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Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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haben, auf den Verlass ist!»
    Tatsächlich, Emily Trefusis war eine begabte junge Dame…

12
     
    B ei ihrer Rückkehr in die «Three Crowns» hatte Emily das Glück, gleich in der Diele auf Mrs Belling zu stoßen. «Ich fahre heute Nachmittag, Mrs Belling.»
    «Ja? Mit dem Vier-Uhr-Zug nach Exeter?»
    «Nein, hinauf nach Sittaford.»
    «Nach Sittaford?» Mrs Belling wurde neugierig.
    «Ja. Und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir sagen würden, wo ich dort wohnen kann.»
    «Wohnen, Miss?» Die Neugier wuchs noch.
    «Weil ich… Oh, liebe Mrs Belling, kann ich Sie denn nicht einen Moment unter vier Augen sprechen?»
    «Aber gewiss doch… gewiss.»
    Mit staunenswerter Behändigkeit wackelte die Dicke mit ihrem jungen Gast in das private Heiligtum, wo ein großes Feuer im Kamin brannte.
    «Nicht wahr, Sie werden doch mit niemandem darüber reden?», begann Emily Trefusis, wohl wissend, dass von allen Einleitungen diese eine am unfehlbarsten Interesse und Sympathie erweckt.
    «Gott bewahre, Miss!», beteuerte Mrs Belling, deren dunkle Augen vor Erregung glitzerten.
    «Sie haben gewiss keine Ahnung, dass Mr Pearson…»
    «Was? Der junge Herr, der am Freitag bei mir wohnte und den die Polizei verhaftet hat und immer noch nicht freilässt?»
    Emily wurde schneeweiß.
    «Noch immer nicht? Woher wissen Sie das, Mrs Belling?»
    «Unsere Amy hat es von dem Sergeanten erfahren.»
    «O Gott!» stöhnte Emily. Sie hatte zwar Derartiges erwartet, aber da es nun eintraf, erschütterte es sie doch. «Ich bin mit ihm verlobt, Mrs Belling. Und er ist so unschuldig wie Sie und ich. Oh, Mrs Belling, wie soll ich das nur ertragen…!»
    Und jetzt begann Emily zu schluchzen, genau ihrer Absicht gemäß, in die Charles Enderby eingeweiht worden war. Doch zu ihrem Entsetzen kamen die Tränen ganz von selbst; sie waren echt. Nein, nein, das durfte nicht sein. Dass sie die Nerven verlor – damit erwies sie James keinen Dienst. Entschlusskraft, Logik, Umsicht und Scharfsinn, solche Eigenschaften erforderte dieses Spiel.
    Dessen ungeachtet brachten die Tränen Erleichterung. Und warum sie nicht strömen lassen, da sie unfehlbar zu Mrs Bellings Herzen sprechen und nebenher noch vielleicht alle Unruhe, Zweifel und geheimen Ängste hinwegschwemmen würden.
    «Ruhig, ruhig Kindchen!» tröstete Mrs Belling die herzzerreißend Schluchzende und legte mütterlich den Arm um ihre Schultern. «Es wird schon nicht so schlimm werden. Ich habe es von Anfang an gesagt, dass er sich nicht an seinem Onkel vergriffen hat. So ein netter, feiner junger Herr! Schlafmützen sind die Polizeibeamten, weil sie nicht einsehen wollen, dass irgendein Herumtreiber die Tat beging. Ruhig, Kindchen, und ein wenig Geduld, denn schließlich wird die Wahrheit doch an den Tag kommen.»
    «Ich hab ihn doch so furchtbar lieb», jammerte Emily.
    O lieber James! O süßer, kindischer, hilfloser, unpraktischer James, der unfehlbar das Unrichtige im unrichtigen Augenblick tat! Wie sollte er sich wehren gegen jenen festen, entschiedenen Inspektor Narracott?
    «Wir müssen ihn retten», wimmerte sie.
    «Natürlich werden wir ihn retten», tröstete Mrs Belling.
    Emily Trefusis wischte sich gründlich die Augen ab, gab ein letztes Geschluchz und Geschnüffel von sich und erkundigte sich dann – hocherhobenen Hauptes – ungestüm:
    «Wo kann ich in Sittaford wohnen?»
    «Oben in Sittaford? Sie bestehen also auf Ihrem Plan, Kind?»
    «Jawohl.»
    Mrs Belling sann ein Weilchen über den schwierigen Fall nach.
    «Auswahl haben Sie da keine», meinte sie endlich. «Die paar Häuser von Sittaford sind ja an den Fingern abzuzählen. Da sind der Schmied und die Posthilfsstelle, aber Mary Hibbert hat sechs Kinder, und außerdem lebt noch eine Schwägerin bei ihr; die Frau des Schmiedes erwartet das Achte, so dass auch bei ihr kein Eckchen frei ist. In Sittaford House, wo Platz in Hülle und Fülle wäre, wohnt die afrikanische Dame. Und sonst gibt’s nur noch die sechs Cottages, die der Captain nach und nach verkaufte und von denen eins Mr Curtis gehört, der bei Captain Trevelyan die Gärtnerstelle innehatte. Mrs Curtis nahm mit seiner Erlaubnis im Sommer Fremde bei sich auf, und auch Ihnen wird nichts anderes übrig bleiben, als bei ihr zu wohnen. Aber wie wollen Sie überhaupt hinkommen, Miss? Haben Sie einen Wagen gemietet?»
    «Mr Enderby nimmt mich mit.»
    «Soso. Und wo wird er Quartier beziehen?»
    «Vermutlich ebenfalls bei Mrs Curtis. Hat sie für jeden von uns ein

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