Das Geheimnis des Templers - Episode VI: Mitten ins Herz (German Edition)
erstürmen, bevor wir frohlocken dürfen«, gab Francesco zu bedenken und verwies mit einem Nicken auf die Steinwälle, die schwarz und steil vor ihnen aufragten.
»Leise!«, mahnte Gero nochmals und bestimmte mit einem weiteren Fingerzeig, wer von wo aus angreifen sollte. »Francesco, Arnaud und Struan kommen mit mir. Johan, Roderic, Brian und die anderen schleichen zum äußeren Haupttor. Sobald wir drin sind, öffnen wir euch das Portal.«
Wortlos gehorchten die Brüder und verschwanden einer nach dem anderen lautlos in der Dunkelheit.
Zeitgleich schleuderte Gero zusammen mit Struan, Francesco und Arnaud die Enterhaken in den mondhellen Himmel. Ein kurzes, hartes Geräusch bezeugte ihnen, dass sich die Eisenkralle in den gut fünfzig Fuß hohen Zinnen verkeilt hatte. Gero zog noch einmal fest am daran befestigten Seil und machte sich dann auf, mit vierzig Pfund Rüstzeug und Waffen beladen, die Füße fest in die Steilwand gestemmt, an der Mauer emporzuklettern. Dabei leisteten ihm nicht nur seine mit Nägeln beschlagenen Stiefelsohlen, sondern auch seine maßgeschneiderten Plattenhandschuhe wertvolle Dienste. Neben sich sah er Francesco, der sich genauso rasch voranarbeitete wie er. Auch Struan und Arnaud konnten mühelos mithalten.
Kaum oben angekommen, waren Gero und seine Brüder zunächst einmal damit beschäftigt, das Gleichgewicht zu halten, weil der morsche Wehrgang einige böse Lücken für sie bereithielt, unter denen es fünfzig Fuß abwärts in die Tiefe ging. Souverän ließen sich die Männer auf den Zinnen nieder und spähten nach unten.
Obwohl sie noch niemand bemerkt zu haben schien, wurde ihnen ziemlich schnell klar, dass sie ihre Gegner nicht unterschätzen durften.
»Es sind mindestens zehn, die allein im Burghof herumlungern.« Francesco beobachtete einen grobschlächtigen Kerl, der einen Ochsen am Spieß geduldig über dem Feuer drehte, während die anderen sich ihren Weinschläuchen widmeten. »Und auch wenn die meisten besoffen sind, weißt du nicht genau, wie viel Verstärkung aus dem Hauptgebäude nachrückt, kaum dass wir unten angekommen sind.« »Zumal auf den obersten Plattformen der beiden Türme neben dem Burgtor noch weitere Wachen herumstehen«, raunte Arnaud, der nun zu ihnen aufgeschlossen war.
»Insgesamt dürften es an die zwanzig sein«, fügte Gero hinzu.
Struan hob seine prägnante Rammskopfnase und warf einen Blick auf die lodernden Flammen in den Feuerkörben, die oben auf den Zinnen die Wachmänner wärmten.
»Von dort drüben stinkt es verdächtig nach heißem Teer«,
raunte er mit einem warnenden Unterton in der Stimme. »Das spricht für den Einsatz von Brandpfeilen.«
»Gut möglich«, bestätigte Gero ihm, »dass sie durchaus mit einem Angriff von wem auch immer rechnen, wobei es kaum einen Angreifer geben mag, der so dumm wäre, gleich zu Beginn ein unüberwindbares Tor zu stürmen.«
»Allerdings vermitteln die Kerle im Augenblick nicht den Eindruck, dass sie sich vor jemandem fürchten«, spöttelte Arnaud mit Blick auf die liederlich aussehenden Weibsleute, die nicht weniger trunken ums Feuer torkelten und deren Herkunft wahrscheinlich in einem heruntergekommenen Freudenhaus zu suchen war. Einige von ihnen trieben für alle sichtbar Unzucht mit ein paar Kerlen direkt neben dem Feuer.
»Gut so«, murmelte Gero grimmig. »Eine bessere Ablenkung kann ich mir für diese Idioten kaum vorstellen.«
Entschlossen zückte er seine Armbrust, die er zuvor an einem Gurt auf dem Rücken getragen hatte, und spannte sie breitbeinig auf der Mauerkrone sitzend. Struan, Francesco und Arnaud taten das Gleiche, und jeder von ihnen nahm eines der beweglichen Ziele ins Visier.
Auf Geros Zeichen hin sausten die Pfeile auf die Räuber hinab und brachten gleich vier von ihnen zu Fall. Schreien, Stöhnen und wildes Gestikulieren waren die Folge. Im Nu wurde es unter Gero und seinen Brüdern um einiges lebendiger, und auf den benachbarten Türmen wurde man anscheinend wach. Die Frauen brachen in hysterisches Gejammer aus. Die Männer liefen derweil durcheinander, nicht wissend, wo sie ihre Angreifer suchen sollten und wie sie ihrer Herr werden konnten. Gellende Befehle wurden zu den Zinnen gebrüllt, während Gero und seine Kameraden nachluden und eine weitere Salve nach unten in den Hof schickten, der sich nun merklich geleert hatte. Doch inzwischen nahmen die Wachen auf den Türmen Gero und seine Brüder mit Brandpfeilen unter Beschuss. Während Struan und Arnaud mit der
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