. Dann war man gezwungen, an die Oberfläche zu kommen und sich den Tatsachen zu stellen. Entweder waren die Eroberer bis dahin besiegt oder verschwunden. Ansonsten würde es ihnen übel ergehen. Gero schenkte beiden Varianten kein allzu großes Vertrauen.
„Warum seid ihr nicht auf die Festung geflohen?“, fragte ihn Anouar, die offensichtlich bestens im Bilde war, was oberhalb dieses Hades vonstattenging.
„Sie haben uns die Tür vor der Nase zugeschlagen“, erklärte Gero ehrlich, wenn auch ein wenig verbittert.
„Wer hat den Befehl dazu gegeben?“, wollte Warda wissen und zog damit die Aufmerksamkeit aller auf sich. Gero sah, wie Struan eine Braue hochzog. Er hatte sie erkannt, war er doch dabeigewesen, als Gero sie vor Hugo d’Empures unbotmäßigen Annäherungsversuchen geschützt hatte.
„Darf ich vorstellen?“, kam Gero den fragenden Gesichtern seiner übrigen Kameraden zuvor. „Das ist Maria, sie hat für den Orden gewaschen, bis sie vor ein paar Tagen krank wurde und mich um Hilfe bat, weil sie dringend Medizin aus dem Hospital benötigte. Hinzu kommt, dass unsere Gastgeberin eine kräuterkundige Frau ist, die so freundlich war, sie in ihrem Haus aufzunehmen.“ Er sagte kein Wort davon, was sich in Wahrheit hinter der Geschichte verbarg.
„Hey?“, rief Arnaud und grinste ungläubig zu Warda hin. „Bist du nicht die Kleine, die in der Taverne in Famagusta getanzt hat? Jedenfalls siehst du dieser Frau verdammt ähnlich, die sich so ungeniert auf den Schoß unseres deutschen Bruders gesetzt hat.“ Er grinste anzüglich und schaute Gero fragend an.
Gero rollte mit den Augen. Es hatte ihm gerade noch gefehlt, dass Arnaud alte Geschichten aufwärmte. Aber jetzt war auch schon alles egal.
„Und du bist die Schwatznase, der bei jeder hübschen Magd die Augen aus dem Kopf fallen“, erwiderte Warda und schaute Arnaud frech ins Gesicht.
Die anderen lachten verhalten, obwohl man ihr drohendes Schicksal weiß Gott nicht amüsant nennen konnte.
Arnaud wollte etwas erwidern, doch Gero kam ihm zuvor.
„Jeder verdient eine zweite Chance, Arnaud“, lenkte er augenzwinkernd ein. „Auch du, der noch vor wenigen Augenblicken geschworen hat, zukünftig das Maul zu halten.“
„Schon gut, schon gut“, brummte Arnaud und hob entwaffnend die Hände. „Ich sage nichts mehr, ich versprech’s.“
Brian und Roderic ersparten ihm weitere Nachfragen, und Struan war an Klatschgeschichten ohnehin nicht interessiert.
„Was habt ihr vor?“, fragte Warda, die wohl hoffte, dass mit dem Erscheinen der Templer eine Lösung des Problems in Sicht gekommen war.
Gero zuckte die Achseln, die Hand immer noch griffbereit am T-Heft seines Anderthalbhänders. „Ich würde lügen, wenn ich behauptete, einen Ausweg zu wissen“, erklärte er mit einigem Bedauern. „Ich war ja selbst froh, als ich mich mit meinen Brüdern in diese Höhlen flüchten konnte. Ohne Anouar wären wir jetzt verloren.“ Er versuchte sich an einem Lächeln, doch die Alte blickte nach wie vor mürrisch drein. „So setzt euch doch“, forderte sie ihn trotz allem auf.
Gero gab seinen Begleitern einen Wink und einer nach dem anderen suchte sich einen Platz zwischen den misstrauisch dreinblickenden Einheimischen.
Osman konnte Gero nicht in die Augen schauen. Wahrscheinlich ahnte er, dass Gero um seine Verwicklungen in die ganze Geschichte wusste. Doch dass er hier war und nicht dort draußen oder auf der Festung, entlastete ihn ein wenig.
Osman räusperte sich und begann mit einem Mal aus freien Stücken zu sprechen.
„Ihr habt recht daran getan, dass ihr zu uns gestoßen seid“, bekannte er leise. „Hugo d’Empures hat Eure Leute längst an die Mameluken verkauft. Seit drei Monaten musste ich mit dem Boot Depeschen auf die andere Seite schmuggeln. Am Anfang hoffte ich noch, es würde im Auftrag des Ordens geschehen, doch als immer mehr Tote und Verletzte bei den Angriffen zu beklagen waren, ahnten wir, dass d’Empures für die andere Seite arbeitet. Deshalb bin ich mit meiner Familie auch nicht auf die Festung gegangen. Ich wusste, was er vorhatte.“
Arnaud war schneller aufgesprungen, als ihn jemand hätte zurückhalten können, dabei hatte er seinen Dolch gezogen und hielt ihn Osman an die Kehle, so dicht, dass der Fischer sich kaum noch zu rühren vermochte.
Die Frauen schrien vor Schreck auf, und die Männer
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