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Das Geheimnis von Islay Island

Das Geheimnis von Islay Island

Titel: Das Geheimnis von Islay Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morna Helen; Mulgray Mulgray
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an. Das Blitzlicht hatte nicht nur einen, sondern zwei große schwarze Müllsäcke aus Plastik erfasst.
    »Zwei Säcke. Ist wahrscheinlich wirklich Müll.« Sandy klang enttäuscht.
    Ich schüttelte den Kopf. Gorgonzolas Reaktion hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass hier etwas anderes als Abfall versteckt lag. Sie hatte einen Toten gerochen. »Nein, falls da zwei Säcke drin sind, dann sind da auch zwei Leichen drin. Die zweite dürfte Chang sein.«
    Ich hatte damit gerechnet, dass Sandy die Sache jetzt, da sich auch noch eine zweite Leiche auftat, zu heikel wurde und er sich von unserer Mission verabschieden würde, doch er nahm nur seinen Hut und musterte ihn nachdenklich. »Ohne vernünftige Aufklärungsarbeit bringen Schlachtpläne gar nichts.« Er setzte sich den Hut wieder auf. »Wenn wir sehen wollen, wer oder was in diesen Säcken steckt, müssen wir da reinkriechen und sie rausziehen.«
    Es wurde deutlich, dass mit »wir« genau genommen ich gemeint war.
    Als ich mich nicht eben vordrängelte, fügte Sandy zu seiner Entschuldigung hinzu: »Ist eine Sache der Logistik, DJ Smith. Meine Statur erlaubt mir nicht, mich weit genug in den Spalt zu zwängen, um die Säcke fest zu packen und herauszuziehen. Deshalb trifft es bedauerlicherweise …«
    »Mich«, führte ich den Satz zu Ende.
    »Messerscharf geschlossen. Ich schlage Folgendes vor …«
    Ich bin ja ganz und gar für Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern, doch wäre es irgendwie möglich gewesen, hätte ich meine Prinzipien gerne einmal über den Haufen geworfen und diese grässliche Aufgabe ihm überlassen.
    »Dauert keine Minute«, redete ich mir gut zu, als ich mich flach auf den Bauch legte und seelisch darauf einstellte, mich unter den schweren Steinplatten in den Spalt zu winden, »keine dreißig Sekunden. Sobald ich den Sack fest in der Hand halte, zieht Sandy mich raus.«
    Um eine bessere Hebelwirkung zu erzielen, grub ich die Ellbogen in den Boden und arbeitete mich zentimeterweise voran. Während ich oben mit dem Kopf am rauen Stein entlangschabte, stieß ich mit dem Kinn in die feuchte Erde und meine Schultern verstellten mir das Licht. An sich leide ich nicht an Klaustrophobie, doch das irrationale Gefühl, lebendig begraben zu sein, trieb mir den Schweiß auf die Stirn und beschleunigte meinen Herzschlag.
    Es dauert nur eine halbe Minute, schärfte ich mir aufs Neue ein, doch es schienen eher dreißig Minuten zu vergehen, bis ich mit den Fingern endlich auf Plastik stieß. Ich bereitete mich seelisch darauf vor, die Hand auszustrecken, über die glatte Oberfläche zu streichen und nach einem Körperteil zu tasten, den ich in sicherem Griff haben würde, wenn Sandy mich herauszog. Ich stieß auf etwas Festes, eindeutig ein Schuh, der Größe nach der eines Mannes. Ich versuchte, den Gedanken an den Fuß darin auszublenden.
    Ich nahm meinen Mut zusammen, tastete nach den Knöcheln und packte sie fest.
    »Okay, Sandy. Kann losgehen.« Die Worte kamen wie ein heiseres Keuchen heraus. Zum Glück wurde das Beben in meiner Stimme von den dicken Mauern des Sarkophags gedämpft.
    Er packte mich an den Beinen und zog. Im letzten Moment drehte ich mich halb auf die Seite, um zu verhindern, dass ich mit dem Gesicht die Erde aufwühlte. Mein Körper streckte sich, und langsam … langsam … wurde ich mitsamt dem Plastiksack und seinem grässlichen Inhalt ans Tageslicht befördert.
    Endlich lag ich still. Ich öffnete die Augen. Ich befand mich im Freien, während der Sack nur zur Hälfte herausgezogen war. Sandy half mir auf, und zusammen zerrten wir ihn vollends aufs Gras.
    »Sie werden ein Foto vom Gesicht brauchen.« Er zog ein Messer aus der Jackentasche und schlitzte das Plastik auf.
    Winstanley starrte mit leerem Blick zu uns hoch. Mit dem Blut war auch alle Wut aus seinem Gesicht entwichen. Obwohl ich schon eine Reihe von Leichen gesehen hatte, setzte mir der Anblick zu meiner eigenen Überraschung zu. Noch vor wenigen Tagen war der Mann höchst lebendig gewesen, geradezu eine Furie, zornig und einzig von dem Wunsch besessen, seine verschwundenen Whiskyfässer wiederzubekommen. Und jetzt … Diese Eitelkeit der menschlichen Wünsche … Wären ihm diese Fässer wirklich wichtiger gewesen als sein Leben?
    »Ist das Ihr Mann?« Sandy hob die Kamera ans Auge.
    Ich nickte. Nachdem die Aufnahmen gemacht waren, bedeckte ich die Leiche wieder mit dem Plastik, und Winstanley kehrte in die anonyme Welt des Leichensacks zurück.
    Mit dem zweiten

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