Das Geheimnis des Templers - Episode VI: Mitten ins Herz (German Edition)
kräftige Kaltbluthengste aus der Boulogne freuen, die erst seit kurzem bei den Templern für die Verwendung im Kampf gezüchtet wurden. Dazu wurden ihnen noch je ein Packpferd und ein Reisepferd zugewiesen, das als Ersatz für längere Strecken gedacht war.
»Hat er schon einen Namen?«, fragte Gero und klopfte seiner neuen Errungenschaft anerkennend den breiten Widerrist.
»Nein, ich glaube nicht.« D’Our fasste sich nachdenklich an sein bärtiges Kinn.
»Ich werde ihn Atlas nennen«, beschloss Gero aus einer spontanen Eingebung heraus. »Weil sein Rücken so breit wie der des Riesen ist und sein Fell schimmernd wie Seide.«
Kapitel VI
I n den darauffolgenden Wochen gewöhnte sich Gero rasch an die neue Umgebung und auch an seinen neuen tierischen Gefährten, der ihm keinerlei Probleme bereitete. Der Umstand, dass zwischen den Neuankömmlingen und den bereits vorhandenen Brüdern schon bald ein Band der Freundschaft entstand, half Gero und seinen Mitstreitern über die Geschehnisse auf Antarados und deren Folgen ein wenig hinweg. D’Our hatte die alteingesessenen Templer offenbar angewiesen, den neuen Kameraden keine wissbegierigen Fragen zu stellen.
Einer davon war Francesco de Salazar, ein junger, dunkelhaariger Bruder aus der Grafschaft Navarra, dessen Zähne so weiß waren wie Schnee und dessen olivenfarbene Haut noch ein bisschen dunkler erschien als die von Arnaud. Gero verstand sich gut mit dem Spanier, wie er von manchen genannt wurde. Er war humorvoll und entstammte offenbar einer angesehenen Familie. Ständig schwärmte er von seiner schönen Schwester, die er allem Anschein nach ebenso innig liebte wie seine Mutter. Ein halbes Jahr später kam Johan van Elk hinzu. Ein blasser rothaariger Schönling, wie Gero befand, weil er neben einer athletischen Statur die ebenmäßigen Gesichtszüge eines Engels besaß.
Täglich trainierten sie im Innenhof der Komturei gegeneinander in den verschiedenen Waffenarten und waren schon bald so weit, dass sie von Henri d’Our mit Erfolg zu den ordensinternen Turnieren geschickt wurden.
Zwischendrin jedoch durften sie ihre Pflicht gegenüber ihren Geldgebern nicht vergessen und wurden immer wieder zum Schutz von Menschen und Material eingesetzt, indem sie Wagenzüge von hochrangigen Kirchenvertretern und Werttransporte im Auftrag des Ordens zum Schutz vor Räubern und Tagedieben begleiteten.
Gero fühlte sich geehrt, als Henri d’Our ihn aufgrund seiner außerordentlichen Verdienste bei der Krönung von Papst Clemens V. im Winter des Jahres 1305 zum Kommandeur-Leutnant beförderte. Im November des gleichen Jahres hatte er zusammen mit seinen Kameraden einen möglichen Attentäter vor den Gemächern des Papstes gestellt, der sich damals auf einer Rundreise befand, die von Templern geschützt wurde. Bevor der Mann die Gelegenheit ergreifen konnte, den Heiligen Vater mit einer Tinktur zu vergiften, hatte Gero ihn unschädlich gemacht und ihn anschließend an die Leibgarde Clemens’ V. ausgeliefert, Seitdem hatten die Aufträge für die Templer als Schutztruppe für den Papst zugenommen.
Dabei warteten bereits neue Aufgaben, die die nicht enden wollenden Raubüberfälle in der Champagne betrafen. So hatte sich inzwischen eine weitere Bande von Raubrittern etabliert, die in jenen Tagen allseits aus dem Boden schossen wie giftige Pilze.
Kurz vor Weihnachten beauftragte d’Our Gero und einige seiner Brüder mit einem Vergeltungsschlag gegen ein Raubritternest in den Wäldern von Clairvaux. »Seit geraumer Zeit treiben die Schergen des geächteten Edelmannes Jean de Margenac im Wald von Clairvaux ihr Unwesen«, erklärte er den weiß gewandeten Templern bei einer kurzfristig einberufenen Kapitelversammlung im Refektorium der Komturei. »Nicht zuletzt ist es ein Hilferuf des dortigen Zisterzienserpriors, dem die Räuber innerhalb eines Jahres nun zum dritten Mal wie fette Läuse im Pelz sitzen, weil sie sämtliche Transporte vom und zum Kloster und auch die an- und abreisenden Pilger berauben. Der Befehl beinhaltet euer Eindringen in die marode Festung des gefallenen Edelmannes«, erläuterte d’Our emotionslos. »Dazu die Gefangennahme aller Bewohner und deren unverzügliche Exekution, falls sie in welcher Weise auch immer Widerstand leisten.«
Während d’Our die Örtlichkeiten beschrieb, fühlte Gero sich an seine unrühmlichen Erfahrungen im Gefolge des Roland von Briey erinnert. Allerdings hegte er keinen Zweifel daran, dass es für ihn persönlich diesmal
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