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Das Geheimnis meiner Mutter

Das Geheimnis meiner Mutter

Titel: Das Geheimnis meiner Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Dämmerung schon eingesetzt, und der Schnee fiel dichter als je zuvor. Er konzentrierte sich auf das goldene Licht in den Fenstern, die freundliche Rauchwolke, die aus dem Kamin aufstieg, und stellte sich vor, wie Jenny drinnen an ihrem Computer saß oder sich etwas zu essen machte. Musik hörte. Nachdachte oder träumte. Und mit dem Bild überkamen ihn ein Gefühl der Zärtlichkeit und ein Wissen, das er schon sein halbes Leben mit sich trug. In einem lang vergangenen Sommer hatte er sich in Jenny verliebt. Er hatte jahrelang versucht, sich wieder zu entlieben. Doch jetzt war er gezwungen, sich einzugestehen, dass ihm das nie gelungen war. Diese Erkenntnis brachte ihm keine Freude. Irgendwo in der Welt gab es Menschen, die gut darin waren zu lieben, denen es leichtfiel, für die es etwas war, das ihrem Leben Sinn verlieh. Rourke war keiner von ihnen.
    Vor der Hütte blieb er stehen und zog die Schneeschuhe aus. Die Stufen zur Haustür waren mit Schnee bedeckt, und Eiszapfen hingen von der Regenrinne. Als er unter ihnen durchging, brach ein großes Stück ab und stach still in den Schnee. Er rief Jennys Namen und klopfte dann an die Tür. Rufus fing an zu bellen, und es hörte sich an, als würde er von innen gegen die Tür springen.
    Guter Hund, dachte Rourke. Er mochte seinen Beschützerinstinkt.
    Die Tür ging auf, und Rufus sprang los, nur um sich sofort in ein vor Liebe zitterndes Bündel zu verwandeln, als er Rourke erkannte. Jenny blieb abwartend im Hintergrund. Rourke fiel es schwer, ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Sie war alles andere als glücklich, ihn zu sehen, und sie sah … war das Schuldbewusstsein in ihrer Miene? Weswegen sollte sie sich schuldig fühlen? Sie trug Jeans und einen Pullover, und ihr Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie hatte die Arme schützend vor ihrer Brust verschränkt.
    „Rourke“, sagte sie. „Ich hatte dich nicht erwartet.“
    Offensichtlich nicht. „Ich muss mit dir reden. Ich, äh, wollte dir das persönlich sagen.“
    Sie runzelte die Stirn und wich seinem Blick aus, als wenn … Er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sie sich verhielt wie jemand, der zu ihm ins Revier abgeführt worden war.
    Er trat ein und schloss die Tür. Rufus sprang immer noch aufgeregt um ihn herum, als Rourke die Stiefel und seinen Parka auszog. Es tat gut, ein paar Lagen loszuwerden. Mit Schneeschuhen zu gehen war anstrengend. „Darf ich mich setzen?“, fragte er.
    „Ja, sicher, nimm Platz.“ Sie zeigte auf das Sofa.
    Rourke entschied sich, die Sache schnell anzugehen. Sie schien abgelenkt und verwirrt, und es noch länger hinauszuzögern wäre grausam. „Wir haben in den Eishöhlen über den Wasserfällen einen Leichnam gefunden“, sagte er ohne Vorrede.
    Jetzt sah sie vollständig verwirrt aus. „Einen Leichnam?“
    „Ja.“
    „Einen menschlichen Leichnam?“
    Er nickte. Auch wenn er sie so gerne berührt hätte, hielt er die Hände fest zu Fäusten geballt. „Sonnet, Zach und Daisy haben eine Schneewanderung dorthin gemacht. Es gibt noch keine positive Identifizierung der …“ Beinahe hätte er „Überreste“ gesagt. „Ein Bergungsteam wird sich auf den Weg dorthin machen, sobald das Wetter aufklart. Ich denke, du solltest es wissen, damit du vorbereitet bist.“ Okay, dachte er, bring es hinter dich. „Bei der Verstorbenen handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um deine Mutter.“
    Er sah, wie die Worte einsanken, wie aus der anfänglichen Verwirrung erst Verständnis und dann Schmerz wurde. Sie sagte nichts, rührte sich nicht, abgesehen von den Händen, die sie flach auf ihre Knie drückte und intensiv betrachtete.
    „Ich habe die Kleidung mit der Beschreibung in der ursprünglichen Vermisstenmeldung abgeglichen“, erklärte er. Er hatte auch den dazugehörigen Bericht noch einmal gelesen, auch wenn das nicht nötig gewesen war. Er war ihn in den vergangenen Jahren so oft durchgegangen, dass er ihn auswendig konnte. Und in dem Augenblick, als er Daisys Fotos gesehen hatte, hatte er es gewusst. „Es ist ziemlich eindeutig.“ Er machte eine Pause. Er hasste es, ihr wehtun zu müssen. „Es tut mir leid.“
    Ein paar Minuten lang saß sie sehr still; sie schien an einem anderen Ort zu sein. Dann schluckte sie, steckte sich eine Strähne, die sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatte, hinters Ohr und atmete zitternd ein. „Als ich jünger war, habe ich ein Tagebuch geführt“, sagte sie mit leiser Stimme. „Ich habe jeden Eintrag

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