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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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nicht mit Jane angefreundet, weil sie sich
für seine Kunst interessierte? Wenn es mir gelang, seine Begeisterung ein wenig
zu schüren — und das sollte nicht allzu schwer sein, da ich selbst
Amateurphotograph war und einiges davon verstand — , gewann ich vielleicht sein
Vertrauen, und er war bereit, offener mit mir über Jane zu sprechen, und aus
welchem Grund er sie unbedingt hatte finden wollen. Vielleicht ergab es sich
auch, daß er mich bat, die Untersuchung des Falles doch noch fortzusetzen.
    Tagsüber arbeiteten die
Abbruchkommandos, und ich hatte Mühe, einen Parkplatz zu finden. Schließlich
klemmte ich meinen kleinen Wagen zwischen zwei Lastwagen in der Nähe der
Wendestelle und ging von dort zu Fuß zu Snellings Haus. Die ganze Umgebung
dröhnte von den Maschinen, die die Häuser einrissen, den Boden ebneten und
Schutt auf Lastwagen luden. Ein paar Arbeiter blieben stehen und pfiffen mir
nach, als ich vorbeikam, und ich lächelte zurück. Eine dieser militanten
Feministinnen hätte vielleicht daran Anstoß genommen, aber zum Teufel, es gab
Tage, an denen ich gar nicht genug Bewunderung einheimsen konnte.
    Ich betrat den Garten durch das Tor und
ging zu Snellings Haus, wobei ich mir vorkam, als würde ich mir einen Weg durch
den Dschungel bahnen. Die Palmen raschelten über mir im leichten Wind, und
zwischen den Kletterpflanzen blühten bunte, mir unbekannte Blumen. Ich wollte
sie aus der Nähe betrachten, als Snelling die Tür einen Spalt öffnete.
    »Sharon.« Seine Stimme zitterte. »Ist
was passiert?«
    »Nein, nichts. Ich wollte nur mit Ihnen
reden.«
    »Ach.« Er zögerte, dann hörte ich die
Sicherheitskette rasseln. Als er die Tür öffnete, strich er mit der Hand durch
sein schütter werdendes blondes Haar. Er wirkte blasser als üblich, und sein
schmales Gesicht war eingefallen, als habe er eine schlaflose Nacht hinter
sich.
    »Ich war in der Gegend, habe einen
Klienten besucht, und dachte...« Ich hielt inne. »Aber ich habe Sie vermutlich
in der Dunkelkammer gestört.«
    »O nein, nein, eigentlich nicht.« Er
ließ resigniert die Schultern sinken. »Ich habe ein bißchen saubergemacht.
Sonst wäre ich gar nicht an die Tür gegangen. Was kann ich für Sie tun?«
    Er schien nicht in der Verfassung zu
sein, um mit mir über Jane Anthony zu sprechen, daher begann ich mit der
Geschichte, die ich mir auf dem Weg hierher ausgedacht hatte. »Nun, ich — es
ist mir peinlich, ich hätte eigentlich nicht so bei Ihnen eindringen dürfen.
Aber ich dachte mir, wenn Sie ein bißchen Zeit haben, könnten Sie mir Ihre
Dunkelkammer und Ihr Studio zeigen. Ich photographiere selbst ein bißchen — nicht
besonders gut zwar und nicht viel — , und ich hätte wirklich gern gesehen, wie
ein Profi in diesem Beruf arbeitet.«
    Snelling schaute mich erleichtert und
zugleich wachsam an. »Ich verstehe.«
    »Ich kann auch ein andermal
wiederkommen.«
    »Nein, nein.« Er machte eine abwehrende
Bewegung. »Ich zeige es Ihnen gern.« Er schritt den Korridor entlang und ich
folgte ihm.
    Wir gingen durch den Wohnraum, wo die
Vorhänge trotz des hellen Tageslichts zugezogen waren, und über die Wendeltreppe
nach oben. Sie führte in einen großen Raum, dessen eine Wand ganz aus Glas
bestand, mit dem Blick auf die Bay. Die Wände waren weiß getüncht, so wie
unten. In dem Raum gab es keine Möbel bis auf einen Hocker. Auf Regalen an den
Wänden standen photographisches Material und Kameras.
    Ich ging hinüber und begutachtete die
Kameras. Es waren drei, und eine war der meinen ziemlich ähnlich. »Welche davon
benutzen Sie am meisten?«
    »Die Nikkormat.«
    »Die habe ich auch.«
    »Und — arbeiten Sie gern damit?«
    »Ja, sehr gern. Sie ist leicht und
einfach zu handhaben. Das ist wichtig, wenn man so ungeschickt ist wie ich.«
    »Photographieren Sie schon lange?« Er
nahm die Nikkormat vom Regal.
    »Seit meiner Jugend, aber meine
Ergebnisse werden einfach nicht besser. Ich arbeite eine Weile daran, dann
lasse ich es wieder sein, und ein halbes Jahr später fange ich wieder an. Und
der Film bleibt ein halbes Jahr in der Kamera.« Ich war erstaunt über mein
zwangloses Geplapper — schließlich hatte ich erreichen wollen, daß Snelling redete
und ich zuhörte.
    Mein Monolog schien ihn allerdings
erleichtert zu haben. Er nahm den Objektivdeckel von der Kamera und steckte ihn
sich in die Hemdtasche. »Aber wenn Sie photographieren, macht es Ihnen Spaß,
nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Und Sie denken nicht daran, sich damit
Ihren

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