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Das Geheimnis meiner Mutter

Das Geheimnis meiner Mutter

Titel: Das Geheimnis meiner Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Licht auf dem Schnee vor den Fenstern. Das war vermutlich ihre klarste Erinnerung an ihre Mutter, und sie merkte, dass diese Szene sich mehr als einmal abgespielt hatte. Dennoch fehlte irgendwas, etwas, das sie nicht einordnen konnte. Trotz all ihrer großen Träume und Ambitionen, reich zu werden und die Welt zu sehen, ging Mariska immer noch im Winter mit ihrem Vater zum Angeln, wofür sie ein Loch in die Eisdecke auf dem See schlagen mussten.
    Jenny fragte sich, was wohl aus den selbst gemachten Gewichten geworden war. Ob sie wohl noch irgendwo herumlagen und so aussahen wie in ihrer Erinnerung? Vielleicht befanden sie sich immer noch in der Köderbox, unberührt von Zeit und Raum. Schnell zog sie sich Jacke, Handschuhe und Stiefel an und ging zum Schuppen hinüber, in dem die Sachen lagerten, die nach dem Feuer hatten gerettet werden können. Es schneite immer noch, und sie musste ihre Beine ganz schön anheben, um vorwärtszukommen. Rufus tollte um sie herum und pflügte eine Schneise durch die Schneeverwehungen. Für heute und morgen war Schneealarm angesagt, vielleicht auch für länger. Nur wichtige Fahrzeuge wie von Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen sollten unterwegs sein.
    Sie musste mit den Händen erst einmal einen kleinen Graben freilegen, bevor sie die große Schiebetür des Schuppens öffnen konnte. Drinnen ging sie alle Kisten durch, bis sie die gefunden hatte, in der sich die Angelausrüstung ihres Großvaters befand, die unter der Spüle im Wirtschaftsraum hatte gerettet werden können. Sie schleppte sie zur Tür, wo durch den dicht fallenden Schnee ein wenig Licht fiel. Als sie den Deckel öffnete, sah sie wie erwartet einige rostige Haken und geschmolzene Objekte, die wohl einmal Plastikschwimmer und Blinker gewesen waren. Ein paar verformte Bleigewichte hatten das Feuer überlebt, aber die meisten waren geschmolzen, über den Boden der Kiste geflossen und dort wieder hart geworden. Eine Handvoll scharfkantiger Kiesel lag unten in der Kiste. Sie zog sich mit den Zähnen einen ihrer Handschuhe aus und nahm einen Kiesel auf. Nur dass es gar kein Kiesel war. Dazu war es zu rund und symmetrisch. Jenny runzelte die Stirn. Rieb das Teilchen an ihrer Jeans. Zog auch den anderen Handschuh aus und kratzte mit dem Fingernagel darüber. Sie fand ein Filetiermesser und ritzte damit die weiche Legierung ein.
    Ihr Keuchen klang laut und verzweifelt in der schneegedämmten Stille. Sie schloss die Box und lief, so schnell sie konnte, in die Hütte. Das ist verrückt, dachte sie. Komplett verrückt. Sie musste sich irren, das konnte einfach nicht wahr sein. Doch ein kleiner Kern in ihr wusste die Wahrheit.
    Jenny ließ den Hund ins Haus und zog ihre Stiefel und den Parka aus. Dann setzte sie sich an den Tisch und säuberte einige der Steine, so gut sie konnte. Sie versuchte, sich vorzustellen, was zum Teufel der Grund für ihre Mutter gewesen war. Dabei betete sie, dass es irgendeine unschuldige Erklärung gäbe. Aber je mehr Sekunden verrannen, desto misstrauischer wurde sie. Sie überlegte, wie sie Rourke am besten über ihren Fund informieren sollte, ohne dass er sie für eine Irre hielt. Mit zitternder Hand wählte sie seine Büronummer. Sein Assistent sagte, dass er nur in Notfällen zu sprechen wäre.
    „Nein, ein Notfall ist es nicht“, sagte Jenny. „Zumindest nicht so einer. Aber bitte sagen Sie ihm, dass er mich zurückrufen soll, sobald er kann, ja?“ Sie legte auf und rief sofort Nina an, die allerdings auch nicht zu sprechen war. An einem schneereichen Tag haben die öffentlichen Bediensteten anscheinend alle Hände voll zu tun, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, dachte sie. Sie versuchte es in der Bäckerei. Laura hatte angekündigt, dass sie wegen der Witterung vermutlich später öffnen und früher schließen würde als sonst.
    Laura nahm den Anruf persönlich entgegen. „Sky River Bakery.“
    „Ich bin’s, Jenny. Ist alles in Ordnung?“
    „Aber ja“, versicherte Laura mit einem Lächeln in der Stimme. „Ehrlich gesagt haben wir richtig viel zu tun. Nur Mariel Gale und ich haben es geschafft, uns hierher durchzuschlagen, und wir werden nur so überrollt, weil viele Läden heute geschlossen sind. Wie geht es dir?“
    „Hier fällt viel Schnee, aber ansonsten ist alles gut. Hör mal, ist Rourke in der Nähe?“
    „Ich habe ihn noch nicht gesehen.“
    „Nina?“
    „Auch nicht. Was brauchst du denn, Honey?“
    Jenny schluckte schwer und bemühte sich, ihre Stimme sachlich

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