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Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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diesen beiden erbosten Herren, die ihre Meinungsverschiedenheiten mitten auf dem Bürgersteig austrugen.
    «Der Teufel soll mich holen, wenn ich nicht die reine Wahrheit sage. Ich habe nichts von einer Verabredung gewusst, habe nicht die blasseste Ahnung, ob Trevelyans Neffen in London oder in Honolulu oder in Timbuktu leben.»
    Inspektor Narracott fühlte sich ein wenig unbehaglich bei diesem Zornesausbruch, und fast zaghaft fragte er: «Warum nannten Sie dann aber die Zeit fünfundzwanzig nach fünf?»
    «Na… vielleicht ist es doch besser, ich sage es Ihnen, obwohl das Ganze höchst albern klingt», stotterte der Major verlegen. «Einfach blödsinnig…! Kein vernünftiger Mensch kann solchen Unsinn glauben… Ich tat’s der jungen Dame zu Gefallen, aus Spaß… nicht etwa, weil ich daran glaubte.»
    «Was taten Sie denn, Major?»
    «Tischrücken.»
    «Tischrücken…?»
    Alles andere hätte der Inspektor eher erwartet als dies. Und es dauerte geraume Zeit, bis Major Burnaby die Erklärung herausgewürgt hatte. Stockend, immer wieder unterbrochen durch Beschwörungen seines eigenen Unglaubens in Bezug auf solche Dinge, beschrieb er die Sitzung am Kaminfeuer in Sittaford und die Geisterbotschaft, die angeblich für ihn bestimmt gewesen war.
    «Sie meinen, Major Burnaby, dass der Tisch den Namen Trevelyan buchstabierte und Sie von der Ermordung des Captain benachrichtigte?», fragte Narracott, der seinen Ohren noch immer nicht traute.
    Der Major wischte sich aufatmend die Stirn.
    «Jawohl, so trug es sich zu. Ich glaube, wie gesagt, nicht daran», bekräftigte er nochmals ganz beschämt. «Natürlich glaube ich nicht daran. Nun – es war Freitag und… Na, kurz und gut, ich entschloss mich – obwohl es mir alle auszureden versuchten –, loszugehen und mich persönlich von Trevelyans Wohlbefinden zu überzeugen.»
    Narracott hielt sich die Schwierigkeiten dieser Wanderung von zehn Kilometern vor Augen – die hohen Schneewehen, Sturm und Kälte und Dunkelheit, und die sichere Aussicht, in neues Schneegestöber zu geraten. Und er vergegenwärtigte sich, dass die Geisterbotschaft auf Major Burnaby, wenngleich er es heftig abstritt, einen nachhaltigen Eindruck gemacht haben musste. Auch Narracott selbst vermochte sich diesem Eindruck nicht ganz zu entziehen. Merkwürdige Geschichte… wirklich merkwürdig! Es gab doch Dinge zwischen Himmel und Erde, die sich nicht zufrieden stellend erklären ließen. Man durfte also Botschaften aus dem Jenseits, Hellsehen und Geisterzitieren doch nicht so einfach mit dem Wort Humbug abtun… Übrigens war es der erste glaubwürdig bezeugte Fall, der ihm in seiner langjährigen Praxis vorgekommen war.
    Aber dieses wunderliche Ereignis, das Burnabys Verhalten hinreichend erklärte, hatte keine praktische Bedeutung, soweit es um den Mordfall selbst ging.
    Er, Narracott, musste sich mit der körperlichen und nicht mit der geistigen Welt befassen.
    Seine Aufgabe war es, den Mörder zur Strecke zu bringen. Und hier verlangte er weder Winke noch Richtlinien aus dem Jenseits.

8
     
    A ls er auf seine Uhr sah, stellte Inspektor Narracott fest, dass er, wenn er sich beeilte, noch gerade den Zug nach Exeter erreichen würde. Ihm lag daran, Captain Trevelyans Schwester möglichst bald zu sprechen und von ihr auch die Adressen der übrigen Familienangehörigen zu erfahren. Und so raste er nach einem überstürzten Abschied von dem alten Offizier zum Bahnhof, während Burnaby seine Schritte zu den «Three Crowns» lenkte.
    Kaum hatte er den Fuß auf die erste Steinstufe gesetzt, als ein junger Mann auf ihn zustürmte.
    «Major Burnaby?»
    «Ja.»
    «Aus Sittaford, Cottage Nr. 1?»
    «Ja.»
    «Ich bin vom Daily Wire», sagte der junge Mann, «und ich…»
    Weiter kam er mit seiner Erklärung nicht. Ganz Militär der alten Schule tobte der Major los.
    «Kein Wort mehr. Ich kenne Sie und Ihresgleichen. Nichts von Takt. Nichts von Feingefühl und Zurückhaltung. Wie Geier um ein Aas scharen Sie sich um ein Mordopfer. Aber von mir erhalten Sie keine einzige Auskunft, Sie Grünschnabel! Nicht eine Silbe! Nicht eine Zeile für Ihre verdammte Zeitung. Wenn Sie was erfahren wollen, wenden Sie sich gefälligst an die Polizei, und beweisen Sie soviel Anstand, die Freunde des toten Mannes ungeschoren zu lassen.»
    Aber den jungen Mann kümmerte diese derbe Zurechtweisung wenig. Noch gewinnender wurde sein Lächeln.
    «Verzeihen Sie, Sir, Sie befinden sich auf dem Holzweg. Ich weiß nichts von einem

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