Das Geheimnis von Compton Lodge
nicht Jason Butler. Mich verunsicherte die Vielzahl an offenen Fragen zunehmend. Was war damals auf Compton Lodge geschehen? Und wieso war Admiral Butler von der einen auf die andere Sekunde spurlos verschwunden, ohne dass es auch nur einen Hinweis auf ihn gegeben hatte? Was war das für eine Bruderschaft, die wohl offenkundig in Verbindung mit der Kirche stand und der, wenn ich meinen Gefährten richtig verstanden hatte, auch Andrew Jeffries angehörte?
Hatte mein GroÃvater etwas damit zu tun, oder gar der Admiral? Meine Vermutungen wurden zugegebenermaÃen immer aberwitziger. Holmes hatte angedeutet, dass er wisse, wie die Fäden miteinander verwoben seien. Was nur war der Grund, dass er mit Butler ein weiteres Mal Compton Lodge aufsuchen wollte?
Es hatte aufgehört zu regnen, als wir auf die StraÃe traten. Wenig später bog der Detektiv auf dem Kutschbock sitzend mit dem Einspänner um die Ecke. Als wir das Anwesen erreichten, hielt er dieses Mal auf dem Vorplatz und lieà die Kutsche weithin sichtbar dort stehen. Wir stiegen ab und liefen um das Haus herum, bis wir zu dem bereits mehrfach erwähnten Küchenfenster kamen. Butler hatte mit zwei schnellen Griffen die Holzplanke entfernt und das Fenster geöffnet. Wie schon die beiden Mal zuvor drangen wir durch die Küche ins Haus ein. Holmes entzündete seine Blendlaterne und ging auf direktem Weg in den ersten Stock in Sir Edwards Raucherzimmer. Er blieb neben dem Spiegel stehen und wartete, bis Butler zu ihm aufgeschlossen hatte.
»Können Sie mir etwas darüber sagen?«
»Nein, ich könnte Ihnen weder sagen, wie alt er ist, noch was er für eine Funktion erfüllt.«
»Sie gehen richtigerweise davon aus, dass er eine Funktion erfüllt.«
»Warum sonst würde er noch hier hängen?«
Etwas am Verhalten meines Freundes machte mich stutzig, wollte er Butler testen? SchlieÃlich nahm Holmes das antike Stück von der Wand.
»Einfach und naheliegend. Und dennoch wäre ich nicht darauf gekommen«, bemerkte unser Begleiter.
»Ich habe schon einmal lange davorgestanden, aber ohne eine Idee zu haben, was zu tun ist. Jetzt habe ich einfach gehandelt, und es hat funktioniert«, log mein Gefährte und drückte den Knopf in der Wandvertiefung. Es klickte und wie schon beim ersten Mal klappte eines der Paneele auf.
»Ich gehe voran«, sagte der Detektiv, griff nach der Lampe und verschwand in dem geheimen Zimmer. Butler sah mich ein wenig ratlos an und folgte Holmes schlieÃlich. Es brauchte einen Moment, bis mir klar wurde, dass ich in jedem Fall die Waffe griffbereit haben sollte. Als ich durch die Tür treten wollte, hörte ich einen Aufschrei und einen lauten Knall, bei dem sowohl ein Teil der Spiegel als auch die Lampe zu Bruch gegangen sein mussten, denn auf einmal war es stockdunkel. Ich ging zur Seite und zog meine Waffe; ich hatte erwartet, dass entweder mein Gefährte Entwarnung geben oder Butler aus dem Zimmer gerannt kommen würde, aber nichts geschah.
»Holmes!«, rief ich in die Stille, »Holmes, ist alles in Ordnung?«
Ich konnte auf keinen Fall ohne Licht hineingehen. Was war mit Butler? Auch er reagierte nicht auf mein Rufen. Nach und nach gewöhnte ich mich an die Dunkelheit, und es war mir möglich, die Konturen des Zimmers zu erkennen. Ich tastete mich die Treppe hinunter in die Küche, wo ich auf einem der Fensterbretter einen Kerzenstummel und Streichhölzer fand. Wieder zurück vor dem geheimnisvollen Zimmer zündete ich die Kerze an und betrat es mit dem entsicherten Revolver im Anschlag. Der Boden war mit Scherben übersät und inmitten dieser lag bewusstlos mein Freund und Gefährte. Ich blieb stehen und kontrollierte den Raum â die Tür, die den hinteren Teil des geheimnisvollen Zimmers verbarg, war noch oder wieder verschlossen worden. Die Spiegel auf der gegenüberliegenden Längsseite der Wand waren teilweise zerschlagen worden. Butler musste in dem kleinen angrenzenden Raum sein. Ich beugte mich, die Schiebetür im Auge behaltend, zu Holmes herunter und kontrollierte eine kleinere blutende Kopfwunde, die ohne jeden Zweifel durch das herumfliegende Glas verursacht worden war. Das Hämatom auf seiner Stirn war beachtlich und schien von einem schweren Gegenstand herzurühren. Ich zog den Bewusstlosen hoch, schüttelte ihn leicht und versetzte ihm abwechselnd kurze Schläge auf die rechte und linke
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