Das Geheimnis von Mulberry Hall
ihrer Stimme. Als hätte sie sich vorgenommen, ihn in jeder Hinsicht zu verabscheuen … merkwürdig!
Lag es etwa an der Art, wie achtlos er angeblich mit seiner vorherigen Sekretärin umgegangen war? Oder gab es für Lexie Hamilton einen anderen Grund, ihn nicht zu mögen? Sie hatte Jessica Brown doch nicht einmal gekannt, also musste es sich um etwas handeln, das Lexie persönlich betraf. Oder war sie vielleicht jedem gegenüber so gereizt und zickig?
Nun ja, er würde es herausfinden, schließlich mussten sie die nächsten Tage auf engem Raum zusammenarbeiten.
Jetzt wollte er sich erst einmal um John Bartons Anruf und den Tauwasserschaden an seinem Elternhaus kümmern …
„Stimmt etwas nicht, Mr St. Claire?“, erkundigte sich Lexie wenige Stunden später fröhlich. Gideon hatte gerade erst in Begleitung von Andrew Proctor und dessen Rechtsbeistand das Büro verlassen, um die Besucher zum Lift zu bringen.
„Was sollte denn nicht stimmen?“ Lucan biss die Zähne fest aufeinander und stand auf. Seine Schläfen pochten schmerzhaft, und sein Blick wurde noch eine Spur finsterer.
Sie schüttelte leicht den Kopf. „Ich nahm an, Sie laden Mr Proctor noch zum Lunch ein, nachdem die Verträge unterschrieben sind.“
„Ich bin sicher, Proctor würde lieber mit Ihnen als mit mir essen gehen.“
„Mit mir?“, wiederholte sie überrascht.
„Spielen Sie bloß nicht das Unschuldslamm, Lexie! Sie wissen doch genau, welche Wirkung Sie auf Andrew Proctor ausgeübt haben“, argumentierte Lucan ärgerlich.
„Ich habe lediglich über ein paar seiner Bemerkungen gelacht und seine …“
„Sie haben sich über jeden einzelnen seiner Witze prächtig amüsiert“, korrigierte er sie angewidert. Ihm wurde ganz anders, wenn er an den Verlauf des Meetings dachte, das gerade eben in seinem Büro stattgefunden hatte.
Andrew Proctor war ein ausgesprochen attraktiver Endvierziger, Besitzer eines großen Transportunternehmens, das Lucan gern für die St. Claire Corporation erwerben wollte. Es hatte schon mehrere Termine mit Proctor und seinem Anwalt gegeben, um die Einzelheiten des Verkaufs zu besprechen. Deshalb war Lucan auch davon ausgegangen, die Angelegenheit an diesem Vormittag schnell und problemlos abwickeln zu können.
Aber er hatte nicht mit der durchschlagenden Wirkung seiner neuen Arbeitskraft gerechnet!
Andrew Proctor warf nur einen Blick auf Lexie, und der ganze Tenor ihrer geschäftlichen Verhandlungen änderte sich. Dieser Kerl flirtete hemmungslos mit der schwarzhaarigen Schönheit, anstatt seine Aufmerksamkeit den letzten Änderungen der Vertragspapiere zu widmen.
Die Tatsache, dass sich Gideon ebenfalls interessiert an Lexie zeigte, half auch nicht gerade dabei, die ganze Sache zu entschärfen.
Lucan presste kurz die Lippen aufeinander. „Sie hätten genauso gut mit dem Mann ins Bett gehen können, verdammt noch mal!“
Fassungslos riss sie die Augen auf, sammelte sich jedoch gleich wieder. „Glauben sie mir eines, Mr St. Claire! Wenn ich mit jemandem schlafe, dann ganz gewiss nicht vor Publikum.“
Er sog scharf den Atem ein, als plötzlich höchst unangemessene Bilder durch seinen Kopf geisterten. Er stellte sich vor, wie zart und weich sich ihre helle Haut wohl anfühlte und welche Farbe ihre Brustwarzen wohl haben mochten, das gelockte Haar zwischen ihren … Ja, war er denn vollkommen wahnsinnig geworden?
Gütiger Himmel!
Weihnachten in Schottland, die Hochzeit auf Mulberry Hall und jetzt auch noch dieser beunruhigende Anruf aus Gloucestershire – das alles hatte ihn sicherlich in eine gewisse Unruhe versetzt. Aber doch nicht so sehr, dass er sich auf einmal in erotische Fantasien verstieg? Sein Hirn schien sich in einer Art Ausnahmezustand zu befinden, nur der Grund dafür war ihm schleierhaft.
Und das Gehirn war nicht sein einziges Körperteil, das sich im Ausnahmezustand befand …
„Ich will gar nicht wissen, was Sie bevorzugen, wenn Sie mit einem Mann intim werden“, brummte er, obwohl das nicht ganz der Wahrheit entsprach. „Mir liegt nur daran, Ihnen klarzumachen, was Ihr offenherziges Verhalten für Folgen hat. Dank Ihnen ist dieses Geschäftsmeeting ein komplettes Fiasko geworden.“
Unglücklicherweise musste Lexie zugeben, dass seine Kritik nicht ganz ungerechtfertigt war. Wahrscheinlich hatte man von ihr erwartet, sich still im Hintergrund zu halten, anstatt Andrew Proctor zu erlauben, sie in die Besprechung mit einzubeziehen. Und bestimmt hätte sie sich auch korrekt
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