Das Geheimnis von Digmore Park
Ich musste nur ein Blatt Papier unterschreiben, und schon war der Geldverleiher zufrieden. Er räumte Linworth eine weitere Frist von einem Monat ein, und Henry versprach mir hoch und heilig, den Betrag bis dahin zurückzuzahlen. Wie hätte ich denn wissen sollen, dass seine Angaben nicht der Wahrheit entsprachen? Er ist doch mein Freund, er ist ein Ehrenmann!“
Elizabeth schnaubte unwillig. Nach alldem, was sie über den sauberen Lord Linworth erfahren hatte, war er vielleicht ein Edelmann, aber ein Ehrenmann war er mit Sicherheit nicht.
„Weißt du überhaupt, was eine Bürgschaft ist?“
Ihr Bruder zuckte mit den Schultern. „Nicht genau, Lizzy. Du weißt, von finanziellen Dingen verstehe ich nichts. In Eton lernen wir Latein und die griechischen Heldensagen. Das Wort Bürgschaft habe ich dort noch nie gehört.“
Elizabeth, die von ihrem Vater und Mr. Barnsley in allen Belangen der Verwaltung unterrichtet worden war, wusste da schon besser Bescheid.
„Wann ist der Monat um? Wie lange hat Linworth noch Zeit, das Geld zu beschaffen?“
Billys Antwort überraschte sie nicht wirklich. „Das ist ja das Dumme, Elizabeth. Die Frist läuft morgen ab. Linworth hatte so gehofft, noch vorher bei seiner Tante eingeladen zu sein, denn er verspricht sich sehr viel von diesem Besuch. Tante Maria ist seine absolute Lieblingstante, und sie hat ihm schon vor Jahren versprochen, ihm einen größeren Geldbetrag zu vermachen, wenn sie dereinst stirbt.“
Das wurde ja immer schöner! Nicht nur, dass seine Lordschaft nicht davor zurückscheute, das Vertrauen eines Jugendlichen zu missbrauchen, er missbrauchte auch das Vertrauen seiner Tante.
„Aha, die Tante wird ihm einen größeren Betrag vererben“, sagte sie, und ihre Stimme klang harmlos, „hat sie denn vor, noch rechtzeitig vor dem morgigen Zahltag das Zeitliche zu segnen?“
Billy hielt erschrocken die Luft an. „Elizabeth! So habe ich das doch nicht gemeint! Linworth ist sich sicher, dass seine Tante ihm das Geld bereits vor ihrem Tod schenkt. Heißt es nicht immer, es sei viel schöner, mit warmen Händen zu geben?“
„Wenn ich dich recht verstehe, Billy, dann hat sie ihm bisher aber noch nichts gegeben. Linworth hat in Wirklichkeit keine Ahnung, woher er das Geld nehmen soll. Außerdem bin ich mir sicher, dass enorme Zinsen anfallen.“
Billy schüttelte unwillig den Kopf. „Davon verstehst du nichts. Es geht hier nicht um Zinsen, es geht darum, dass ich einen Freund nicht im Stich lassen kann. Morgen ist Zahltag, und wenn Linworth nicht am vereinbarten Treffpunkt auftaucht, dann geht es seinem Pferd an den Kragen, wenn nicht gar ihm selbst.“
„Das hätte sich der feine Herr früher überlegen müssen!“
„Aber verstehst du denn nicht, Lizzy?! Dem Geldverleiher ist zuzutrauen, dass er hier auf Portland Manor erscheint! Dass er uns alle bedroht, Lizzy! Das kannst du doch nicht zulassen, oder? Stell dir vor, Mama erfährt davon …“
Seine Stimme klang flehentlich, nun war er nicht mehr der junge Herr, der sich gegen die Autorität seiner älteren Schwester auflehnte. Nun war er wieder ihr kleiner Bruder, den sie zeit seines Lebens beschützt hatte. Es schien, als habe er ihren Schutz nun besonders nötig, denn die Lage, in der er sich befand, war alles andere als erfreulich.
„Für welchen Betrag hast du denn gebürgt, Billy? Wie viel Geld können sie von dir verlangen, wenn Linworth nicht zahlt?“
„Ich habe dir die Summe doch schon genannt“, meinte er kleinlaut. Elizabeth konnte es nicht fassen. „Du hast für den gesamten Betrag gebürgt? Über so eine Riesensumme verfügen wir doch gar nicht, Billy! Woher sollen wir denn das Geld nehmen?“
„Ich wollte doch die vier Grauen verkaufen. Leider hatte in Lord Deverells Gesellschaft niemand Interesse, sie zu erwerben.“
„Was auch immer die Pferde einbringen, das reicht bei Weitem nicht aus, um den Geldverleiher zufriedenzustellen. Wir müssen Land verkaufen, Billy, ist dir das bewusst? Viel Land sogar!“
Elizabeth war aufgesprungen und wanderte nun unruhig im Büro auf und ab. Sie konnten doch nicht den Grundbesitz ihrer Väter verkaufen, um für die Spielschulden von Lord Linworth einzustehen!
„Er gibt es uns zurück, Lizzy, er hat es mir fest versprochen. Ein Freund würde mich doch nie im Stich lassen, nicht wahr, Lizzy, was denkst du?“
„Ein Freund würde dich nie im Stich lassen“, bestätigte Elizabeth bitter, „Linworth mit Sicherheit schon.“
Billy getraute sich
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