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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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dich zur Abwechslung einmal um dich selbst, und geh mit Pastor Roder ins Theater, anstatt meine Trennung als Ausrede vorzuschieben, um ihn abblitzen zu lassen. Ihr beiden mögt euch, das ist nicht zu übersehen. Mach’ was draus, Mama.«
    Einige Sekunden lang starrte Anette sie fassungslos an, dann stürmte sie zurück in den Saal.
    Ist das nun der richtige oder komplett verkehrte Ansatz gewesen, um Anette in Richtung Glück zu schieben? Greta wusste es nicht.
    Greta stand noch eine ganze Weile in Gedanken verloren da, bevor sie zur Gesellschaft zurückkehrte. Martin hielt gerade eine Ansprache über seinen Vater, der sichtlich ermattet am Kopfende des Tisches saß.
    Sein Lebensabend ist da, darüber täuscht weder seine Schlagfertigkeit noch seine unbekümmerte Art hinweg – ein Eingeständnis, das Greta einen Stich versetzte. Als Arjen sie bemerkte, blitzte es aufmerksam in seinen Augen. Gleichgültig wie viel Kraft dieser Tag ihn auch gekostet haben mochte, ihm entging nichts. Während des Essens ließ er sie nicht aus den Augen und reimte sich vermutlich zusammen, was sich zwischen Mutter und Tochter unter vier Augen abgespielt hatte. Von den anderen bemerkte niemand etwas, die Familie war viel zu guter Dinge, und der Abend verlief noch viel schöner als erwartet.
    Als die Stimmung den Höhepunkt erreichte, schlug Arjen mit der Gabel gegen sein Wasserglas. Augenblicklich kehrte Ruhe im Gewölbe ein.
    »Seht es mir bitte nach, ihr Lieben, wenn ich meine Ansprache im Sitzen halte, aber zu mehr bin ich nach diesem Essen schlicht außerstande. Dafür verspreche ich, euch nicht allzu lange zu quälen. Und falls doch, könnt ihr der braven Marie ja unauffällig ein Zeichen geben, damit sie Nachtisch und Kaffee bringt. Sie wird mich mit ihrer charmanten Art schon zu stoppen wissen.« Trotz des humorvollen Auftakts und der vielen Zurufe, die er dafür bekam, rang Arjen sich lediglich ein schmales Lächeln ab. Unter dem Hemd bebten seine Schultern, als koste es ihn Anstrengung, mit aufrechter Haltung der Tafel vorzusitzen und gleichzeitig seine Stimme zu erheben. »Ich habe es heute schon oft gesagt und wiederhole mich gern: Ich bin überaus glücklich darüber, dass wir am heutigen Tag alle zusammen sind. Nicht um meinen Geburtstag zu feiern – dieses Getue fand ich schon albern, als ich ein Kind war und mir unsere Haushälterin einen Papierhut aufsetzte und allen Ernstes erwartete, dass ich mich über einen Karottenkuchen mit sieben brennenden Kerzen freute. Dabei war ich doch damals schon fast ein Mann! Nein, wir sind hier, um auf uns als Familie anzustoßen.«
    Mit lauter Zustimmung hoben die Gäste ihre Gläser, und einige setzten bereits zum Trinken an, als Arjens Ausdruck sich veränderte. Obwohl Greta den Wandel nicht recht benennen konnte, lief ihr ein Schauder über den Rücken. Ich möchte nicht hören, was er zu sagen hat, schoss es ihr durch den Kopf. Doch es war bereits zu spät.
    »Ich habe eine ordentliche Wegstrecke zurückgelegt, und den größten Teil davon habe ich in Meresund verbracht, gemeinsam mit euch. Und wenn ich in die Runde blicke, dann habe ich offenbar vieles richtig gemacht. Nicht alles, das versteht sich von selbst. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um euch zu danken. Jeder Einzelne von euch ist ein Geschenk, und dabei denke ich auch an Elisabeth und Carsten, die ich sehr vermisse. Es war ein gutes Leben, das ich in eurem Kreis geführt habe, ein Leben, das Sinn machte. Das Zurückschauen fällt mir deshalb leichter als der Blick nach vorne. Zumindest habe ich das geglaubt, bis ich begriffen habe, dass ich lediglich eine Luftveränderung brauche.« Arjen hielt inne und gab seiner Familie Zeit, diese unerwartete Wendung zu begreifen. Als Anette Anstalten machte aufzustehen, redete er allerdings mit kräftiger Stimme weiter. »Ich möchte niemanden verunsichern, aber ich wünsche mir auf Reisen zu gehen, solange meine Kräfte das noch zulassen. Dafür hatte ich bisher nie die Zeit. Das soll sich jetzt allerdings ändern: Ich werde eine Art Küstenreise unternehmen, ohne feste Route, aber dafür mit hübschen Landgaststätten und viel Muße. Den Herbst und vielleicht auch den Winter über. Während der kalten Jahreszeit hat mir das Meer immer besonders gut gefallen, wenn es sich von seiner herben, naturgewaltigen Seite zeigt.«
    »Was für eine absurde Idee, du wirst dir den Tod holen!«, brach es aus Anette hervor. Zu ihrem Entsetzen entlockte sie Arjen damit lediglich ein schmales

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