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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Stil der fünfziger Jahre für
das kommende Wochenende ankündigte. Dabei mußte ich an Don denken, und das
vermittelte mir ein überaus angenehmes Gefühl.
    »Das Radio im Auto von meinem Dad ist
kaputt«, sagte Rachel. »Schon seit Jahren.«
    Ich wandte wieder meine Aufmerksamkeit
der Kleinen zu. »Wirklich?«
    »Ja.« Rachel drehte sich mir zu, hatte
die Unterarme auf das Fenster gestützt und blickte zu mir hoch. »Eigentlich
wollte ich bei dir im Wagen sitzen, um über das zu reden, was du vorhin da drin
gesagt hast.« Sie zeigte in Richtung auf die Krabbenhütte.
    Ich hatte von Anfang an vermutet, daß
sie sich nicht nur für meinen Wagen interessierte. »Und was ist das?«
    »Über die Autos an dem Abend, als die
Lady umgebracht worden ist. Ich darf eigentlich auch nicht wissen, daß die Lady
umgebracht worden ist, aber ich weiß es. Und ich habe etwas gesehen.«
    »Erzähle!«
    Sie schaute sich um. »Ich kann nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Meine Mama hat es mir verboten. Sie
hat gesagt, ich soll es vergessen, damit wir nicht hineingezogen werden. Man
darf sich nie irgendwo hineinziehen lassen.«
    Ich kauerte mich neben den Wagen.
»Rachel, deine Mama hat ganz recht. Manchmal ist es sehr schlecht, wenn man in
etwas hineingezogen wird. Aber manchmal ist es auch furchtbar wichtig. Dann,
wenn man anderen dabei helfen kann.«
    »Wie dir?«
    »Ja, wie mir.«
    Sie überlegte ernst. »Und wenn du das
von dem Wagen weißt, dann hilft es dir?«
    »Ja.«
    »Viel?«
    »Eine ganze Menge.«
    Die Kleine nickte, als hätte sie das
bereits gewußt. Dann sagte sie: »In dem Geschäft gibt es eine wunderbare
Garfield-Puppe. Ich spare schon die ganze Zeit darauf und hab’ auch schon fast
genug. Nur zwei Dollar fehlen mir noch.«
    Das überraschte mich so, daß ich den
Mund weit offenstehen ließ.
    »Nur zwei Dollar«, wiederholte Rachel.
    »Haben dir deine Eltern auch diese
Taktik beigebracht?« murmelte ich.
    »Was?«
    »Nichts.« Ich kramte in meiner
Handtasche und hielt dann die zwei Dollarnoten hoch. »Ich gebe dir zwei Dollar,
und du erzählst mir von dem Wagen, ja?«
    »Ja.« Sie langte nach den Scheinen.
    Ich zog sie zurück; die Vorstellung,
von einem Kind erpreßt zu werden, war mir mehr als unangenehm. »Sag es mir
erst.«
    Sie schob die Unterlippe vor. »Und
woher soll ich wissen, daß du mir dann das Geld gibst?«
    Rachel war recht durchtrieben, wie ich
feststellte. »Keine Sorge, du bekommst das Geld schon.«
    »Also gut.« Sie beugte sich vor, und
ihr kleines Gesicht wirkte vertraulich. »An dem Abend hab’ ich im Vorgarten vor
unserem Haus gespielt.« Sie deutete die Straße entlang. »Ich durfte eigentlich
nicht draußen sein, meine Mama hat gedacht, ich bin in meinem Zimmer. Aber ich
mag es draußen, wenn es dunkel ist.«
    Ich warf einen Blick auf das Geschäft.
Rachels Mutter war nirgends in Sicht, aber ich fürchtete, sie könnte jeden
Augenblick herauskommen. »Was hast du gesehen, Rachel?«
    Sie zog wieder eine Schnute.
    Ich hielt die zwei Dollarscheine hoch.
    »Ich habe einen Wagen gesehen, der dort
hingefahren ist. Zum alten Pier, meine ich. Er hat geparkt und dann die Lichter
ausgeschaltet.«
    »Was für ein Wagen?«
    »Wie der von meinem Dad. Deshalb habe
ich es mir gemerkt.«
    »Und was für einen Wagen hat dein Dad?«
    »Einen VW. Einen dunkelblauen VW.«
    »Und das war auch ein VW?«
    »Ja, ein blauer oder schwarzer, genau
wie der von meinem Dad.«
    »Und was geschah dann?«
    »Meine Mama ist rausgekommen und hat
nach mir gerufen. Und ich bin rein ins Haus.«
    Ausgerechnet ein VW! dachte ich — einer
der Wagen, die am häufigsten auf den Straßen Kaliforniens anzutreffen waren.
Immerhin, es konnte ein Hinweis sein. Ich gab Rachel die versprochenen zwei
Dollar. Sie ergriff die Scheine rasch und stopfte sie dann in ihre Tasche. Ich
erhob mich und öffnete ihr die Tür des Wagens.
    »Vielleicht sagst du deiner Mama nicht,
daß wir miteinander gesprochen haben«, schlug ich vor.
    »Ich sage nie was, wenn ich nicht muß.«
Sie sprang aus dem Wagen und lief auf das Geschäft zu. »Danke, Lady«, rief sie
mir noch über die Schulter hinweg zu.
    Was für eine höfliche, kleine
Erpresserin! War das die Schuld der Eltern? fragte ich mich. Oder des Fernsehens?
Oder lag das hier in der Luft? Und was war mit Erwachsenen wie mir, die kleine
Kinder mit Geld lockten?
    Ich beschloß, nicht näher darüber
nachzudenken, und fuhr zurück nach Port San Marco.
     
     
     

Kapitel
17
     
    Ich betrat das »Mission Inn«,

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