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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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gedacht, es war eben mein Elternhaus, und ich kannte es nicht anders. Für ein Kind ist ein Haus ein Haus, erst rückblickend ist sein Wert einzuschätzen. Obwohl … So einfach war es dann doch wieder nicht, schließlich hat meine Mutter die Kate geliebt. Thaisen wäre niemals so weit weg von seiner Kirche gezogen, aber Magda hatte sich auf den ersten Blick in diese Kate verliebt. Eigentlich war mein Vater kein Mann, der sich den Wünschen anderer unterordnete, aber er betete seine jüngere Frau nicht bloß an, sondern hat ihr gegenüber wohl auch ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie seinetwegen von Hamburg auf eine einsame Insel ziehen musste. Weil ihr Gatte es sich mit den Vorgesetzten verscherzt hatte mit seiner ewigen Besserwisserei und seinem Hochmut.« Arjen berührte flüchtig die Tür, die in dem gleichen scheußlichen Braunton gestrichen war wie alles andere auch. Verbarg sich darunter noch der Farbanstrich, für den sich Magda einst entschieden hatte? »Wenn ich recht darüber nachdenke, muss Magda die Kate liebevoll hergerichtet und den Garten bestellt haben, denn noch Jahre nach ihrem Tod sah es bei uns ausgesprochen heimelig aus, obwohl Thaisen für so etwas keinen Sinn hatte. Bis zu seinem Tod hat er bewahrt, was Magda geschaffen hatte. Ich vermute, dass ich als Junge gerne hier gelebt habe, auch wenn es ein wenig unheimlich war, dass über Jahre hinweg alles gleich blieb, während sich die Welt vor der Tür rasant veränderte.«
    Während er diesem Gedanken nachhing, öffnete Arjen die Tür, ohne jedoch hindurchzugehen. Eine kleine Kammer kam zum Vorschein, in deren Ecke ebenfalls ein Ofen stand. Die Wände waren besonders uneben, was dem Eindruck, mit den richtigen Möbeln ein Nest schaffen zu können, nichts abtat. Auch Arjen schien angenehm überrascht zu sein, denn er atmete hörbar aus, bevor er aufs Fenster zuging und es öffnete. Es führte auf den hinteren Garten hinaus.
    »Der Kirschbaum ist tatsächlich fort, wie schade.«
    Greta trat hinter ihn und legte eine Hand auf seine Schulter. »Deine Mutter hat wirklich eine gute Entscheidung getroffen. Diese Kate ist wie gemacht für eine Familie, die auf Beekensiel lebt: Man hört das Meer und sieht die Weite, und trotzdem ist man beschützt. Es ist, als würde sich das Haus ans Herz der Insel schmiegen …«
    Arjen warf Greta einen aufmerksamen Blick zu. »Du scheinst Magda sehr viel besser zu verstehen als ich es jemals konnte. Als ich im Jugendalter war, fragte ich mich oft, was sie nur an dieser Einöde gefunden hatte. Alles, was ich damals sah, war ein geducktes Häuschen mitten im Nirgendwo. Dabei hat sie vermutlich die gleichen Empfindungen und Gedanken gehabt wie du, für sie war die Kate etwas Besonderes, sie hat sie geliebt, das konnte man noch Jahre nach ihrem Tod spüren. Offenbar trägst du mehr von deiner Urgroßmutter in dir als dein Aussehen verrät.« Seit ihrem Gespräch im Meresunder Garten hatte Arjen die Ähnlichkeit zwischen ihr und ihrer Urgroßmutter mit keinem Wort mehr erwähnt. Behutsam umfasste er ihre Hände. »Was habe ich nur für eine wunderbare Reisebegleiterin. Ich bin dir so dankbar dafür, dass du es mit mir verschrobenem Kauz nicht nur aushältst, sondern sogar besser als ich zu wissen scheinst, was ich in Wirklichkeit auf dieser Insel will.«
    Es lag Greta auf der Zunge, ihre Vermutungen auszusprechen und ihm sogar von dem Notizbuch zu erzählen, aber Arjens Blick wanderte bereits zum Fenster hinaus, wo einst ein Kirschbaum gestanden hatte, damit abenteuerlustige Jungen ihn hinaufklettern konnten. Sie sah, wie sich ein Film über seine Augen legte, die jetzt nicht länger nur die Gegenwart, sondern auch die Vergangenheit sahen . Dabei wollte sie ihn nicht stören. Sie war sich si cher, dass er darauf gehofft hatte, auch wenn es ihm zugleich Angst einjagte.
    Greta überließ ihren Großvater sich selbst und streifte durch die Kate. An der Kopfseite der Diele lag die Küche, wovon noch ein gemauerter Herd und eine steinerne Spüle kündeten. Die Treppe ächzte unter ihrem Gewicht, als sie hinaufstieg, um die Kammer zu besichtigen, zu der es sie beinahe magisch hinzog. Hier oben war also Thaisens Reich gewesen … Fast erwartete sie, ihre Verbindung zu dem Gebäude würde abbrechen, weil dieser Raum immer noch von ihrem längst verstorbenen Urgroßvater beansprucht wurde, während das Parterre sie überaus freundlich willkommen geheißen hatte. Aber genau das Gegenteil geschah, mit jedem Schritt gewann sie

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