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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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hinausgeht?« Endlich hatte sie ihren Verdacht ausgesprochen, dass Arjen nicht nur der Erinnerung wegen diese Reise angetreten hatte. Deshalb überraschte sie sein Schweigen nicht. Seine Hände strichen mit einer fahrigen Geste über die Bettdecke, während sich auf seiner Stirn feine Schweißtropfen sammelten.
    »Kehrt das Fieber zurück?«, fragte sie besorgt.
    Arjen schüttelte den Kopf. »Das Antibiotikum hat die Erkältung zurückgedrängt, darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Aber du hast recht: Ich bin gesundheitlich in keiner guten Verfassung, deshalb ist es mir ja so wichtig, hier auf Beekensiel zu sein, bevor mich meine Kräfte vollends verlassen. Die Zeit mit Ruben … Sie hat mich geprägt, mehr als jede andere in meinem Leben. Ich denke viel darüber nach, woran diese tiefe Faszination gelegen hat, wahrscheinlich gibt es mehrere Antworten darauf. Er war nicht nur mein erster echter Freund, er hat mir mit seiner fordernden und bejahenden Art auch die Augen fürs Leben geöffnet. Wenn er nicht gewesen wäre, wäre ich gewiss nicht der Mann geworden, der ein so erfülltes Leben geführt hat. Ich brauche mir den Jungen namens Arjen vor diesem entscheidenden Sommer nur ins Gedächtnis zu rufen, und ich weiß, er wäre ein einsamer, ängstlicher Bücherwurm geblieben, der die Welt als etwas betrachtet, das man besser draußen vor der Tür lässt. Nachdem mir Ruben über den Weg gelaufen war, habe ich sogar »Tom Sawyer und Huckleberry Finn« in meinem Rucksack vergessen, bis ich ein Mahnschreiben von der Bibliothek bekam – das wäre zuvor vollkommen undenkbar gewesen.«
    Allzu gern fiel Greta mit in das Lachen ihres Großvaters ein. »Ruben hat dir ganz schöne Flausen in den Kopf gesetzt, was?«
    »Ja, das hat er – und dafür bin ich ihm bis heute dankbar. Obwohl ich im Nachhinein zugeben muss, dass es uns beiden nicht geschadet hätte, zumindest einen Tick mehr auf mein Hasenherz zu hören. Denn Rubens Furchtlosigkeit hat uns sogar dazu gebracht, den Fotoapparat des örtlichen NSDAP -Vorsitzenden Fred Denneburg auszuleihen. Wobei ausleihen für Ruben bedeutete, ins Haus einzusteigen, während der Besitzer im Garten ein Nickerchen hielt, und sich den Apparat heimlich unter den Nagel zu reißen. Nur leider überraschte Denneburg uns auf frischer Tat, und wir mussten übers Scheunendach fliehen. Ein Wunder, dass keiner von uns bei dieser wilden Flucht zu Tode gekommen ist.«
    »Ihr beiden Verrückten habt einen Fotoapparat geklaut?« Gretas Gedanken flogen zu der Aufnahme von Arjen als Jungen, wie er die Hand schützend vor die Augen hielt, als würde ihn die Sonne blenden. »Ruben hat mit der Kamera ein Foto von dir gemacht!«
    Arjen nickte. »Allerdings hatten wir uns den Apparat in erster Linie geborgt, um den Walfischknochen zu fotografieren. Das haben wir dann noch am selben Tag gemacht, vollkommen überdreht und wohl auch weil wir ahnten, dass Fred Denneburg uns seinen heißgeliebten Fotoapparat nicht allzu lange überlassen würde.«
    »Wie konntet ihr nur ein solches Risiko eingehen?«
    »Wir waren Kinder.« Das sanfte Strahlen auf Arjens Gesicht bewies, dass er bis heute die Magie dieser Tage spürte: die Kunst, ganz in der Gegenwart zu sein und keinen Gedanken daran zu verschwenden, was noch kommen mochte. »Die Fotografiererei war ein Mordsvergnügen, obwohl wir eine Weile gebraucht haben, bis wir verstanden, wie die Kamera funktionierte. Es war eine schwarz lackierte Leica III , ein tolles Modell, das erst seit einigen Jahren auf dem Markt war. Vermutlich hatte Denneburg sie gebraucht auf dem Festland erstanden, um das stolze Treiben seiner Genossen für die Ewigkeit einzufangen. Nun, für Ruben und mich war es ein echtes Abenteuer, den Walfischknochen richtig in Szene zu setzen. Wir waren vollkommen überdreht und der festen Überzeugung, dass es jetzt nur noch ein Klacks sein würde, die Zeichen zu entziffern. Deshalb sind wir bestimmt auch ein solches Risiko eingegangen, weil wir das Schicksal ohnehin schon bald in unseren Händen glaubten. Anders kann ich mir unsere Sorglosigkeit nicht erklären …«
    SOMMER 1939
    Ruben rieb sich die Nasenwurzel. Obwohl er nur wenige Sekunden fürs Posieren ruhig gestanden hatte, war das schon zu viel für ihn gewesen. »Komm, jetzt mache ich auch noch ein Foto von dir, oder meinst du, der Film ist dann voll?«
    Widerwillig senkte Arjen den Fotoapparat, er hätte zu gern noch eine weitere Aufnahme von seinem Freund gemacht, aber dazu würde

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