Das Geheimnis von Compton Lodge
Richtung Tür und verlieà den Pub. Mein Gefährte nahm sein Notizbuch heraus und schrieb die Uhrzeit nieder, es war elf Uhr fünfzehn.
»Lassen Sie uns zur Kathedrale fahren. Beginnen wir also mit dem Schatz, der im Jahre 1874 gestohlen wurde und wie von Geisterhand eineinhalb Jahre danach wieder aufgetaucht ist.«
Holmes lieà den Hansom in der Kingâs Street halten, die eine StraÃenecke von der Kathedrale entfernt lag. Schnellen Schrittes und wegen der hochgezogenen Krägen samt Schals und Mützen kaum zu erkennen, waren wir schon kurz darauf in dem imposanten Gotteshaus verschwunden. Er wies mir den Weg zum nördlichen Seitenschiff, von wo aus eine Treppe hinunter zur Krypta führte. Hier standen wir vor einem schweren Gittertor.
»Sie wollen doch nicht etwa hier ⦠am helllichten Tag?«
»Nein, Watson«, er schien sichtlich amüsiert, »dieser Ort ist sehr gut gesichert, es würde selbst einen nicht unwesentlich befähigten Experten wie mich einige Zeit kosten, hier einzudringen. Ich wollte Ihnen einfach etwas sehr Wesentliches demonstrieren, das in der letzten Konsequenz nur eine Lösung zulässt. Sie denken doch auch, dass es einige Erfahrung, das rechte Werkzeug und Zeit brauchen würde, um diese Tür zu öffnen?«
Ich stimmte zu und wollte von ihm wissen, was sich denn in der Krypta verbarg.
»Von dort aus gelangt man in die Schatzkammer, wo sich â wie ich bereits erwähnte â Silber- und Goldgeschirr und ein bedeutender Goldschatz befindet, der zudem von unersetzlichem ideellen Wert für die Anglikanische Kirche ist. Jetzt, da wir den Ausgangspunkt aller Ereignisse fest im Auge haben, können wir endlich mit der Beweisaufnahme beginnen. Wohin also?«
Ich wusste nichts zu antworten. Holmes stürmte die Treppen nach oben. Es war wirklich kaum zu glauben, welche Energie er in bestimmten Situationen zu entwickeln imstande war. Als ich neben ihn an den Fuà der Kanzel trat, sah er mich an und sagte mit ernster Stimme:
»Die Konstellation ist wirklich eine auÃergewöhnliche. Kommen Sie, Watson, die Jagd ist eröffnet.«
XIV. Pfarrer John S. Minster von Broad Oak
»Wohin jetzt, Holmes?«, fragte ich ihn, als wir, in einer Kutsche sitzend, zurück zu unserem eigenen Gefährt gebracht wurden.
»Nach Broad Oak. Sie erinnern sich doch an den Geistlichen, der mit gespaltenem Schädel am Strand in der Nähe von Herne Bay gefunden wurde? Der Pfarrer von Broad Oak wird uns sicherlich ein paar Details über seinen ermordeten Kollegen John S. Minster verraten können. Sie wissen ja, wie das auf dem Land üblicherweise abläuft. Selbst wenn er kein Interesse am Schicksal seines Vorgängers gehabt hat, ist ihm doch einiges über ihn von seiner Gemeinde zugetragen worden.«
»Je weniger Interesse er gezeigt hat, desto mehr hat er erfahren«, fügte ich lachend hinzu.
»Genau, mein Lieber, so ist es!«
Wir fuhren in nordöstliche Richtung und kamen recht bald auf die Broad Oak Road, die wenige Meilen auÃerhalb Canterburys in Richtung Meer abbog und uns in das Dorf brachte. An der DurchgangsstraÃe lag linker Hand das Pfarrhaus. Holmes achtete darauf, die Kutsche in einem schmalen Weg abzustellen, der von der StraÃe nicht direkt einzusehen war. Wir klopften an die Eingangstür und eine ältere, zerbrechlich aussehende, zuvorkommende Dame öffnete uns die Tür. Es war zweifelsohne die Pfarrhaushälterin. Sie stellte sich als Mrs. Laud vor, bat uns herein und bemerkte, dass Pfarrer Stepright nur kurz in die Kirche gegangen sei, um etwas vorzubereiten. Wir könnten derweil in seinem Studierzimmer warten, sie bringe uns etwas Tee.
Es dauerte nicht einmal zehn Minuten, bis ein ebenfalls ergrauter, dicklicher Mann in die Stube trat und uns freundlich lächelnd begrüÃte. Gleich hinter ihm ging Mrs. Laud, die auch für den Pfarrer eine Tasse vorbereitet hatte, was dieser mit einem Schmunzeln registrierte.
»Sie nehmen doch auch Tee?«, bemerkte sie und stellte die Tasse vor ihn, noch ehe der Kirchenmann hatte antworten können. Es dauerte ein paar Minuten, bis alle Geschirrteile zu Mrs. Lauds Zufriedenheit platziert waren, dann begutachtete die alte Dame noch einmal deren Anordnung und verlieà das Arbeitszimmer. Wir stellten uns kurz vor. Dem Pfarrer war Holmesâ Name ein Begriff, und er beglückwünschte ihn zu seinen Erfolgen. Nach einem
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