Das Geheimnis von Compton Lodge
Krypta gelegt worden sein?«
»Sie werden es nicht glauben, aber man hat ihn in einem Leinensack auf der Treppe des Bischofssitzes gefunden. Erstaunlich, nicht wahr?«
»Wie ein Findelkind! Das macht doch keinen Sinn.«
»Nein, das tut es wirklich nicht.«
»Woher wissen Sie das alles?«, wollte ich von ihm wissen.
Er ignorierte meine Frage und fing an darüber zu philosophieren, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass es innerhalb der nächsten Stunde zu einem Wolkenbruch komme. Wir bogen auf die EingangsstraÃe nach Fordwich ein. Am Ende des Dorfes lag unser Gasthof. Mich lieà die Frage nicht los, woher Holmes die Informationen hatte, vor allem, wenn es keine Akten darüber bei der Polizei gab? Als wir die Kutsche abgestellt hatten und das Inn betraten, war schon das erste grollende Donnern zu hören. Mein Gefährte schlug vor, uns zurückzuziehen, was wir auch taten. Nachdem wir uns frisch gemacht hatten, öffneten wir die Balkontür, warfen uns Decken über und setzten uns im Zimmer auf zwei Stühle. Der Regen peitschte regelrecht vom Himmel und immer wieder zuckten Blitze durch die Luft.
»Was fragten Sie mich vorhin, Watson? Ach so, ja. Woher ich die Informationen über die Bande habe? Sie waren anwesend, mein Lieber, als ich sie fand. Aber kommen wir zu dem eigentlichen, deutlich wichtigeren, weil aktuellen Fall: der Tod des Bischofs. Ihn sollen zwei Männer erschlagen haben, das behauptet zumindest Dr. Smithers. Ich kann dieser These nicht zustimmen. Wenn überhaupt, dann hat jemand bewusst versucht, diesen Eindruck zu vermitteln. Aber selbst soweit würde ich nicht gehen wollen.«
Ich verstand nicht, worauf er anspielte.
»Die Schläge sind, wie ich Ihnen ja bereits angedeutet habe, höchst instruktiv und sprechen eine deutlich Sprache. Nur muss man sie richtig zu deuten wissen. Unser Mörder verrät einiges über seinen Charakter, wenn ich das einmal so sagen darf.«
Es klopfte an unserer Tür. Holmes sprang auf, ging an unseren Schrank und zog völlig überraschend meinen Armeerevolver heraus und steckte ihn mir zu. Ich entsicherte ihn und lieà das SchieÃeisen unter der Decke verschwinden.
»Einen Moment noch«, rief Holmes und sah mich kurz mit ernster Miene an. Ich war verwirrt, doch es gelang mir, mich zu fangen. Mein Gefährte riss die Tür auf; ich weià nicht, wen er erwartet hatte, aber er schien sichtlich erleichtert, Jason Butler dort stehen zu sehen.
»Kommen Sie doch herein!«
Ich begrüÃte unseren Gast ebenfalls. Holmes stellte einen Stuhl in unsere Mitte und bat Butler, sich zu setzen. Dieser sah müde aus.
»Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, wollte ich wissen.
»Es geht mir wieder besser, die Ermordung meines Onkels hatte mich sehr mitgenommen. Haben Sie denn schon eine Spur?«, fragte er und wandte sich an Holmes.
»Eine Spur vielleicht, aber die Zusammenhänge sind sehr komplex«, gab ihm dieser zur Antwort.
»Konnten Sie etwas über meinen Vater herausfinden?«
Holmes zögerte einen Moment, was mir zeigte, dass er mehr wusste, als er zu sagen gewillt war.
»Sie werden in Kürze die ganze Geschichte erfahren, gedulden Sie sich noch ein wenig.«
Butler schien ein wenig enttäuscht, fing sich aber gleich wieder.
»Die Sache mit unserem Stallburschen bedrückt mich, ich kann mir einfach keinen Reim darauf machen, warum er meinen Onkel ermordet haben soll. Wissen Sie, dieser Bursche ist gottesfürchtig. Einen hochrangigen Mann der Kirche zu töten, das scheint mir bei ihm nahezu ausgeschlossen. Können Sie denn nichts für ihn tun, Mr. Holmes?«
»Machen Sie sich keine Gedanken, er ist unschuldig, und das werde ich auch beweisen.«
Der berühmte Detektiv hatte seinen Blick nach drauÃen auf das Unwetter gerichtet und zeigte keine Regung. Butler sah mich fragend an. Wir schauten ebenfalls hinaus in das nun abflauende Gewitter. SchlieÃlich stand mein Gefährte auf und ging ohne etwas zu sagen auf den Balkon hinaus.
»Haben Sie Zeit, um mit nach Compton Lodge zu kommen? Wir müssten uns gemeinsam etwas ansehen«, rief er unserem Gast zu.
»Wenn es Ihnen bei den Nachforschungen hilft, natürlich.«
»Sehr gut! Wir machen uns in fünf Minuten auf den Weg. Butler, Sie fahren mit uns.«
Es gelang mir, die Waffe ungesehen vom Stuhl in meinem Mantel zu manövrieren. Wen hatte Holmes erwartet? Sicher
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