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Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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Frauen der Fall zu sein schien. Zu einer schneeweiße Perücke trug er einen roten Samtrock, der an den Manschetten grün und golden bestickt war.
    Auf Miss Stewarts Frage hin neigte Holden galant das schöne Haupt und meinte: „Meine Gemahlin und ich genießen unseren Aufenthalt in Edinburgh sehr."
    Dann sah er ans andere Ende des Tisches, doch befremdlicherweise schaute er nicht seine eigene Gemahlin an, sonders Jaspers.
    Jasper quittierte es mit Argwohn und nippte an seinem Wein.
    „Sogar die Gesellschaft ist erlesen", stimmte Lady Caroline ein.
    Sie schien ein gutes Stück älter zu sein als ihr Gatte und schleppte einen ganzen Rattenschwanz an Titeln hinter sich her. Jasper witterte eine interessante Geschichte. Ihr blondes Haar war so hell, dass es fast weiß schien, und mit ihrer blassen, rosa angehauchten Haut wirkte sie so farblos wie ein Blatt Papier. Einzig ihre hellblauen Augen gaben der armen Frau ein wenig Farbe, doch aufgrund ihrer blassen Haut schienen sie leicht rotgerändert, was ihr alles in allem das Aussehen eines weißen Kaninchens gab.
    „Zu dieser Jahreszeit ist unser Garten am schönsten", sagte sie. „Vielleicht mögen Sie und Lady Vale uns während Ihres Aufenthalts die Ehre Ihres Besuchs erweisen?"
    Aus den Augenwinkeln sah Jasper, wie Melisande erstarrte. So still und reglos saß sie da, dass er sich fragte, ob sie überhaupt noch atmete.
    Er lächelte höflich. „Ich bedauere sehr, Sie enttäuschen zu müssen, doch leider fahren wir bereits morgen weiter gen Norden, da ich einen alten Freund besuchen möchte."
    „Oh, wen denn?", wollte Miss Stewart wissen.
    Da Melisande sich wieder entspannte, wandte Jasper sich beruhigt seiner Nachbarin zu. „Sir Alistair Munroe. Kennen Sie ihn?"
    Miss Stewart schüttelte entschieden den Kopf. „Natürlich habe ich schon von ihm gehört, aber ich kenne ihn nicht — zu meinem größten Bedauern."
    „Hat ein wunderbares Buch geschrieben", ließ sich Sir Angus vom Ende des Tisches vernehmen. „Ganz unglaublich, behandelt alle Arten von Vögeln, Säugetieren, Fischen und Insekten. Sehr lehrreich."
    „Aber sind Sie ihm denn je persönlich begegnet?", erkundigte sich Tante Esther.
    „Nicht, dass ich wüsste."
    „Da haben Sie es!", rief sie triumphierend und lehnte sich zufrieden zurück. „Ich kenne niemanden, der ihm je begegnet wäre — außer dir natürlich, mein lieber Neffe, und selbst du hast ihn doch seit Jahren schon nicht mehr gesehen, oder?"
    Jasper schüttelte den Kopf. Nun war es an ihm, blicklos vor sich hinzustarren, während er sein Weinglas am Stiel hin und her drehte.
    „Woher wollen wir eigentlich wissen, dass er noch lebt?", sinnierte Tante Esther weiter.
    „Wie ich höre, korrespondiert er mit der Universität", bemerkte Mrs Flowers zu seiner Linken. „Ein Onkel von mir lehrt dort, und von ihm weiß ich, dass Sir Alistair großen Respekt genießt."
    „Munroe ist einer der größten Gelehrten Schottlands”, kam es von Sir Angus.
    „Schön und gut", meinte Tante Esther, „aber warum bekommt ihn dann niemand zu Gesicht? Nie zeigt er sich in der Stadt. Ich weiß ganz genau, dass er früher oft zu Tischgesellschaften und Bällen eingeladen worden ist, aber er hat immer abgelehnt. Was verbirgt er wohl vor uns?"
    „Narben", brummelte Sir Angus.
    „Oh, aber das ist doch gewiss nur ein Gerücht", sagte Lady Caroline.
    Mrs Flowers beugte sich so weit vor, dass ihr üppiger Busen der Soße auf ihrem Teller bedrohlich nahe kam. „Nein, ist es nicht. Ich habe gehört, dass er im Krieg in Amerika so schreckliche Narben davongetragen hat, dass er sein Gesicht hinter einer Maske verbergen muss, damit die Leute bei seinem Anblick nicht in Ohnmacht fallen."
    „Dummes Geschwätz", schnaubte Miss Stewart.
    „Nein, es ist wahr", beharrte Mrs Flowers. „Vor zwei Jahren hat die Tochter der Nachbarin meiner Schwester hier in Edinburgh einen Blick auf Sir Alistair erhascht, als er gerade das Theater verließ. Die Arme ist ohnmächtig geworden und hat danach mit so schwerem Fieber zu Bett gelegen, dass sie Monate gebraucht hat, um sich davon zu erholen."
    „Scheint mir eine dumme Gans zu sein", befand Miss Stewart. „Ich glaube kein Wort davon."
    Sichtlich verschnupft lehnte Mrs Flowers sich wieder zurück.
    Tante Esther griff beschwichtigend ein. „Nun, mein Neffe sollte eigentlich wissen, ob Sir Alistair mit so schrecklichen Narben geschlagen ist oder nicht. Immerhin war er mit dem Mann zusammen im Krieg, nicht wahr,

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