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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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einem Auftragskiller?“
    „Oh, gibt es einen?“ Melibocus war ganz Ohr.
    „Die Frage war falsch formuliert. Sorry.“
    „Und wie lautet die richtige Formulierung?“
    „Dann weißt du also noch nicht, daß es wahrscheinlich keinen Auftragskiller gibt. Aber auch hier gilt nach wie vor: Nichts Genaues weiß man nicht. Die Kripo hat ihre Untersuchungen zwar in diese Richtung gelenkt, aber bisher haben sie nichts entdeckt, was Esterházy belasten könnte.“
    „Vielleicht ist dieser Typ ja cleverer, als wir alle denken. So was soll vorkommen. Hier, das Foto. Habe ich zuviel versprochen? Scharf wie ein Rettich.“
    Außer dem Abschleppwagen und dem Taxi waren acht Personen abgebildet. Der Fahrer des gelben Wagens, drei Polizisten und vier Zivilisten. In dem Mann am rechten Bildrand erkannte Herr Schweitzer problemlos den Taxler Jens Auer. Blieben drei, aber keiner von denen sah dem Phantombild auch nur annähernd ähnlich. Da er aber nun bereits des öfteren gehört hatte, der Esterházy sei ungeheuer dick gewesen, besah er sich den einzigen, der dafür in Frage kam, etwas genauer. „Nie und nimmer ist das das Männeken vom Phantombild“, lautete auch sein Gutachten.
    „Meine Rede. Was schlägst du also vor, werter Meisterdetektiv?“
    Herr Schweitzer täuschte intensives Grübeln vor. In den Stirnfalten hätte man getrost einen Bleistift verstecken können. Seine Mundwinkel waren bizarr verzerrt. Geräuschvoll sog er Luft durch ein kleines Loch zwischen Lippen und Zähne.
    Zwanzig Sekunden hielt diese Prozedur an, dann erst bequemte er sich zu der Aussage: „Ich habe da aber ganz klare Vorstellungen, wie’s weitergehen soll.“
    Melibocus trommelte mit den Fingern auf dem Schreibtisch.
    „Du, Felix, schreibst am besten deinen Artikel über die Brunnenkönigin fertig. Wer ist es denn dieses Jahr?“
    „Alexandra die Erste. Ein echter Feger. Und weiter?“
    „Und während du schreibst, könnte ich zum Beispiel ein kleines Schläfchen halten. Alternativ dazu …“
    „Ich wußte es, alles andere hätte mich auch enttäuscht. Na, dann schieß mal los, mein lieber Simon. Alternativ dazu …“
    … machte Herr Schweitzer einen auf Ernährungsberater: „Bevor wir weiterhin bloß unsere Zeit mit diesem Mord vergeuden, laß uns doch zum Dautel gehen. Die haben heute Wildgulasch mit Knödeln als Tagesmenü. Ich lade dich ein.“
    „Dazu gibt’s einen kleinen Beilagensalat, wie ich vorhin beim Vorbeilaufen gelesen habe.“
    „Stimmt.“ Das hatte Herr Schweitzer glatt vergessen.
    Die beiden hatten ganz offensichtlich die gleichen Vorstellungen von dieser Welt.
    – Rückblende –
    „Hier ist Müller. Der Müller aus dem Goldbergweg. Können Sie mich heute nacht um ein Uhr abholen? Ich warte an der Ecke zur Buchrainstraße. Es geht nach Sachsenhausen.“
    Den Geräuschen nach zu urteilen, war Jens Auer gerade am Fahren. Die Verbindung ließ zu wünschen übrig. Als Esterházy die Auftragsbestätigung erhalten hatte, legte er den Hörer auf die Gabel des einzigen noch funktionierenden öffentlichen Telefons in Oberrad.
    Zurück wählte er den Weg über die Balduinstraße, vorbei an der östlichen Außenmauer der Theologischen Hochschule Sankt Georgen, die dort vor dreiundachtzig Jahren ihren Betrieb aufgenommen hatte.
    Der ausgedehnte Spaziergang vermochte seiner Gedankenleere keine neuen Impulse zu versetzen. Nicht einmal der pittoreske Sonnenuntergang, der sich unter anderem auch in den gläsernen Hochhäusern der Frankfurter Skyline spiegelte, beeinflußte seine Gefühle. Karel Esterházy war schon seit Tagen nicht mehr er selbst. Er fühlte sich wie tot. Sein Besuch auf dem Friedhof hatte dies nur verstärkt. Kein erneut aufkeimender Haß hatte sich seiner bemächtigt.
    Seine Nachbarin, Stewardeß der schwedischen Fluglinie SAS, wußte um den Tod seiner Frau. Sie hielt ihm die Tür auf, als er kurz nach ihr die Haustür erreichte. Schon lange hatte sie es aufgegeben, mit dem seltsamen Herrn aus dem dritten Stock ins Gespräch zu kommen. Auch dessen Frau war zu Lebzeiten mehr als wortkarg gewesen. Mehr als ein Guten Tag oder Guten Abend, je nach Tageszeit, war nie zustande gekommen. Doch diesmal erwiderte er ihren Gruß nur mit einem geistesabwesenden Nicken. Armer Kerl, dachte sie, als sie ihren Wohnungsschlüssel ins Schloß steckte und ihm nachblickte, wie er mit gesenktem Kopf nach oben ging. Als Linda ihren Koffer abstellte, hatte sie ihn bereits vergessen.
    Auch Esterházys Geschmacksnerven stellten

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