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Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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wirklich nicht erklären, warum ihr so überstürzt geheiratet habt." Sie hielt kurz inne, um zu verschnaufen und einen Schluck Tee zu trinken. Mit grimmig gerunzelter Stirn musterte sie ihren Neffen.
    „Aber Tante Esther, ich musste Melisande so rasch wie nur möglich heiraten", sagte Jasper mit Unschuldsmiene. „Ich hatte Angst, sie könne mir den Laufpass geben. Scharenweise hingen die Verehrer an ihr, ich musste die Kerle geradezu mit dem Stock abschütteln. Sowie sie mir ihr Wort gegeben hatte, habe ich zugesehen, sie schleunigst vor den Altar zu bekommen, damit kein anderer mir zuvorkommen konnte."
    Er schloss seine haarsträubende Lügengeschichte mit einem unschuldig-charmanten Lächeln, das seine Wirkung nicht verfehlte.
    Seine Tante klatschte verzückt in die Hände. „Recht hast du! Gut gemacht, mein Junge. Was bin ich froh, dass du so eine nette junge Dame erwischt hast. Sie macht mir einen vernünftigen und besonnenen Eindruck — das dürfte deine Torheit ausgleichen."
    Theatralisch fasste Jasper sich ans Herz und schwankte auf seinem Stuhl. „Welch tödlicher Stoß, verehrte Tante."
    „Papperlapapp", meinte diese. „Ein törichter Narr bist du aber sind das nicht alle Männer, was Frauen anbelangt? Sogar mein lieber Mr Whippering."
    Worauf sie alle Mr Whippering anschauten, der sein Bestes gab, närrisch und verwegen zu wirken. Fast wäre es ihm gelungen, hätte die auf seinem knochigen Knie balancierte Teetasse den gewünschten Effekt nicht beeinträchtigt.
    „Na, jedenfalls wünsche ich euch eine lange und glückliche Ehe", verkündete Tante Esther und schob sich ein Stück Muffin in den Mund. „ Und eine fruchtbare."
    Bei der Andeutung von Kindern musste Melisande schlucken und starrte blicklos in ihre Tasse. Der Gedanke an ein kleines Wesen, das ihr und Jasper entsprungen war, der Gedanke daran, flaumweiches, rotbraunes Kinderhaar zu streicheln, zerriss sie fast vor Sehnsucht. Oh, wie herrlich es wäre, ein Kind zu haben!
    „Danke, liebe Tante", sagte Jasper ernst. „Ich werde mich bemühen, mindestens ein Dutzend Sprösslinge zu zeugen."
    „Ich weiß, dass du dich über mich lustig machst, aber die Bedeutung der Familie darf nicht unterschätzt werden. Eine Familie ist ein hohes Gut. Mr Whippering und ich haben des öfteren darüber gesprochen, und wir sind beide der Ansicht, dass Kinder einen jungen Mann zur Räson bringen. Und dir, mein lieber Neffe, täten etwas Ruhe und Räson nur gut. Familie und Beständigkeit, das ist, was zählt. Oh je, da fällt mir ein, wie spät es ist ..." Mit einem kleinen Schreckensschrei blickte sie zur Uhr auf dem Kaminsims. „Mr Whippering! Sieh nur, wie spät es ist! Warum hast du mir nichts gesagt?"
    Mr Whippering schien nicht minder erschrocken.
    Tante Esther versuchte, sich mit viel Schwung aus dem Sofa zu stemmen. Erschwert wurde dies von ihren weit ausladenden Röcken, ihrer Teetasse und dem Teller mit den Muffins. „Wir haben doch Gäste zum Dinner, und ich muss mich noch zurechtmachen. Oh, so helft mir doch!"
    Mr Whippering stand auf und zog seine Gemahlin hoch. Kaum auf den Beinen klingelte sie nach dem Mädchen. „Wir erwarten Sir Angus, und er ist so ein schrecklicher Pedant, immer auf die Minute pünktlich. Aber keine Sorge", vertraute sie Melisande an, „nach dem zweiten Glas Wein weiß er ganz köstliche Geschichten zu erzählen. So, und jetzt soll Meg euch euer Zimmer zeigen. Macht euch frisch, wenn ihr wollt, aber seht zu, dass ihr Punkt sieben Uhr wieder unten seid, denn da steht Sir Angus vor der Tür. Und irgendwie müssen wir ihm ja die Zeit vertreiben, bis die anderen Gäste eintreffen. Oh, ich habe ganz reizende Leute eingeladen!"
    Aufgeregt klatschte sie in die Hände, und Mr Whippering strahlte sie innig an. Melisande stellte ihren Teller beiseite und stand auf, doch Tante Esther hatte derweil begonnen, ihr die Gäste aufzuzählen.
    „Mr und Mrs Flowers — ich habe Sie neben Mr Flowers vorgesehen, denn er ist ein ganz Netter und versteht sich darauf, eine Dame zu unterhalten. Miss Charlotte Stewart, die stets den süffigsten Klatsch und Tratsch parat hat. Captain Pickering und Frau — er war bei der Marine, müssen Sie wissen, und was er da alles erlebt hat, das können Sie sich nicht vorstellen! Und dann habe ich noch — oh, da kommt Meg."
    Ein Dienstmädchen hatte den Salon betreten und knickste.
    Tante Esther eilte ihr entgegen. „Bring meinen Neffen und seine Frau auf ihr Zimmer — das blaue Zimmer, nicht das

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