Das Geheimnis unserer Herzen: Roman (German Edition)
war.
Dahinter musste mehr stecken. Niall hatte sich dieses Buch von Vanessa ausgeliehen. Aber sie hatte gesagt, es sei ein Buch über Fossilien, doch Graeme hielt es für ziemlich unwahrscheinlich, dass Niall sich die Zeit nehmen würde, Fossilien zu erforschen. Solomon’s würde jedoch gewiss nicht grundlos misstrauisch geworden sein. Niall hatte sich in letzter Zeit so merkwürdig verhalten, dass Jensen die weite Reise nach Schottland auf sich genommen und um Graemes Hilfe gebeten hatte. Nein, in diesem Buch musste es etwas Interessanteres für Niall geben, als es Vanessa bewusst war.
Sobald Graeme hinter das Geheimnis seines Cousins gekommen wäre, würde er sich wieder auf seine eigenen Interessen konzentrieren können. Und in der Zwischenzeit musste er Vanessa nach London zurückbringen, wo sie in Sicherheit sein würde.
Graeme stieg die letzten Meter des Hügels hinauf und näherte sich der Burg. Der größte Teil der Außenmauer war unversehrt, aber der Bau selbst bestand fast nur noch aus zerfallenen Mauern und dem Turm, der teilweise noch erhalten war. Der Eingang zu den Höhlen lag tief im Inneren dieser Ruinen.
Graeme bewegte sich leise, aber schnell. Er wollte hier fertig sein, bevor seine Frau erwachte und merkte, dass er sie allein gelassen hatte – und er wollte verhindern, dass Niall ihn entdeckte. Nachdem sein Cousin in den frühen Morgenstunden am Haus von Graemes Familie vorbeigeschlichen war, hatte Graeme eine Viertelstunde abgewartet, bevor er ihm gefolgt war. Niall war ein talentierter Forscher, sonst wäre er bei Solomon’s nie als Mitglied aufgenommen worden, und es war durchaus möglich, dass er nach etwaigen Verfolgern Ausschau hielt.
Graeme stieg über die eingestürzte Mauer, ging um die Überreste eines Bogengangs herum und stand vor der Ruine von Castle Urquhart. Er hatte dieses alte Gemäuer schon als kleiner Junge geliebt, denn trotz seines schlechten Zustandes sah es noch immer wie eine über den See wachende Festung aus. Es gab noch einen anderen Eingang zu den Höhlen, unterhalb der Burg und oberhalb der Felsenküste, an den allerdings nur schwer heranzukommen war. Doch genau in diese Richtung war Niall gegangen.
In einem der wenigen Räume der Burg, die noch vier Wände hatten, ging Graeme zu einer steinernen Treppe und begann den Abstieg.
Am Fuß der Treppe angelangt, bog er in einen Tunnel zu seiner Linken ein. Anfangs erinnerte der Bereich an einen steinernen Gang, doch je weiter man ging, desto schmaler wurde er, bis Graeme sich in der Höhle wiederfand. Hier gab es keine von Menschenhand hergestellten Ziegelsteine mehr, sondern nur noch die natürlichen, moosbewachsenen Wände einer Höhle. Die Luft, die Graeme nun atmete, war kalt und roch muffig nach dem kalksteinhaltigen Fels.
Er drang tiefer in die Dunkelheit vor und stellte zufrieden fest, dass Niall schon einige der Wandfackeln angezündet hatte. Sie waren so weit voneinander entfernt, dass das Licht nur spärlich war und gerade genug Helligkeit verbreitete, um weitergehen zu können. Graeme war froh über die Fackeln, obwohl er seine eigene Laterne mitgebracht hatte, die mit einigen Werkzeugen und einer Waffe in dem Rucksack steckte, den er über seiner Schulter trug.
Ein leises Poltern ertönte von irgendwo hinter ihm, und dann lösten sich mehrere Steine aus der Wand und zerbrachen auf dem Boden. Jemand folgte ihm . Graeme blieb stehen, drückte sich an die feuchte Höhlenwand und horchte. Es waren eindeutig Schritte, die er in dem Tunnel hinter sich vernahm.
Der Partner seines Cousins vielleicht? Graeme setzte seinen Weg fort und versuchte, seinen Vorsprung vor dem Verfolger zu vergrößern. Je tiefer er in die Höhle eindrang, desto kälter wurde die Luft. Ein Luftzug erfasste ihn, und die Fackeln, die ihm am nächsten waren, erloschen und ließen ihn in absoluter Finsternis zurück. Wieder drückte er sich an die Höhlenwand und wartete. Die Schritte kamen näher.
Graeme atmete nur noch ganz flach und langsam, während der Verfolger sich näherte. Ein weiterer Luftzug traf Graeme, als die Person an seinem Versteck vorbeiging. Blitzschnell packte er sie und schleuderte sie gegen die Höhlenwand.
Bei dem Aufprall stieß die Person ein Stöhnen aus, das unverkennbar weiblich war. Auch die Arme unter seinen Händen fühlten sich viel zu schmal und weich für einen Mann an.
»Mann! Das hat wehgetan«, sagte sie leise.
»Vanessa!«, flüsterte er. »Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht, mir
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