Das Geheimnis von Islay Island
geschmiert«, murmelte ich, als wir unseren Abgang machten.
Auf dem Rückweg kam Sandys Heureka-Moment. Er hatte eine Weile nichts gesagt, und auch ich hatte meinen Gedanken nachgehangen und gegrübelt, wer wohl das zweite Mordopfer sein mochte. Plötzlich riss er eine Hand vom Steuer und schlug so fest aufs Lenkrad, dass der Wagen gefährlich dicht an den flachen Straßengraben ausbrach.
»Ich hab’s! Ich wusste doch, dass ich dieses Emblem schon mal irgendwo gesehen hatte.« In letzter Sekunde bekam er das Lenkrad wieder in den Griff. »Das ist das Wappen der Camerons. Höchst wahrscheinlich trägt Sir Thomas selbst so ein Ding am Finger.«
Tatsächlich? Ich überlegte. Er trug einen Ring, aber ich hatte nicht darauf geachtet. Wenn ich heute Abend zurückkam, würde ich ihn mir genauer ansehen.
»Hören Sie überhaupt zu?« Sandy machte aus seiner Verstimmung kein Hehl. Verständlicherweise, wie ich zugeben musste, wenn man sich gerade über eine zündende Idee auslässt und der Zuhörer einem nicht bei jedem Wort an den Lippen hängt. »Wie gesagt, müssen wir jetzt nur noch herausfinden, wer im Cameron-Klan vermisst wird. Falls Cameron-Blaik unseren Whisky-Burschen und dann diese Chang kaltgemacht hat, weil sie ihm in die Quere kamen …« Er drehte sich zu mir um, ohne in seiner Begeisterung die vor uns liegende Kurve zu bemerken. »Wahrscheinlich ist es irgendein Verwandter von ihm, der von wer weiß woher nach Islay zurückgekehrt ist, vielleicht aus Australien oder Südamerika, und nun sein rechtmäßiges Erbe einfordern will. Das müsste die Suche einengen …«
»Wenn wir die Kurve da nicht bekommen, werden wir gar nichts mehr suchen, sondern an einem Baum landen.« Unwillkürlich trat ich fest auf die Bremse, auch wenn ich nur die Bodenmatte traf.
Er riss das Steuer herum und ließ, ohne die lebensbedrohliche Situation mit einer Silbe zu erwähnen, seiner Einbildungskraft freien Lauf, indem er für Cousin X von Cameron-Blaik eine Lebensgeschichte ausmalte, mit allem, was dazugehörte: eine vertane Jugend, Schande für die Familienehre, Exil, plötzliches unerwünschtes Auftauchen, Erpressung – unterhaltsam, doch eindeutig einem überzeichneten, mittelmäßigen Film entsprungen, Kategorie viktorianisches Melodram.
Anders bei dem Cameron-Ring. Da hatte Sandy ins Schwarze getroffen. Nur ein Familienmitglied würde einen solchen Ring tragen, und Sir Thomas musste mindestens der Beihilfe zum Mord schuldig sein. Da hatten wir es nun mit einem Mann zu tun, auf den ersten Blick eine Persönlichkeit der gehobenen Gesellschaft, ein unbescholtener Bürger, der sich nunmehr als heimlicher Whisky- und Drogenschmuggler sowie kaltblütiger Mörder von zwei, wohl sogar drei Menschen entpuppte – zumindest war ich davon überzeugt, dass auch die Chinesin nicht mehr lebte. Ein solches Strafregister wäre fast eines Louis Moran würdig gewesen.
Auch wenn sich Moran noch nicht auf Allt an Damh hatte blicken lassen, hegte ich keine Zweifel, dass Cameron-Blaik mit ihm in Verbindung stand. Ich würde –
Der Wagen machte einen heftigen Schwenk nach rechts. Ich warf die Arme in der von Flugbegleitern empfohlenen Abwehrhaltung nach oben und schloss die Augen.
Statt des erwarteten Knalls, splitternden Glases und reißenden Metalls hörte ich lautes, anhaltendes Lachen.
»Jetzt sind Sie endlich bei der Sache, was?«
Ich ließ die Arme sinken und öffnete die Augen. Wir fuhren auf einem kerzengeraden Stück Straße, und ein Blick in den Seitenspiegel zeigte mir, dass weit und breit keine Kurve oder irgendein Hindernis hinter uns lag.
»Hab Sie erwischt. Funktioniert immer.« Noch mehr Kichern, als er geschickt auch die Vorfälle mit dem Graben und dem Baum in der Kurve als absichtliche Manöver hinstellte. »Ich sagte gerade, dass ich den idealen Ort weiß, wo Sie abtauchen können, wenn das Pulverfass in die Luft fliegt.« Jetzt war ich allerdings ganz Ohr. »Er ist von der Fähre aus zu erreichen – gleich auf der anderen Seite von Port Ellen, in der Nähe des Strandes, den sie als Singing Sands bezeichnen. Wie’s aussieht, kann es jeden Moment so weit sein, also, wann wollen Sie sich die Stelle mal anschauen?«
»Am besten gleich morgen. Ich kann mich allerdings frühestens um elf mit Ihnen treffen.«
Ich hatte das Gefühl, dass ich diesen Ort schon sehr bald brauchen würde.
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A llen Versuchen Gabrielles zum Trotz, verschiedene Gesprächsthemen anzuschneiden, konnte man die Atmosphäre bei Tisch an diesem
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