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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Vater bestand vielmehr darauf, dass er sich bis zum Herbst schonte, denn dann sollte er zum Nachholen seines Abiturs nach Aurich ziehen. Das anschließende Theologiestudium stand bislang noch unausgesprochen im Raum, wobei es nur eine Frage der Gelegenheit war, bis Thaisen versuchen würde, ihm ein Bekenntnis dazu abzuringen. Bislang hatte Arjen sich dem Willem seines Vaters gebeugt, allein schon aus dem Grund, weil er bislang keinen eigenen Plan gefasst hatte, wie es mit ihm weitergehen sollte. Wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass es ihm sogar ganz lieb gewesen war, dass sein Vater stets einen Plan für ihn hatte. Die Antriebslosigkeit hatte wie eine bleierne Decke über Arjen gelegen, und nicht nur über ihm, sondern über ganz Beekensiel. Doch seit die ersten Sonnenstrahlen im Frühjahr hervorgekommen waren, hatte sich das schlagartig geändert: Die Schockstarre nach dem verlorenen Krieg und der Besatzung brach auf, und die Menschen kehrten ins Leben zurück. So gesehen war Ruben genau zum richtigen Zeitpunkt zurückgekehrt.
    »Moin Arjen, du Tagträumer«, grüßte Ruben, der die Leinen der Lore , auf der er angeheuert hatte, bereits an Pollern befestigte. Die Haut auf seinem Nasenrücken pellte sich, und die Sonne hatte ihm den Schopf ausgeblichen, auch wenn sein Haar das helle Blond seiner Kindheit wohl nie wieder erreichen würde. Er hatte die Ärmel des Fischerhemdes hochgekrempelt, sodass Arjen die Muskeln an seinen Unterarmen bemerkte, als er ihm eine Kiste mit frisch gebrühten Krabben hinhielt. Mittlerweile verunsicherte ihn Rubens Männlichkeit nicht mehr, nun da auch sein eigener Körper – dank der Arbeit an der Ruine – zusehends erstarkte. Rasch legte er seinen Schulterbeutel beiseite und nahm die Kiste entgegen.
    »Was ist los, Rosenboom? Stehst du hier herum, weil du auf Erleuchtung hoffst, oder wartest du wirklich auf mich?« Ruben grinste ihn herausfordernd an. »Wenn du so weitermachst, hält der alte Bircher dich am Ende noch für meinen eifersüchtigen Liebhaber.«
    Rolf Bircher, ein alteingesessener Fischer und Besitzer der Lore , lachte, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen. Arjen hegte den Verdacht, dass er das Mundstück in einer Zahnlücke einklackte, wo es rund um die Uhr saß.
    »Ich bin gerade erst am Hafen angekommen«, verteidigte sich Arjen, während seine Wangen rot anliefen. Im nächsten Moment ärgerte er sich bereits darüber, wie leicht er es seinem Freund machte, ihn aufzuziehen – und Ruben ließ keine Gelegenheit dazu ungenutzt verstreichen. »Außerdem solltest du dankbar sein für jedes bisschen Aufmerksamkeit, das man dir schenkt. Oder nimmt Bircher dich später mit zu sich nach Hause und hört sich dein endloses Geschwätz über deine Zukunftsfantasien an?«
    Bircher winkte ab. »Gott bewahre, de Jung kann ja nich fünf Sekunden sin Sabbel halten.« Und das waren vermutlich mehr Worte, als Bircher normalerweise in einem Monat sprach.
    Ruben zuckte mit den Schultern und sah zu, dass er die restlichen Kisten ablud. Als Ole Ennenhof auf seiner Beinprothese angehumpelt kam, um die Ware in Augenschein zu nehmen, verstärkte er sogar seine Anstrengungen, um den jungen Mann lediglich mit einem Nicken begrüßen zu müssen.
    »Da ist euch ja ordentlich was ins Netz gegangen, wie ich sehe.«
    Ole Ennenhof war eine hagere, aber nichtsdestotrotz imposante Gestalt, da er im Erscheinungsbild ganz nach seinem Vater schlug. Der alte Rasmus erinnerte an eine Birke, die der Sturm zwar beugte, aber niemals brach. Allerdings munkelte man, dass Ole leider nur das Äußere von ihm geerbt hatte, während sein Geschäftssinn mehr nach seiner Mutter ging, die bis Kriegsende weder wusste, was für Unsummen ihre Hausbediensteten verschlangen, noch, dass es keine Schande war, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Nun sahen sich die Ennenhofs gezwungen, selbst mit den Fischern zu verhandeln, wobei die Ware für den Schwarzmarkt bestimmt war, den sich die Ennenhofs genauso schnell unterworfen hatten wie zuvor den regulären Markt. Sogar die Kommandantur hatten sie davon überzeugen können, den an für sich beschlagnahmten Fang effektiver umzuverteilen, bis sich schließlich kein Uniformierter mehr am Hafen blicken ließ. Die Insel mochte am Boden liegen, aber den Ennenhofs bot sie immer noch eine Gelegenheit, die Kontrolle zu behalten.
    Obwohl Ole Ennenhof nur einige Jahre von den beiden jungen Männern trennten, sah er auf sie herab wie auf ein paar Halbstarke. Dabei schien ihn

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