Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis des weißen Bandes

Das Geheimnis des weißen Bandes

Titel: Das Geheimnis des weißen Bandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
Vom Netzwerk:
Sonnenlicht ausgesetzt, denn der Stoff ist ein wenig mürbe. Interessant ist die Länge: genau neun Zoll. Es wurde offensichtlich bei einem Kurzwarenhändler gekauft und dann in zwei Teile von wahrscheinlich gleicher Länge geschnitten, denn obwohl das eine Ende sauber mit einer scharfen Schere geschnitten wurde, hat man das andere mit einem Messer durchtrennt. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen, Sherlock.«
    »Das habe ich auch gar nicht erwartet, Bruder Mycroft. Ich habe mich vielmehr gefragt, ob du vielleicht weißt, was es bedeutet. Hast du jemals von einem Ort oder einer Organisation gehört, die sich das House of Silk nennt?«
    Mycroft schüttelte den Kopf. »Der Name sagt mir nichts. Er klingt wie ein Laden. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, kommt es mir vor, als ob ich mich an ein Herrenbekleidungsgeschäft in Edinburgh mit diesem Namen erinnere. Ist das Band vielleicht dort gekauft worden?«
    »Angesichts der Umstände scheint das eher unwahrscheinlich. Uns gegenüber wurde der Name von einem jungen Mädchen erwähnt, das vermutlich sein ganzes Leben in London verbracht hat. Der Name hat sie mit solcher Furcht erfüllt, dass sie Dr. Watson mit einem Messer angegriffen hat und ihm eine erhebliche Wunde an der Brust zugefügt hat.«
    »Gütiger Himmel!«
    »Ich habe ihn auch gegenüber Lord Ravenshaw erwähnt –«
    »Dem Sohn des früheren Außenministers?«
    »Genau dem. Seine Reaktion war erstaunlich. Er schien äußerst alarmiert, auch wenn er das nicht zeigen wollte.«
    »Nun, ich kann ein paar Erkundigungen einholen für dich, Sherlock. Würde es dir etwas ausmachen, mich morgen um die gleiche Zeit hier aufzusuchen? Bis dahin werde ich dies hier behalten.« Er raffte das weiße Band in seiner weichen Hand zusammen.
    Aber de facto mussten wir auf das Ergebnis seiner Erkundigungen gar nicht so lange warten. Schon am nächsten Morgen um zehn hörte ich das Rattern einer sich nähernden Kutsche, und Holmes, der am Fenster stand, sagte: »Das ist ja Mycroft!«
    Ich erreichte ihn gerade noch rechtzeitig, um mit anzusehen, wie Holmes’ gewichtiger Bruder mit Hilfe des Kutschers aus seinem Landauer stieg. Mir war sofort klar, dass dies ein höchst außergewöhnliches Ereignis war, denn Mycroft war nie zuvor in der Baker Street gewesen und ist auch später nur noch ein einziges Mal da gewesen.
    Holmes selbst war still geworden, und sein Gesicht war sehr düster. Ich schloss daraus, dass er diesen Besuch ebenfalls für ein böses Vorzeichen hielt. Es dauerte eine Weile, bis Mycroft zu uns in den Salon kam. Die Treppe war steil und eng und denkbar ungeeignet für einen Mann von seiner gewaltigen Fülle. Schließlich erschien er doch in der Tür, sah sich kurz um und setzte sich auf den nächsten Sessel. »Hier wohnst du also?«, fragte er.
    Holmes nickte.
    »Es ist genau, wie ich es mir vorgestellt habe. Sogar der Kamin ist da, wo ich dachte. Du sitzt natürlich auf der rechten und dein Freund auf der linken Seite. Merkwürdig, wie wir uns immer an diese Muster halten, nicht wahr? Wie unsere Umgebung und die Räumlichkeiten unser Verhalten bestimmen.«
    »Kann ich dir etwas Tee anbieten?«
    »Nein, Sherlock. Ich habe nicht die Absicht, lange zu bleiben.« Mycroft nahm den Umschlag heraus und gab ihn seinemBruder zurück. »Der gehört dir. Ich gebe ihn dir mit einem Ratschlag zurück, von dem ich inständig hoffe, dass du ihn annimmst.«
    »Bitte fahr fort.«
    »Ich habe keine Antwort auf deine Frage gefunden. Ich habe keine Ahnung, was das House of Silk ist oder wo es sich befinden könnte. Ich wünschte sehr, dass es anders wäre, denn dann würdest du vielleicht eher akzeptieren, was ich dir zu sagen habe. Du musst diese Untersuchung sofort fallenlassen. Du darfst keine weiteren Erkundigungen einziehen. Vergiss das House of Silk, Sherlock. Erwähne diese Worte nie wieder.«
    »Du weißt genau, dass ich das nicht tun kann.«
    »Ich kenne deinen Charakter. Das ist auch der Grund, weshalb ich durch halb London gefahren bin, um persönlich mit dir zu sprechen. Ich habe mir gedacht, du würdest meine Warnung wahrscheinlich als Herausforderung verstehen und diese Angelegenheit zu einem persönlichen Kreuzzug machen. Ich hoffe, dass ich hierhergekommen bin, zeigt dir, wie ernst ich es meine. Ich hätte auch nicht bis heute Abend warten können, um dich über den Misserfolg meiner Erkundigungen zu informieren; denn ich bin überzeugt, dass ihr beide in großer Gefahr seid, sowohl du als auch Dr. Watson. Seit unserem

Weitere Kostenlose Bücher