Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
Vom Netzwerk:
wallte in ihm ein Zorn gegen diese Spießerwelt auf. Akribisch wie er war, hinterfragte er diesen seinen Ausbruch. War es Neid? Oder bloß die desillusionierende Gewißheit, daß die Wege des Menschen innerhalb der jeweiligen Gesellschaftsformen vorgezeichnet und keine fundamentalen Abweichungen mehr möglich waren?
    Ein fulminantes „Scheiß der Hund drauf“ war das Ergebnis seiner inneren Einkehr. Er hatte keinen Bock mehr. Auf nichts und niemanden. Selbst die Lust zum Töten war abhanden gekommen. Er wußte, egal wie der Tag ausging, keine noch so geartete Form von Freude würde sein Leben je wieder ausfüllen können.
    Doch wenn er eines gelernt hatte in all den Jahren der Öde, so war es, auf Automatismus zu schalten. Er ging zurück ins Bad und holte die Schminkutensilien, die er sich peu à peu zugelegt hatte und die ihrer Bestimmung harrten. In der kommenden Nacht wollte er so juvenil als irgend möglich aussehen. Selbst die Klamotten hatten nur diese eine Bestimmung. Lediglich beim Kauf hatte er sie anprobiert. Noch waren sie in den Originaltüten der verschiedenen Modehäuser verpackt. Einmal die Zeil rauf und runter und alles war beisammen gewesen.
    Eigentlich hatte sein Plan für heute vorgesehen, ausgiebig zu joggen, um seinen vibrierenden Nerven Herr zu werden. Aber komischerweise schienen diese ja in Ordnung zu sein, so nahm er davon wieder Abstand. Statt dessen beschloß er, dem Oberräder Friedhof einen möglicherweise letzten Besuch abzustatten. Er war nicht blauäugig. Wer weiß, was in der kommenden Nacht alles schieflaufen konnte, zumal der Tatort am Kuhhirtenturm alles andere als ideal war.
    Er ging in die Küche und schmierte sich eine Stulle. Und während er dieser Tätigkeit nachging, reifte ein neuer Plan in ihm. Jens Auer sollte selbst entscheiden, ob er in vierundzwanzig Stunden noch am Leben war oder nicht. Ein Plan, der an Diabolik kaum noch zu überbieten war, wie er fand.
    Er schnippte mit den Fingern und grinste, so begeistert war er von seiner Idee. Was für ein herrlicher Tag.
    – Ende der Rückblende –
    Es roch schwer nach einem reinigenden Gewitter, als Herr Schweitzer sein linkes Äuglein probehalber öffnete. Die Digitalanzeige von Marias Wecker verriet ihm, ausreichend geschlafen zu haben. Durch einen Spalt im Vorhang erspähte er einen pechschwarzen Himmel. Dunkle Wolken wurden durch einen kräftigen Wind vorangetrieben. Der Buxus sempervirens (von alten und jungen Nicht-Lateinern auch Buchsbaum genannt) vorm Fenster wurde hin und her geschüttelt. Maria schlief noch. Im Gegensatz zu ihm kam sie meist ohne Mittagsschläfchen über die Runden.
    Auf dem Weg in die Küche schlurfte er am Spiegel vorbei. Kurz blieb Herr Schweitzer stehen und guckte, noch war sein neuer Haarschnitt auch für ihn ungewohnt.
    Die Uhr schlug zwölf, als der letzte Tropfen Wasser durch die Kaffeemaschine lief. Während er das letzte Stückchen Banane zerkaute, gab er den Code in sein Handy ein. Im Handumdrehen erschien die Nachricht, Felix Melibocus habe auf die Mailbox gesprochen. Das hat jetzt aber noch Zeit, sagte sich Herr Schweitzer und gab Zucker in die Tasse. Er hatte einen kleinen Kater, kaum der Rede wert.
    Erst nachdem die zweite Fuhre Koffein seine Lebensgeister wiederbelebt hatte, hörte er die Nachricht ab. Der Herausgeber klang sehr aufgeregt. Mit fast schon sich überschlagender Stimme teilte er ihm mit, er, Felix, habe fast die ganze Nacht durchmalocht, die Sache mit dem Foto habe ihm partout keine Ruhe gelassen. Bis um sechs in der Früh habe er geschuftet wie ein Berserker, und – „mein lieber Simon, du glaubst es kaum“ – das Ding sei gestochen scharf und außer dem Nummernschild der Taxe könne man den Esterházy neben dem Abschleppwagen stehen sehen. „Was sagst du dazu, bin ich nicht klasse?“
    Herr Schweitzer konnte Melibocus’ Euphorie nicht teilen, zu viel Neues hatte er gestern im Weinfaß erfahren, wovon der Herausgeber natürlich noch nichts wissen konnte. Esterházy war so gut wie abgehakt respektive es kümmerte sich die Kripo um den Restverdacht. Obendrein hielt er Melibocus’ Darstellung, wie ein Berserker geschuftet zu haben, für reichlich übertrieben. Ein Mensch konnte nicht von heute auf morgen, so mir nichts, dir nichts, eine 180-Grad-Kehrtwendung vollziehen. Vom Arbeitsallergiker zum Workaholic, das hätte Felix’ Herz gar nicht ausgehalten. Kaum jemand hätte dies besser beurteilen können als Herr Schweitzer.
    Trotzdem beschlich ihn ein

Weitere Kostenlose Bücher