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Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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sie achselzuckend.
    „Schlechte Manieren sollten nicht noch belohnt werden."
    „Mmmm", machte Melisande nur und meinte dann: „Sollen wir die Wirtin bitten, uns Proviant einzupacken? Sie scheint eine ganz fähige Köchin."
    Wieder stupste ihn etwas am Bein, pflanzte sich dann warm und schwer auf seinen Fuß. „Eine vortreffliche Idee. Gut möglich, dass wir gegen Mittag fernab aller Gasthäuser unterwegs sind."
    Sie nickte und begab sich zur Tür des kleinen Speiseraums, um alles Nötige zu veranlassen.
    Kaum hatte sie ihm den Rücken zugewandt, ließ Jasper einen Happen Ei unter dem Tisch verschwinden. Eine nasse, raue Zunge leckte ihm feinsäuberlich die Finger ab.
    Als Melisande zurückkam, musterte sie ihn argwöhnisch, sagte jedoch kein Wort.
    Eine halbe Stunde später waren die Pferde angeschirrt, die Kammerzofe saß zur Abwechslung vorn beim Kutscher auf dem Bock, Melisande und Mouse warteten bereits im Wagen, und Jasper wechselte noch ein paar Worte mit dem Wirt. Nachdem er dem Mann noch einmal gedankt hatte, sprang er in die Kutsche, klopfte ans Dach und setzte sich.
    Melisande sah von ihrer Stickerei auf, als der Wagen sich mit einem Ruck in Bewegung setzte. „Was hast du zu ihm gesagt?"
    Er schaute aus dem Fenster. Nebel waberte um die Hügel. „Zu wem?"
    „Zum Wirt."
    „Ich habe ihm für eine geruhsame, flohfreie Nacht gedankt." Sie hob nur die Brauen und sah ihn an.
    Er seufzte. „Ich habe ihm ein bisschen Geld gegeben, um den Jungen zu beerdigen. Und noch ein bisschen für all seine Mühen und die Scherereien, die wir ihm gemacht haben. Ich dachte mir, das wäre in deinem Sinne."
    „Danke."
    Er ließ sich in seinen Sitz sinken und streckte die Beine seitwärts. „Du hast ein weiches Herz, liebste Gemahlin."
    Entschieden schüttelte sie den Kopf. „Nein, nur ein gerechtes."
    „Ein gerechtes Herz, das bei einem Jungen weich wird, der dich ohne mit der Wimper zu zucken erschossen hätte."
    „Das kannst du doch gar nicht wissen."
    Er blickte hinaus auf die Berge. „Aber ich weiß, dass er gestern Nacht mit einer geladenen Pistole unterwegs war. Hätte er nicht davon Gebrauch machen wollen, hätte er sie nicht laden müssen."
    Er spürte ihren Blick auf sich. „Warum hast du letzte Nacht nicht geschossen?"
    „Wie hätte ich?", erwiderte er achselzuckend. „Als die Pistole des Räubers losging, war die Munition ja verbraucht."
    „Mr Pynch hat mir heute Morgen gesagt, dass unter dem Sitz Pistolen liegen."
    Zum Teufel mit Pynchs losem Mundwerk. Verstohlen sah er Melisande an, doch ihre Miene zeugte eher von Neugier als von Sorge.
    Er seufzte. „Vermutlich sollte ich dir zeigen, wie sie funktionieren, damit du sie im Ernstfall auch benutzen kannst. Aber versprich mir um Gottes willen, sie nur dann zur Hand zu nehmen, wenn du davon Gebrauch machen musst. Und halte eine Pistole immer auf den Boden gerichtet, bis du schießt."
    Sie hob die Brauen und wartete gespannt.
    Er wechselte hinüber auf ihren Sitz und hob das dünne Polster von seinem. Darunter fand sich ein Fach mit Scharnierdeckel. Er klappte den Deckel hoch und deutete auf die beiden Pistolen. „Da sind sie."
    Sie begutachtete die Waffen, und Mouse, der eben noch friedlich geschlummert hatte, sprang mit einem Satz vom Sitz, um sich gleichfalls einen Blick zu gönnen.
    „Sehr schön", sagte Melisande, wandte sich dann von den Pistolen ab und sah ihn ganz offen an. „Und warum hast du letzte Nacht nicht von ihnen Gebrauch gemacht?"
    Sanft stieß Jasper den Hund beiseite, ehe er den Deckel schloss, das Polster darüber breitete und sich wieder setzte. „Wenn du es unbedingt wissen willst: Weil ich eine unerklärliche Abneigung gegen Schusswaffen habe."
    Verwundert hob sie die Brauen. „Das dürfte im Krieg ein gewisses Handicap gewesen sein."
    „Oh nein, in der Armee habe ich oft genug mit Pistole oder Gewehr geschossen. Ich bin auch kein schlechter Schütze. Oder zumindest war ich das — seit meiner Rückkehr nach England habe ich ja keine Pistole mehr angerührt."
    „Woher rührt deine Abneigung?"
    Gedankenverloren rieb er mit dem Daumen der linken Hand über die Handfläche der rechten. „Ich mag es nicht, wie sie sich anfühlen, so kalt und schwer." Unvermittelt sah er sie an. „Wäre es erforderlich gewesen, hätte ich sie natürlich hervorgeholt. Niemals würde ich dein Leben aufs Spiel setzen, mein Herz."
    Sie nickte. „Ich weiß."
    Und dieser schlichte Satz erfüllte ihn mit einem Gefühl, das er schon eine ganze Weile

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