Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
Augen. Don hatte ein
amüsiertes Lächeln auf den Lippen, und das Kerzenlicht flackerte auf seinem
gebräunten Gesicht. »Charlenes Mann verläßt sie immer wieder. Nicht wegen irgendeiner
anderen Frau — aber um mit seiner Country-und-Western-Band umherzureisen. Er
ist manchmal sechs, acht Monate unterwegs, und wenn er wieder da ist — rumms,
ist sie wieder schwanger.«
    »Das hört sich so an, als ob sie die
Kinder wollte.«
    »Ganz bestimmt. Sie sind erst seit fünf
Jahren verheiratet. Weiß Gott, wie viele Kinder sie am Ende haben werden.«
    »Und wie steht es bei Ihnen?« Don
strich mit dem Finger über meine Wange. »Wollen Sie Kinder?«
    »Ich habe noch nie darüber nachgedacht.
Mein Gott — ich weiß ja nicht einmal, ob ich heiraten möchte.«
    »Und ich wette, Ihre Mutter macht sich
darüber große Sorgen.«
    »Natürlich. Darüber und über die
Tatsache, daß ich ständig in Mordfälle verwickelt werde. Meine armen Eltern.
Sie wollten guterzogene, katholische Kinder — und was ist aus ihnen geworden!«
    »Wie werden sie damit fertig?«
    »Meine Mutter ist zu bewundern, wenn es
gilt, mit etwas fertigzuwerden. Sie hält die Familie zusammen, ganz gleich, wie
dick es von allen Seiten kommen mag.«
    »Und Ihr Vater?«
    »Als wir jünger waren, haben wir ihn
nicht oft gesehen. Er war Offizier bei der Marine und liebte den Dienst auf
hoher See. Jetzt ist er pensioniert und arbeitet als Tischler. Wenn es ihm
zuviel wird, geht er einfach in seine Werkstatt in der Garage und spielt auf
seiner Gitarre.«
    »Was? Noch ein Musiker in der Familie?«
Dons Finger hatten aufgehört, mein Gesicht zu liebkosen; nun blickte er auf
mich herunter.
    Ich lachte. Es machte mir Spaß, von
meiner exzentrischen Familie zu sprechen. »Nur ein Amateur.«
    »Was spielt er denn? Rock?«
    »Nein. Irische Volksballaden.«
    »Ich dachte, McCone ist ein
schottischer Name?«
    »Schottisch-irisch.«
    »Aber Sie sehen indianisch aus.«
    »Ich habe indianisches Blut.«
    »Meine Güte.« Er strich mir eine Haarsträhne
aus dem Gesicht. »Haben Sie gewußt, als Sie aufwuchsen, daß Ihre Familie — etwas
ungewöhnlich ist?«
    »O nein. Jahrelang dachte ich, daß ich
wie jeder andere bin. Erst auf der Highschool ist mir dann das eine oder andere
aufgefallen.«
    »Wodurch?«
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Wir haben die ganze Nacht Zeit.«
    »Da haben Sie allerdings recht.«
    Eine Sekunde lang tauschten Don und ich
einen ernsten Blick. Dann sagte ich: »Ich bin vermutlich dahintergekommen durch
unseren Corvair. Sie wissen, einer von diesen kleinen Wagen mit dem Motor im
Heck.«
    Don nickte.
    »Eines Tages, ich war in der zehnten
Klasse, habe ich einer Freundin davon erzählt. Wissen Sie, wir hatten so viel
Zeug in unserer Garage, daß wir den Wagen nie ganz hineinfahren konnten. Im
Winter stand das Heck heraus, und der Motor wurde kalt und sprang nicht an.
    »Bis jetzt kann ich folgen.«
    »Jeden Abend«, fuhr ich fort, »wenn es
Zeit war zum Zubettgehen, ging mein Vater mit seiner Arbeitslampe hinaus zum
Wagen. Er steckte sie ein, schaltete sie an und ließ die Lampe im Wagen, um den
Motor warmzuhalten. Dann nahm er ein paar alte Decken und wickelte sie um das
Heck des Wagens.«
    Don öffnete den Mund, aber ich hielt
ihm abwehrend die Hand entgegen. »Ich weiß, was Sie sagen wollen. Genau das,
was meine Freundin sagte. Ich erzählte ihr die Geschichte und wie schlau mein
Vater sei, daß es ihm gelinge, trotz allem den Motor warm zu halten, und sie
sagte...« Ich begann zu lachen. »Sie sagte völlig logisch: ›Warum fährt er dann
den Wagen nicht einfach andersherum in die Garage?‹«
    Don begann ebenfalls zu lachen, und
dann lachten wir immer lauter. Schließlich lagen wir auf dem Boden, keuchten
vor Lachen, und nach ein paar Minuten hob Don den Kopf, schaute mir ins Gesicht
und küßte mich.
    Der Wein und meine Müdigkeit erweckten
ein Gefühl, als ob ich schwebte. Und dann fühlte ich seine Hände auf meinem
Körper.
    Bald lagen wir nackt nebeneinander auf
dem Boden, und wir verschmolzen ineinander in einer zarten, aber zugleich
kräftigen Vereinigung.
    Irgendwann im Lauf der Nacht krochen
wir ins Bett, schliefen entspannt ein, wobei wir uns in den Armen hielten. Und
gegen Morgen erwachte ich aus einem Traum, in dem ein Corvair in eine
blutbespritzte Decke eingewickelt war. Erwachte, weil mir eingefallen war,
warum John Cala zu dem alten Pier hinausgegangen sein konnte.
    Ein Wagen. Das Auftauchen eines Wagens,
den er erkannt zu

Weitere Kostenlose Bücher