Das Geheimnis von Mulberry Hall
endgültig das Thema. „Dir ist wohl auch nicht danach, für ein paar Tage zurück nach Gloucestershire zu fahren?“, fügte er hoffnungsvoll hinzu.
„Absolut nicht“, bestätigte Gideon.
Mit dieser Antwort hatte sein Bruder bereits gerechnet.
Lexie ignorierte Lucan St. Claire absichtlich, als er fünfzehn Minuten später direkt vor ihrem Empfangstresen stand. Dabei konnte sie seine körperliche Präsenz förmlich spüren, ohne aufzusehen.
Energisch zwang sie sich, in aller Ruhe auf ihrem Laptop eine E-Mail an Brenda fertig zu schreiben. Brenda saß im Büro von Premier Personnel und hatte ihrer Vizechefin gerade online mitgeteilt, dass sie Lucan St. Claire davon überzeugen konnte, Lexie Hamilton als fähige Sekretärin zu akzeptieren.
Um ehrlich zu sein, war Lexie kurzfristig in Panik geraten, weil er sich unbedingt persönlich mit ihrer Agentur in Verbindung setzen wollte. Sie war aus Lucans Büro geflohen, um Brenda, die während ihrer Abwesenheit in der Agentur die Stellung hielt, telefonisch vorzuwarnen. Die Einzelheiten würde sie ihrer Kollegin nach der Arbeit bei einer Tasse Kaffee erklären müssen.
Allerdings war Lexie schleierhaft, wie sie das anstellen sollte, weil ihr ja selbst nicht ganz klar war, was sie hier eigentlich tat. Sie war einfach einem Impuls gefolgt, als sich die Gelegenheit ergab, ihre Neugier in Bezug auf die Familie St. Claire zu befriedigen. Jetzt bereute sie diese Kurzschlusshandlung bereits.
Wie erwartet, fand sie Lucan St. Claire zwar unerträglich arrogant und selbstherrlich, aber gleichzeitig sah er auch gefährlich gut aus und wirkte höchst anziehend auf sie. Sein dunkles Haar und die beinahe schwarzen Augen erinnerten Lexie so sehr an seinen Vater Alexander …
Schließlich hob sie erwartungsvoll den Kopf. „Gibt es ein Problem mit dem Haustelefon, Mr St. Claire?“
Ihr Sarkasmus kam für ihn unerwartet, und er trat einen halben Schritt zurück. „Ich gebe zu, wir hatten da vorhin möglicherweise einen schlechten Start miteinander, Miss Hamilton. Aber eine Sache sollten wir klarstellen, ja?“ Er sah kalt auf sie herab. „Im Augenblick bin ich der Arbeitgeber, und Sie sind meine Angestellte.“
„Bin ich das?“
„Für den Moment schon“, sagte er mit Nachdruck, und es klang fast wie eine Warnung.
Lexie zuckte die Achseln. „Darf ich aus diesem Kommentar schließen, dass meine Agentur die Zwischenplanung für Ihren personellen Engpass bestätigt hat?“
„Allerdings. Es sieht so aus, als müssten wir die nächsten Tage miteinander auskommen.“
„Scheint so“, erwiderte sie lächelnd.
„Verraten Sie mir nur eines, Lexie! Ist diese Tendenz, Ihren Arbeitgebern mit weniger als nur dürftigem Respekt entgegenzutreten, der Grund für Ihre Zeitarbeit? Fällt es Ihnen aufgrund Ihres Temperaments leichter, für eine Vermittlungsagentur zu arbeiten, anstatt eine solide Festanstellung anzunehmen?“
Zwei rote Flecken zeichneten sich auf ihren hellen Wangen ab. „Die Motivation für meine berufliche Orientierung geht Sie nichts an, Mr St. Claire.“
Seine breiten Schultern zuckten leicht unter dem edlen Stoff seines maßgeschneiderten Jacketts. „Ich war nur neugierig, mehr nicht.“
Genau wie ich, überlegte Lexie und dachte an ihre persönlichen Beweggründe, die sie in dieses Büro geführt hatten.
„Ich versichere Ihnen, Mr St. Claire, nichts in Bezug auf mein Privatleben dürfte von Interesse für Sie sein.“ Herausfordernd legte sie den Kopf in den Nacken.
„Das klingt, als wären Sie da ganz sicher.“
„Bin ich“, bestätigte Lexie tonlos.
Was er wohl sagen oder tun würde, wenn er wüsste, wer ich bin? fragte sie sich im Stillen.
Nämlich dass ihre Großmutter niemand anders als Sian Thomas war. Die Witwe, in die sich sein Vater Alexander St. Claire vor mehr als fünfundzwanzig Jahren verliebt hatte. Die Frau, der die gesamte Familie St. Claire seit so vielen Jahren mit Hass und Verachtung begegnete.
Lexies richtiger Name lautete Alexandra. Im Gedenken an Grandpa Alex , wie sie den Vater ihres momentanen Arbeitgebers während der ersten sechzehn Jahre ihres Lebens genannt hatte – bis zu dessen Tod.
2. KAPITEL
Sehr lange hatte Lexie nicht gewusst, wer genau Grandpa Alex eigentlich war, außer natürlich ihr Stiefgroßvater. Doch als sie ein Teenager war, nahm ihre Mutter Lexie beiseite und erklärte ihr in aller Ruhe die ganze Situation ihrer Familie.
Erst zu diesem Zeitpunkt erfuhr Lexie, dass Alexander St. Claire der Duke von
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