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Das Geheimnis von Orcas Island

Das Geheimnis von Orcas Island

Titel: Das Geheimnis von Orcas Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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»Vielleicht.« Sie stellte ihm die Flasche hin, brachte dann ihr Geschirr zum Spülstein. Selbst das Wissen, dass sie überempfindlich in diesem Punkt war, hielt sie nicht davon ab, zornig zu werden. »Manchen von uns ist es eben bestimmt, langweilig zu sein.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass Sie langweilig sind.«
    »Nein. Nun, ich bin es wohl für jemanden, der einfach weiterzieht, wann immer und wohin auch immer es ihm beliebt. Einfach, gesetzt und naiv.«
    »Sie legen mir Worte in den Mund, Baby.«
    »Das ist sehr leicht, Baby, da Sie selbst höchst selten welche hineinlegen. Löschen Sie das Licht, wenn Sie gehen.«
    Ronald packte Charity beim Arm, als sie an ihm vorbeistürmte, in einer Reflexbewegung, die er fast schon bereute, bevor sie ausgeführt war. Doch es war getan, und der eingeschnappte, trotzige Blick, den sie ihm zuwarf, löste eine Kettenreaktion in ihm aus. Es gab Dinge, die er mit ihr tun konnte, auf die er brannte, die keiner von beiden je vergessen würde. »Warum sind Sie wütend?«
    »Ich weiß nicht. Ich scheine nicht länger als zehn Minuten mit Ihnen reden zu können, ohne gereizt zu werden. Da ich normalerweise mit jedem auskomme, muss es an Ihnen liegen.«
    »Da haben Sie vermutlich Recht.«
    Sie beruhigte sich ein wenig. Es war nicht seine Schuld, dass sie niemals irgendwo gewesen war. »Sie sind kaum achtundvierzig Stunden hier, und ich habe dreimal beinahe mit Ihnen gestritten. Das ist ein Rekord für mich.«
    »Ich habe nicht mitgezählt.«
    »Oh, ich glaube doch. Ich bezweifle, dass Sie irgendetwas vergessen. Waren Sie Polizist?«
    Er musste sich bewusst bemühen, das Gesicht ausdruckslos zu halten und nicht zu erstarren. »Warum?«
    »Sie haben gesagt, dass Sie kein Künstler sind. Das war meine erste Vermutung.« Sie entspannte sich, obgleich er die Hand nicht von ihrem Arm genommen hatte. Zorn war etwas, das sie nur in schnellen, flüchtigen Ausbrüchen kannte. »Es ist die Art, in der Sie Leute ansehen, so als würden Sie Personenbeschreibungen und besondere Kennzeichen aufnehmen. Und manchmal, wenn ich mit Ihnen zusammen bin, fühle ich mich, als sollte ich mich auf ein Verhör vorbereiten. Dann sind Sie vielleicht Schriftsteller? Wenn man in der Hotelbranche ist, bekommt man einen guten Blick dafür, welchen Beruf die Leute ausüben.«
    »Diesmal irren Sie sich.«
    »Nun, was sind Sie dann?«
    »Derzeitig bin ich Faktotum.«
    Sie zuckte die Schultern. »Eine andere Eigenschaft der Hotelmenschen ist das Respektieren der Privatsphäre, aber wenn Sie sich als Massenmörder herausstellen, wird Mae mir ewig Vorwürfe machen.«
    »Gewöhnlich bringe ich nur eine Person zurzeit um.«
    »Das erleichtert mich ungemein.« Sie ignorierte die plötzliche Angst, dass er die schlichte Wahrheit gesagt haben könnte. »Sie halten immer noch meinen Arm fest.«
    »Ich weiß.«
    »Soll ich Sie bitten, mich loszulassen?«
    »Ich würde mir nicht die Mühe machen.«
    Sie holte tief Luft. »Also gut. Was wollen Sie, Ronald?«
    »Diese Sache aus dem Weg räumen, für uns beide.«
    Er erhob sich. Ihr Schritt zurück war instinktiv und überraschender für sie als für ihn. »Das halte ich nicht für eine gute Idee.«
    »Ich auch nicht.« Mit der freien Hand hob er ihr Haar hoch. Es war weich, wie er vermutet hatte. Dicht und voll und so weich, dass seine Finger hineintauchten und verloren waren. »Aber ich bereue lieber etwas, das ich getan habe, als etwas, das ich nicht getan habe.«
    »Ich bereue lieber gar nichts.«
    »Zu spät.« Er hörte sie nach Atem ringen, als er sie an sich riss. »So oder so, wir werden beide viel zu bereuen haben.«
    Er war vorsätzlich grob. Er wusste, wie sanft er sein konnte, obgleich er das Wissen selten anwandte. Zu ihr hätte er es sein können. Vielleicht schob er deswegen jeden Wunsch nach Zärtlichkeit beiseite. Er wollte sie erschrecken, wollte sichergehen, dass sie vor ihm davonlief, wenn er sie losließ, weil er so sehr wollte, dass sie zu ihm lief.
    Tief im Innern hegte er die Hoffnung, dass er sie genügend verängstigen, sie genügend abstoßen konnte, damit sie ihn fortschickte. Wenn sie es tat, war sie sicher vor ihm, und er war es vor ihr. Er dachte, er könnte es schnell vollbringen. Dann, plötzlich, war es ihm unmöglich, überhaupt zu denken.
    Sie schmeckte himmlisch. Er hatte nie an den Himmel geglaubt, aber der Geschmack lag auf ihren Lippen, rein und süß und viel versprechend. Ihre Hand war zu seiner Brust gewandert, in einer automatischen

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