Das Geheimnis von Melody House
wenigstens noch einmal versuchen”, bat Darcy, die aus Erfahrung wusste, dass sie die Angst, die sie befallen hatte, überwinden konnte. Ein zweites Mal würde sie garantiert nicht panisch aus dem Lee-Zimmer flüchten.
“Hör zu, Matt”, versuchte Carter die Wogen zu glätten, “deine Sturheit ist ja allgemein bekannt, aber Miss Tremayne steht dir in diesem Punkt offenbar in nichts nach. Deshalb schlage ich vor, du lässt sie jetzt einfach wieder ins Bett gehen, damit wir alle weiterschlafen können. Du glaubst doch sowieso nicht an Geister.”
“Ich glaube zwar nicht an Geister, aber ich glaube daran, dass es Menschen gibt, die Böses tun”, sagte Matt, ohne Darcy aus den Augen zu lassen.
“Sie schlafen doch praktisch nebenan”, wandte sie ruhig ein.
“Ich will aber nicht, dass Ihnen irgendetwas zustößt! Das hätte mir nämlich gerade noch gefehlt”, brummte er unwirsch.
“Weil es schlecht für Ihren Ruf wäre?” fragte sie in beißendem Ton und fügte hinzu: “Hören Sie, ich verspreche Ihnen, nicht ein weiteres Gespenst von Melody House zu werden. Im Übrigen darf ich Sie vielleicht daran erinnern, dass ich ein erwachsener Mensch bin.”
Einen Augenblick sah Matt sie scharf an, dann warf er die Hände in die Luft und wandte sich ab. Clint grinste und hob den Daumen. Carter zwinkerte ihm zu. Nur Penny wirkte noch immer besorgt.
“Sind Sie sicher, dass Sie allein zurechtkommen?” fragte sie leise.
“Absolut”, versicherte Darcy.
“Sie brauchen sich wirklich keine Sorgen zu machen, Ma’am”, sagte Clint in scherzhaftem Ton zu Darcy. “Sie haben es hier mit drei äußerst charmanten und heldenhaften Südstaatengentlemen zu tun, die bereit sind, Sie jederzeit aus der Gefahr zu retten. Wir würden uns glücklich schätzen, einen Geist, der Sie bedrängt, in die Flucht schlagen zu dürfen.”
Penny stöhnte laut auf. “Marsch ins Bett, ihr zwei. Hoffen wir bloß, dass nicht einer der Geister beschließt, einem von euch seine Aufwartung zu machen. Dann würde euch euer respektloses Gerede nämlich bald Leid tun!”
“Schon gut, schon gut, wir verschwinden ja schon”, sagte Clint begütigend und fuhr an Darcy gewandt fort: “Im Ernst: Schreien Sie einfach laut, wenn Matt nicht schnell genug zur Stelle ist.”
“Gute Nacht”, sagte Darcy mit einem Lächeln für Penny und einem nicht besonders freundlichen Blick für Matt, nachdem die beiden Männer gegangen waren. “Es tut mir wirklich Leid. Es wird nicht wieder vorkommen.”
Matt nickte nur und war gleich darauf in seinem Zimmer verschwunden.
Penny blieb noch einen Moment stehen. In einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ, sagte sie: “Selbstverständlich sind sie da, ich weiß es genau.”
Darcy lächelte. “Wir müssen nur herausfinden, was sie wollen.” Sie zögerte. “Wenn Geister aggressiv werden, versuchen sie uns damit etwas zu sagen.”
Penny erschauerte. “Es wird schlimmer werden”, sagte sie nachdenklich und schaute dabei verunsichert auf Matts geschlossene Tür. “Vielleicht hat er ja doch Recht. Vielleicht sollten Sie wirklich woanders schlafen und Ihre Nachforschungen nur tagsüber im Lee-Zimmer anstellen.”
“Penny, das ist mein Beruf!” erinnerte Darcy sie. “So etwas mache ich jeden Tag. Das lag nur an … an der Eindringlichkeit meines Traums. Aber es ist okay. Wirklich.”
Penny wirkte noch immer nicht überzeugt, wünschte Darcy aber dennoch eine gute Nacht und ging.
Darcy schloss die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Die Temperatur im Zimmer schien sich normalisiert zu haben; die Luft war klar wie an einem Morgen in den Bergen. Darcy war überzeugt, dass sie für heute ihre Ruhe haben würde. Nun, nachdem sie ihre Angst überwunden hatte, ging es ihr besser. Sie fühlte sich stärker als vorher, gewappneter. Und noch entschlossener.
Melody House barg viele Geheimnisse. Offensichtlich aber war, dass die Frau in Weiß eines gewaltsamen Todes gestorben und ihr Mörder nie zur Rechenschaft gezogen worden war.
Darcy fuhr sich mit kaltem Wasser über das Gesicht, schaute sich noch einmal um und legte sich dann wieder ins Bett.
Wenig später jedoch schrak sie ein weiteres Mal aus dem Schlaf hoch.
Sie
erfühlte
das Zimmer, konnte aber nichts erkennen. Und dennoch, irgendetwas hatte sie geweckt.
Sie stand auf. Reglos verharrte Darcy neben dem Bett und versuchte, die Dunkelheit mit Blicken zu durchdringen. Da war nichts, nur Stille.
Sie ging zu den geöffneten Balkontüren und strich im
Weitere Kostenlose Bücher