Das Geheimnis von Ella und Micha: Ella und Micha 1 - Roman (German Edition)
aufs Bett und lasse Arme und Beine über die Kanten baumeln. »Die da drüben hat nichts mit einer Wohnheimfeier gemeinsam. Michas Partys sind eher die Sorte, nach der man morgens ohne Schuhe und mit einem Tattoo auf dem Rücken auf einer Parkbank aufwacht und sich nicht mehr daran erinnern kann, was in der Nacht passiert ist.«
»O mein Gott, bist du so zu deinem Tattoo gekommen – das, von dem du mir nie verraten willst, was es bedeutet?« Sie legt sich neben mich aufs Bett, und wir beide starren zu dem Chevelle-Poster an meiner Decke.
»Es bedeutet ›unendlich‹.« Ich zupfe mein Top nach unten, um das Tattoo auf meinem unteren Rücken zu bedecken. Dann lege ich den Arm über die Stirn. »Außerdem mache ich kein Geheimnis daraus, sondern erinnere mich schlicht nicht mehr, wie ich zu dem Ding kam.«
Sie macht ein trauriges Welpengesicht und klimpert mit den Wimpern. »Bitte, bitte, bitte! Das könnte meine einzige Chance sein, auf so eine Party zu gehen. Die bei mir zu Hause bestehen aus Limousinen, Abendkleidern, Smokings und jeder Menge Champagner.« Als ich nicht reagiere, sagt sie: »Du bist mir was schuldig.«
»Wofür das?«
»Weil ich dich hergefahren habe.«
»Bitte, zwing mich nicht, da runterzugehen«, flehe ich mit gefalteten Händen. » Bitte! «
Sie rollt sich auf den Bauch und stützt sich auf die Ellbogen auf. »Er ist dein Exfreund, oder? Du hast gelogen. Wusste ich es doch. Keiner zeichnet jemanden so, den er nicht geliebt hat.«
»Micha und ich waren nie zusammen«, beharre ich genervt. »Wenn du unbedingt sehen willst, wie diese Partys sind, gehe ich mit dir hin, aber ich bleibe höchstens fünf Minuten.« Ich gebe nach, weil ich selbst neugierig auf die Welt bin, die ich hinter mir gelassen habe.
Lila klatscht aufgeregt in die Hände, quiekt und starrt wieder aus dem Fenster. »Ach du Schande! Drüben steht einer auf dem Dach!«
Man sagt, Neugier ist der Katze Tod. »Dann komm, Party Girl. Bringen wir es hinter uns.«
Bis vor ungefähr fünfzehn Jahren war diese Stadt ein anständiger Ort gewesen. Dann schloss die Fabrik, in der praktisch alle gearbeitet hatten. Die Leute wurden entlassen, und damit begann der Abstieg. Heute ist das hier ein Höllenloch. Die Häuser auf der anderen Straßenseite sind mit Graffiti beschmiert, und ich bin ziemlich sicher, dass mein Nachbar in seiner Garage Schnaps brennt – oder es zumindest getan hat, bevor ich wegging.
In Michas Haus stehen die Gäste bereits in der Diele dicht an dicht. Ich drängele mich zur Küche durch, wo noch mehr Leute sind. Auf dem Tisch stehen ein Fass und genug Flaschen, um einen Schnapsladen zu eröffnen. Es riecht nach Schweiß, und einige Mädchen tanzen auf den niedrigen Küchenschränken. Im Wohnzimmer knutschen Leute in den Ecken, wo die Sofas hingeschoben wurden, um Platz für die Band zu machen. Die Instrumente heulen, und es werden Texte von Schmerz und Missverständnis geschrien. Mich wundert, dass Micha nicht dabei ist.
»Ach du Schande. Das ist ja …« Lila starrt mit tellergroßen Augen auf die Leute, die im Wohnzimmer auf und ab springen, mit den Armen wedeln und ihre Köpfe schütteln.
»Wie ein Mosh-Pit«, helfe ich ihr und schiebe ein Mädchen mit gebleichtem Haar aus dem Weg.
»Hey!«, schimpft das Mädchen, das sich seinen Drink über die Vorderseite seines Lederkleids geschüttet hat. »Das war Absicht!«
Für einen Sekundenbruchteil vergesse ich, wer ich bin, und drehe mich zu ihr, um sie mit einem tödlichen Blick zu bedenken. Aber dann fällt mir wieder ein, dass ich die ruhige, vernünftige Ella bin, die keinen Streit anfängt oder andere Mädchen verprügelt.
»Was ist, Tusse?«, fragt sie kampflustig und tupft sich die Brust ab. »Glaubst du, ich habe Schiss vor dir?«
Lila beißt sich nervös auf den Daumennagel. »Tut uns leid. Sie wollte das nicht.«
Der Gesang schwillt an, und von dem Chaos bekomme ich Kopfweh. »Entschuldige«, ringe ich mir ab und drücke mich zwischen sie und die Wand.
Die andere mustert mich hämisch und torkelt kichernd mit ihren Freundinnen zur Hintertür. Ich muss mich sehr beherrschen, mich nicht auf sie zu stürzen.
Lila bahnt sich einen Weg zur Bar auf dem Tresen, gießt sich ein bisschen Wodka in einen Becher und mixt ihn mit Orangensaft. »Okay, das war heftig. Ich dachte, die verprügelt dich.«
»Willkommen in Star Grove«, brülle ich über die Musik hinweg. »Heimat der Angespannten und Armutsgeplagten, wo die Jugendlichen treiben, was sie
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