Das Geheimnis meiner Mutter
an. „Und wie hätte das mich dastehen lassen? Wie eine Idiotin, die nur wegen des Geldes schwanger geworden ist und den Kerl geheiratet hat. Du kennst mich, Laura. So etwas würde ich nie tun.“
Ach ja, ihr Stolz. „Also ist es besser, alleinerziehende Mutter zu sein und Schweigegeld anzunehmen, als den Mann zu heiraten, den du liebst?“
„Ich war achtzehn Jahre alt. Ich hatte keine Ahnung von Liebe und Ehe. Manchmal denke ich, das habe ich bis heute noch nicht. Aber ich hatte schon immer Ahnung vom Wert des Geldes.“
Ein Rauschen ertönte aus einer der Toilettenkabinen. Laura gefror das Blut in den Adern. Guter Gott, jemand hatte ihre Unterhaltung mit angehört. Eine dunkelhaarige Frau kam heraus und wusch sich die Hände. Eine der Romanos, wie Laura bemerkte. Vielleicht war es Angela. Sie konnte sie nie auseinanderhalten.
Als sie gegangen war, schaute Laura Mariska mit schreckgeweiteten Augen an. „Glaubst du, sie weiß, wovon wir geredet haben?“
„Ist doch egal. Ich habe mich heute um alles gekümmert. Die Einzige, die was gesehen hat, war Jenny, und sie ist zu klein, um zu wissen, was vor sich geht.“
„Ist das, was du tust, nicht illegal?“
„Hör mal, ich hatte etwas, was die Lightseys wollten“, sagte sie erschöpft. „Und hast du gesehen, dass ich mir teure Autos und Klamotten und so gekauft habe? Nein. Ich wollte keinen Verdacht erregen.“ Wenn sie Geld brauchte, erklärte sie, brachte sie jeweils nur einen oder zwei Diamanten zurzeit zu der Diamantenbörse an der Forty-Seventh Street in New York. Manchmal auch nach Toronto oder sogar Europa.
„Aber warum erzählst du mir das alles heute? Warum jetzt?“, fragte Laura. Sie hatte immer so was wie Ehrfurcht vor Mariska gehabt – vor ihrem Aussehen, ihrem Mut, ihrem Selbstbewusstsein. Jetzt jedoch fühlte sie noch etwas anderes – Schock und Missbilligung.
„Ich muss vielleicht für eine Weile weg“, erwiderte Mariska. „Und zwar womöglich länger als sonst.“
ESSEN FÜR DIE SEELE
von Jenny Majesky
EIN BUNTER LIKÖR
Meine Großeltern hatten sehr wenige Schätze, weil sie auf ihrer Flucht aus Polen so wenig hatten mitnehmen können. Die Schätze, die sie hatten, waren daher umso wertvoller. Einer, an den ich mich noch gut erinnere, war ein Set kristallener Likörgläser aus Polen. Mein Großvater ist eines Tages nach Brooklyn gefahren und hat es dort gekauft. Die Gläser hatten die Farben und den Schliff von Juwelen – rubinrot, saphirblau, smaragdgrün und amethystviolett – und wurden nur zu ganz besonderen Gelegenheiten benutzt. Eine Geburt, ein Tod, ein Feiertag. Krupnik ist ein Honig-Gewürzlikör, der zu jeder Gelegenheit Wärme verbreitet.
Krupnik
1 Tasse Honig
Tasse Wasser
1 zerkrümeltes Lorbeerblatt
1 TL purer Vanilleextrakt
1 TL geriebene Limonenschale
1 Messerspitze gemahlene Muskatnuss
10 ganze Nelken
1 Messerspitze gemahlener Zimt
3 Tassen 50%iger Wodka
Geben Sie die gesamten Zutaten bis auf den Wodka in einen Topf. Lassen Sie die Flüssigkeit aufkochen, reduzieren Sie dann die Hitze und lassen alles zugedeckt 10 Minuten köcheln. Schütten Sie den Inhalt des Topfes durch ein feines Sieb, um die Gewürze herauszufiltern. Geben Sie die Flüssigkeit gemeinsam mit dem Wodka zurück in den Topf. Vorsichtig erhitzen, aber nicht kochen. Dann sofort noch heiß servieren, am besten in kristallenen Likörgläsern.
30. KAPITEL
L euten schlechte Nachrichten zu überbringen gehört zum Job, rief Rourke sich in Erinnerung, als er sich einen Weg durch den hüfthohen Schnee zu der Hütte im Camp Kioga bahnte. So war es schon immer gewesen. In der Ausbildung hatte er die verschiedenen Methoden, die Nachricht zu übermitteln und Unterstützung anzubieten, intensiv studiert. Und im Job war er mehr als einmal gezwungen gewesen, nichts ahnenden Menschen mitzuteilen, dass nun doch das Undenkbare passiert war – ein Unfall, ein Todesfall, eine Verhaftung oder ein anderer Vorfall, der das Leben der Beteiligten für immer verändern würde.
Dank der Schneefälle war die Straße zum Camp nicht einmal mehr mit dem Schneepflug passierbar. Er hatte ein Schneemobil benutzt, das für Tiefschnee geeignet war, und war gezwungen gewesen, das letzte Stück zu Fuß auf Schneeschuhen zurückzulegen. Einer seiner Deputys hatte ihn darauf hingewiesen, dass er Jenny auch per Telefon erreichen könnte, aber das würde Rourke auf keinen Fall tun. Er musste es ihr persönlich sagen.
Als er die Hütte endlich erreichte, hatte die
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