Das Geheimnis von Melody House
Gewissensbisse, weil sie Penny keine Hilfe angeboten hatte, aber sie sehnte sich nach frischer Luft.
Was für eine herrliche Nacht! Die Berge waren ganz nah, und am samtschwarzen Nachthimmel glitzerten Abermillionen Sterne. Darcy lehnte sich für einen Moment gegen die Verandabrüstung und sog die mit Blumenduft angereicherte Luft tief in die Lungen.
Gleich darauf setzte sie sich in einen der Schaukelstühle und genoss es, den weichen Wind auf ihrer Haut zu spüren, wobei sie überlegte, wer oder was da wohl geklopft haben mochte.
Nur wenig später wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, weil sie etwas neben sich fühlte. Etwas höchst Lebendiges allerdings, das einen schwachen Duft nach After Shave verströmte.
Als sie die Augen aufmachte, sah sie, dass sich Matt in den Stuhl neben sie gesetzt hatte und sie schweigend musterte.
Sie wandte sich ab, schaute in die Nacht hinaus und beantwortete dann seine unausgesprochene Frage: “Nein, ich glaube nicht, dass es ein Geist war, der geklopft hat.”
Um seine Mundwinkel zuckte ein zerknirschtes Lächeln.
“Das beruhigt mich! Wenn Sie etwas anderes gesagt hätten, hätte ich nämlich jedes Vertrauen in Sie verloren.”
“Ach ja? Ich wusste gar nicht, dass Sie überhaupt Vertrauen zu mir haben.”
“Es gibt noch mehr, was Sie nicht wissen.”
“Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten Leute nicht an Übersinnliches glauben”, sagte Darcy. “Gleichzeitig aber haben sie den Verdacht, dass es zwischen unserer Welt und der Welt der Toten vielleicht doch irgendwie geartete Bande geben könnte.”
Er schaukelte eine Weile schweigend und sagte dann immer noch tief in Gedanken: “In unserer Familie gibt es eine lange militärische Tradition. Ich bin gleich nach der Schule auf die Militärakademie gegangen und war anschließend mehrere Jahre in der Armee. Die Toten, die ich damals sah, haben sich unauslöschlich in mein Gedächtnis gegraben. Nach dem Militärdienst habe ich zuerst als Polizist im Großraum Washington gearbeitet, und obwohl die meisten Leute davon ausgehen, dass sich dort nur Politkrimis abspielen, gibt es viele Verbrecher, die wissen, wie man tötet, das können Sie mir glauben. Der Tod ist meistens hässlich und setzt unweigerlich einen Schlusspunkt. Ich kenne den Tod gut. Wer also könnte ein besseres Bindeglied zur Vergangenheit sein als ich?”
Darcy lachte. “Nicht, wenn es in Ihrem Kopf nicht einmal einen winzigen Spalt gibt, der es den Toten erlaubt, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen.”
Matt schaukelte einen Augenblick schweigend weiter, dann schaute er sie mit diesem Lächeln an, bei dem ihr unweigerlich ganz heiß wurde, auch wenn sie es nicht zugeben wollte.
“Nach dem Tod meines Vaters habe ich mir sehnlichst gewünscht, wenigstens noch ein einziges Mal mit ihm sprechen zu können. Ich hätte alles dafür gegeben – ich wäre sogar zu ihm in den Sarg gekrabbelt, so sehr liebte ich ihn. Als mein Großvater starb, fühlte ich genauso, nur dass ich damals schon älter war und es leichter hinnehmen konnte, dass sein Leben, ein gutes Leben, an seinem Ende angelangt war.”
Die Gefühle, die in seinen Worten mitschwangen, rührten Darcy. Matt schien das zu merken und wechselte das Thema: “Das waren doch nicht etwa Sie, die da geklopft hat, oder?”
Automatisch versteifte sich Darcy: “Natürlich nicht! Aber soll ich Ihnen mal was sagen: Ich glaube, Sie haben etwas gegen Frauen. Bei Ihren Ausführungen eben zum Beispiel haben Sie mit keinem Wort Ihre Mutter erwähnt.”
In diesen so seltsam grauen Augen glomm ein gefährlicher Funke auf. “Oh, ich habe absolut nichts gegen Frauen, Darcy. Die Aufrichtigen sind mir sehr sympathisch … Und meine Mutter habe ich nicht erwähnt, weil ich bei ihrem Tod erst ein paar Monate alt war und von daher kaum Zeit hatte, sie kennen zu lernen.”
Darcy wandte sich wieder ab und schaute in die Nacht hinaus. “Das tut mir Leid.”
“Und Sie?”
Sie warf ihm einen amüsierten Blick zu. “Ich habe absolut nichts gegen Frauen.”
“Nein, ich meine, wie haben Sie Ihre übersinnlichen Fähigkeiten entdeckt?”
“Ach das”, murmelte sie.
“Na?”
“Nun, ich hatte zusammen mit einem sehr guten Freund einen Autounfall. Er kam dabei ums Leben.”
“Und nach seinem Tod hat er mit Ihnen Verbindung aufgenommen?”
“So ähnlich.” Sie machte sich wieder auf eine höhnische Bemerkung gefasst, stattdessen aber spürte sie überrascht, dass er seine Hand sanft auf ihre legte.
“Glauben
Weitere Kostenlose Bücher