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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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glauben, dass Greta tatsächlich eine solche Unterhaltung mit Mattes Ennenhof führte, nachdem alles, was sie bisher miteinander ausgetauscht hatten, Bissigkeiten gewesen waren. In Mattes’ Miene hatte sich etwas gelöst, als ließe er die Deckung tatsächlich ein Stück weit sinken. Sie beschloss, noch einen Schritt weiterzugehen. »Das tue ich, soweit Arjen mich lässt. Ich habe sogar ein Notizbuch angelegt, in dem ich seine Erzählungen niederschreibe und das ich mit zusätzlichem Material ausstatten möchte. Ein paar von den Orten, wo Arjen sich als Junge herumgetrieben hat, wird er heute nicht mehr erreichen können, für solche Wanderungen reichen seine Kräfte schlicht nicht mehr aus. Aber Fotos und kleine Fundstücke sind ja auch nicht zu verachten.«
    Mattes musterte sie abwägend, als wäre ihm ebenfalls bewusst geworden, welche unerwartete Richtung ihre Unterhaltung genommen hatte. Bevor sich Beklemmung zwischen ihnen ausbreitete, nahm er Fados Ball in die Hand und warf ihn in einem weiten Bogen ins Meer. Der Hund stürzte sich begeistert in die Wellen, die Kälte schien ihm nichts auszumachen. Gerade als Greta sich verabschieden wollte, räusperte sich Mattes.
    »Falls Sie bei Ihrer Suche ein wenig Unterstützung gebrauchen können, sprechen Sie mich ruhig an. Ich kenne die Insel in- und auswendig, weil Fado unruhig wird, wenn er nicht mindestens zwei Stunden am Tag durch die Natur tollen kann. Egal wo sich Ihr Großvater als Junge herumgetrieben hat, ich bin höchstwahrscheinlich bereits dort gewesen.«
    Während Greta die Worte auf sich wirken ließ, fuhr sie sich durch das Haar, das der Wind ihr unablässig ins Gesicht blies. »Das ist wirklich nett, danke. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich auf Ihr Angebot zurückkomme.«
    »Auf dein Angebot.«
    »Bitte?«
    Mattes zog sich die Mütze vom Kopf, als wäre ihm plötzlich zu warm. »Einmal davon abgesehen, dass ich es seltsam finde, dass wir einander wie zwei alte verbiesterte Leutchen siezen, ist es ziemlich anstrengend. Auf Beekensiel wird geduzt, nur für die Touristen gilt das nicht. Und so gesehen bist du doch keine Touristin, oder?« Während Greta überlegte, ob es wohl zu aufdringlich wäre, Mattes Ennenhof nach seiner Telefonnummer zu fragen, blieb sein Blick an ihrer Stirn hängen. »Wie hast du dir denn diese Verletzung zugezogen?«
    »Bei einem Streit mit meinem Freund, nichts Schlimmes, nur ein dummes Missgeschick«, rutschte es Greta heraus. »Exfreund«, korrigierte sie sich sogleich, doch Mattes beugte sich bereits zu Fado hinunter, um den Ball aufzunehmen.
    »Nun denn«, sagte Mattes, den Blick in den Himmel gerichtet, als sähe er dort ein geheimes Zeichen, das ihn zum Abschied drängte. »Fado und ich müssen langsam mal weiter. Du solltest lieber nicht mehr allzu weit laufen, sonst ist das Frühstücksbuffet bei Tante Trude geplündert, bis du wieder zurück bist. Es ist nämlich hervorragend. Und mit einem Wecken im Magen kommt man nicht allzu weit, die Nordsee macht hungrig.«
    Greta rief ihm noch ein »Auf Wiedersehen« hinterher, dann stand sie eine Weile da und fragte sich, was auf einmal dagegensprach, den Weg gemeinsam zurückzugehen. Was natürlich auf der Hand lang: Sie waren jeder für sich an den Strand gekommen. Kurzerhand beschloss sie, Muscheln zu sammeln, bis der Abstand zu Mattes mit seinem Fado groß genug war, um ihnen zu folgen. So schnell wie Mattes ausschritt, würde sie nicht allzu lange warten müssen.

13
    Die niedrig stehende Mittagssonne blendete Greta, als sie den Wagen auf dem Schotterweg anhielt. Zu beiden Seiten war Sand über die Abgrenzung gedrungen, und obgleich das Dünengras ihm gefolgt war, wollte Greta nur ungern das Risiko eingehen, dass sich ein Reifen festfuhr. Der Vorhof der Reetdachkate bot zwar ausreichend Platz fürs Coupé, war jedoch so zugewuchert, dass man leicht etwas überfahren konnte – sei es nun ein Igel oder ein paar Scherben.
    »Den Wagen können wir wohl getrost mitten auf der Straße stehen lassen.« Greta schenkte Arjen ein Lächeln, auch um ihre eigene Unsicherheit zu überspielen.
    In diesem Haus war ihr Großvater also aufgewachsen … Es duckte sich in die flache Landschaft, als suche es nach Halt, um nicht vom Herbstwind fortgerissen zu werden. Dabei machte das vermooste Dach, auf dem an einigen Stellen sogar kleine dunkelbraune Pilze wuchsen, erstaunlicherweise noch den besten Eindruck. Die Jahre der Verlassenheit hatten ihm genauso wenig anhaben können wie

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