Das Geheimnis des verlassenen Schlosses
zu kichern. Endlich wurde der Junge aus dem Saal gewiesen, und die
Beschwörung, die er zuvor aufgeschrieben hatte, las Cunning vor. Aus seinem Munde
klang sie einschüchternd. Doch nichts änderte sich in Ranavir: Der Himmel war so blau
wie eh und je, und auch die Sonne leuchtete wie zu vor. Niedergeschlagen blickten die
Konferenzteilnehmer einander an, und der Gebieter der Smaragdenstadt schüttelte
verzagt den Kopf:
„Wir haben ja ganz und gar vergessen: Als Arachna starb und der Riese aus der Großen
Welt das Zauberbuch verbrannte, war es vorbei mit aller Hexerei.”
„Dann überlegen wir uns eben etwas anderes”, tröstete Cunning sachlich. Nachdenklich
fuhr er fort: „Eines der größten Wunder in eurem Land ist das Schlafwasser. Wißt ihr
noch, wie leicht es fiel, mit ihm die unterirdischen Könige zu bezwingen, obwohl sie
eine Armee, Sechsfüßer und Drachen besaßen?… Vergeßt nicht, daß die Arsaken uns
helfen werden. Wenn sie Schlafwasser an das Essen gießen, schlafen die Fremdlinge
ein, und fertig ist die Sache.”
„Das hast du dir hübsch ausgedacht, lieber Fred, auch ich hatte schon diesen Gedanken.
Aber wie willst du unbemerkt das Wasser in Hurrikaps Schloß bringen?” entgegnete der
Scheuch unsicher. „Viel Wasser kann man nicht transportieren.”
ja, wirklich wie?”, meinte Cunning nachdenklich. ,,Das muß man sich genau
überlegen.”
Alle schwiegen.
Nach einigem Grübeln meinte Alfred: „Ohne eine Wasserleitung kommen wir nicht
weiter. Das Schlafwasser muß durch Rohre in den Schloßbrunnen geleitet werden.”
„Dafür müssen wir einen unterirdischen Gang anlegen”, gab Din Gior zu bedenken.
„Wir müssen aber äußerste Vorsicht walten lassen”, erwiderte der Scheuch.
„Wozu haben wir denn die Mäuse?” Ann hielt es nicht länger in ihrem Versteck. Mit
Tilli-Willis Hilfe war sie aus der Kabine durchs Fenster in den Thronsaal geklettert.
„Es gibt so viele Mäuse. Die machen alles ganz lautlos. Man muß ihnen nur erklären,
wie sie sich verhalten sollen. Ich habe doch Raminas Zauberpfeife! Wenn ihr wollt,
kann ich die Königin der Feldmäuse rufen!”
„Das ist ein Ausweg”, krächzte Kaggi-Karr aufgeregt und flatterte zu dem Mädchen, um
sich das Gefieder streicheln zu lassen. Wenn sie auch eine seriöse Krähe war, so mochte
sie dennoch Zärtlichkeiten. Vorsichtig strich Ann ihr über den Kopf und blickte die
Konferenzteilnehmer erwartungsvoll an.
Endlich ließ sich Cunning vernehmen: „Das hat wohl Sinn.”
„Hurra!” Ann wäre beinahe vor Freude hochgesprungen.
„Hurra!” krächzte Kaggi-Karr.
„Wir dürfen auch nicht ein anderes, das äußerste Mittel vergessen”, meinte Alfred.
„Wenn nichts hilft, sprengen wir halt das Raumschiff der Außerirdischen. Wir stellen
eine kleine, aber wirksame Bombe her. Wir können das Sternschiff schon jetzt
unterminieren. Bei dieser gefährlichen Arbeit wird uns Ilsor helfen.”
Umgehend wurden zwei Brigaden gebildet. Der einen gehörten die Zwinkerer unter
Leitung von Meister Lestar, der anderen die Erzgräber unter Rushero an. Eine Abteilung
von Holzköpfen brachte die Rohre und das notwendige Handwerkszeug zur Baustelle.
Nach der Umerziehung der sieben unterirdischen Könige, ihrer Familienangehörigen
und Höflinge benutzte man selten das Schlafwasser. Es wurde nur bei außergewöhnlichen Ereignissen verwendet, beispielsweise, als man Ruf Bilan als Strafe für
seinen Verrat einschläferte. Im Zauberland gab es keine Gefängnisse, und so wurde der
Verbrecher mit langem Schlaf bestraft.
Feldmarschall Din Gior benachrichtigte den Wächter der Heiligen Quelle, damit er die
Brigaden der Zwinkerer und Erzgräber passieren ließe.
Es wurde beschlossen, den Grund für die Rohrlegearbeiten vorläufig geheimzuhalten,
damit den Außerirdischen keinerlei Gerüchte zu Ohren kämen. Rushero und Lestar
waren zum Verlegen der Rohre bereit. Alles weitere hing von den Feldmäusen ab.
ANN SMITH WIRD ENTFÜHRT
Die Sprengung des Sternschiffs mußte, obwohl Cunning sie nur im äußersten Notfall
beabsichtigte, vorbereitet werden. Alfred scheute keine Zeit und Mühe auf der Suche
nach Mineralien für den Sprengstoff. Mit Ann und Tim durchstreifte er unermüdlich die
Umgebung der Smaragdeninsel.
Eines Tages setzte die ganz Gesellschaft mit der Fähre über den Kanal, wo Tag und
Nacht die Holzköpfe arbeiteten, und wanderten auf der Gelben Backsteinstraße für
baß.
Wie viele Erinnerungen weckte diese Straße bei
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