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Das Geheimnis des weißen Bandes

Das Geheimnis des weißen Bandes

Titel: Das Geheimnis des weißen Bandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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ziemlich kühnes Manöver von Ihnen, meinen Freund Watson aufzusuchen, als ich zeitweilig inhaftiert worden war, obwohl Sie natürlich so taten, als ob Sie davon nichts wüssten. Das hat Ihren Ehemann sicher davon überzeugt, dass Sie hinsichtlich Ihrer Schwägerin die besten Absichten hatten, obwohl Sie in Wirklichkeit heimlich über ihr Elend gelacht haben.«
    »Du Teufelin!« Carstairs wand sich auf dem Sofa voller Entsetzen und wäre am liebsten wohl aufgesprungen. »Wie konntest du so etwas tun? Wie kann überhaupt jemand so etwas tun?«
    »Mr. Holmes hat vollkommen recht, Edmund«, erwiderte seine Frau, und ich bemerkte, dass sich ihre Stimme verändert hatte. Sie war härter geworden, und der irische Akzent stach mehr hervor. »Ich hätte euch alle unter die Erde gebracht. Erst deine Mutter. Dann Eliza. Und du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich für dich geplant hatte!«
    Sie wandte sich an meinen Freund. »Und wie geht es jetzt weiter, schlauer Mr. Holmes? Haben Sie draußen einen Polizisten, der auf mich wartet? Soll ich nach oben gehen und ein paar Sachen packen?«
    »Die Polizei wartet tatsächlich, Mrs. Carstairs. Aber ich bin noch nicht fertig.« Holmes zog sich in seinem Sessel hoch, und jetzt entdeckte ich eine eisige Rachsucht in seinen Augen, die ich noch nie bei ihm gesehen hatte. Er war ein Richter, der ein Urteil fällte, ein Henker, der die Falltür aufklappte. Eine gewisse Kälte war in den Raum gedrungen. Einen Monat spätersollte Ridgeway Hall leer stehen. Bildete ich mir das ein, oder war das in jenem Moment schon zu spüren? Wusste das Haus schon, was ihm bevorstand? »Es muss noch der Tod des Jungen geklärt werden. Ross.«
    Mrs. Carstair lachte. »Ich weiß nichts über einen Ross«, sagte sie. »Sie waren sehr schlau, Mr. Holmes. Aber jetzt sind Sie dabei, sich zu überheben.«
    »Ich rede jetzt gar nicht von Ihnen, Mrs. Carstairs«, erwiderte Holmes und wandte sich stattdessen an ihren Mann. »Der Auftrag, Mr. Carstairs, den Sie mir gegeben hatten, nahm in der Nacht, als McParland ermordet wurde, eine ganz unerwartete Wendung. Unerwartet – das ist ein Wort, das ich nur höchst selten verwende, denn es ist mein Prinzip, jederzeit alles zu erwarten oder – besser noch – vorher zu wissen. Jedes Verbrechen, das ich untersucht habe, hatte das, was man einen gewissen Erzählfluss nennen könnte, einen unsichtbaren roten Faden, den mein Freund Watson stets mit sicherem Gespür entdeckt und beschrieben hat. Dieses Talent ist es übrigens, was ihn zu so einem exzellenten Chronisten meiner Arbeit gemacht hat. Aber ich muss zugeben, dass ich diesmal fast durcheinandergeraten wäre. Ich habe eine bestimmte Spur verfolgt, und die hat mich durch einen Zufall und sehr überraschend in einen ganz anderen Fall verwickelt. Von dem Augenblick an, als ich in Mrs. Oldmore’s Private Hotel kam, hatte ich Boston und die Flat Cap Gang hinter mir gelassen. Stattdessen bewegte ich mich unversehens in eine neue Richtung, die mich schließlich zur Aufdeckung eines Verbrechens führte, das widerlicher als jedes andere war, das mir bisher begegnet ist.«
    Carstairs zuckte zusammen, als er das hörte. Seine Frau sah ihn neugierig an.
    »Lassen Sie uns noch einmal zu jenem Abend zurückkehren; denn Sie, Mr. Carstairs, waren ja mit mir zusammen. ÜberRoss wusste ich kaum etwas, außer dass er zu einer Bande von Straßenjungen gehörte, die ich die Irregulären der Baker Street nenne. Sie sind mir immer sehr nützlich gewesen, und ich habe sie für ihre Dienste entschädigt. Bis zu diesem Abend schien das ein Arrangement zu sein, das vollkommen harmlos war. Ross war zurückgeblieben, um das Hotel zu überwachen, während sein Gefährte Wiggins mich holte. Zu viert sind wir aus der Galerie nach Bermondsay gefahren – Sie, ich, Watson und Wiggins. Ross sah uns kommen, und ich habe gleich gemerkt, dass der Junge schreckliche Angst hatte. Er fragte, wer wir, speziell, wer Sie seien. Watson versuchte ihn zu beruhigen und nannte dabei Ihren Namen und Ihren Wohnort. Das war wohl leider das Todesurteil für den Jungen – aber machen Sie sich deshalb kein schlechtes Gewissen, Watson! Es war genauso mein Fehler.
    Ich nahm damals an, dass Ross wegen etwas Angst hatte, das er im Hotel gesehen hatte. Das war wohl verständlich, denn wie sich herausstellte, hatte dort ja ein Mord stattgefunden. Ich war überzeugt, dass er den Mörder gesehen, aber aus irgendwelchen Gründen geschwiegen hatte. Aber das war ein Irrtum. Was

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