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Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nicht bedacht. Aber vielleicht haben ihn doch böse Vorahnungen heimgesucht», grübelte Ronnie. Und plötzlich erhellte sich sein Gesicht. «Mr Enderby, was meinen Sie? Ob ihm vielleicht Feinde auf den Fersen waren? Also schnürte er sein Bündel und machte sich aus dem Staub, den Willetts die Sorge für sein Haus anvertrauend?»
    «Die Willetts sind selber ein bisschen verdächtig.»
    «Ja, ich werde auch nicht ganz klug aus ihnen. Violet scheint allerdings das Leben in dieser Einöde zu gefallen; sie sagt, sie sei sehr glücklich hier. Nur heute ist sie ganz verdreht, aber vermutlich ist der Ärger mit dem Dienstpersonal daran schuld. Verstehen Sie, dass die Frauen sich deshalb so aufregen? Ist doch ganz einfach: Wer aufmuckt, fliegt!»
    «Diese Regel haben ja wohl auch die Willetts befolgt, nicht wahr?»
    «Ja, ich weiß. Trotzdem sind sie ganz aus dem Häuschen deshalb. Die Mutter hat sich hingelegt und stößt hysterische Schreie aus, und die Tochter beißt um sich wie eine Schildkröte.»
    «Die Damen haben wohl von der Polizei Besuch gehabt?»
    «Polizei?» Ronald Garfield riss die Augen auf. «Was haben die mit der Polizei zu schaffen?»
    «Nun, es könnte doch sein. Ich hab jedenfalls heute Morgen Inspektor Narracott in Sittaford gesehen.»
    Jetzt ließ Mr Garfield vor Bestürzung seinen Stock fallen und bückte sich, um ihn wieder aufzuheben.
    «Wer, sagen Sie, war heute Morgen in Sittaford? Inspektor Narracott?»
    «Ja.»
    «Ist das der Mann, der die Untersuchung in der Mordsache führt?»
    «Ja.»
    «Um Gottes willen, was will er denn hier? Wo haben Sie ihn gesehen?»
    «Meines Erachtens schnüffelt er überall herum, um sich über Captain Trevelyans vergangenes Leben Klarheit zu verschaffen.»
    «Soso. Er argwöhnt also nicht, dass einer der hier Ansässigen mit dem Verbrechen zu tun haben könnte?»
    «Das kommt mir unwahrscheinlich vor.»
    «Na? Die Polizei steuert meist in die falsche Richtung – wenigstens in Detektivromanen.»
    «In Wirklichkeit beweist sie erstaunlich viel Klugheit und Scharfsinn. Natürlich, die Presse ist eine große Unterstützung für sie», beeilte sich Enderby hinzuzufügen. «Aber wenn man einen Fall sorgfältig nachliest, muss man alle Hochachtung haben, wie sie ohne nennenswerte Anhaltspunkte die Mörder zur Strecke bringt.»
    «Ja, ja… gewiss. Auch der Pearson ist rasch gefasst worden. Der Fall scheint ja ziemlich klar zu sein.»
    «Kristallklar!» sagte Charles Enderby. «Gut, dass man nicht auf Sie oder mich verfiel, he…? Jetzt muss ich einige Telegramme absenden, Mr Garfield. Hier im Dorf wird offenbar nicht viel telegrafiert, denn wenn man ein Telegramm aufsetzt, das die Gebühr von einer halben Krone übersteigt, gerät man in Gefahr, für einen Irren gehalten zu werden.»
    Der Korrespondent des Daily Wire schickte seine Telegramme ab, kaufte eine Schachtel Zigaretten, einige fragwürdig aussehende Schokoladenkekse und zwei sehr betagte Novellenbändchen. Hierauf kehrte er zu Mrs Curtis’ Häuschen zurück, warf sich auf sein Bett und schlief friedlich ein – in beneidenswerter Ahnungslosigkeit, dass er und seine Angelegenheiten, besonders Miss Emily Trefusis, ringsum erörtert wurden.
    Man darf ohne Übertreibung sagen, dass es gegenwärtig in Sittaford nur drei Gesprächsstoffe gab. Einer war der Mord, ein anderer die Flucht des Zuchthäuslers, und der dritte Miss Trefusis und ihr Vetter. Und tatsächlich bildeten sie in diesem Augenblick bei vier verschiedenen Unterhaltungen den Hauptgegenstand.
     
    Die Unterhaltung Nr. 1 fand in Sittaford House zwischen Violet und ihrer Mutter statt, die infolge des fehlenden Personals gerade eigenhändig ihr Teegeschirr abgespült hatten.
    «Mrs Curtis erzählte es mir», bemerkte Violet, noch immer blass und matt.
    «Die Geschwätzigkeit dieser Frau ist beinahe krankhaft», seufzte ihre Mutter.
    «Ich weiß, Mama. Miss Trefusis erwähnte heute Vormittag zwar, dass sie bei Mrs Curtis wohne, doch ich dachte nur deshalb, weil Miss Percehouse in ihren Räumlichkeiten beschränkt ist. Statt dessen scheint sie Miss Percehouse erst heute kennengelernt zu haben.»
    «Mir ist diese Frau im höchsten Grade unangenehm!»
    «Mrs Curtis?»
    «Nein, nein, die Percehouse. Ein gefährlicher Typ Mensch – sie lebt nur zu dem Zweck, möglichst viel über andere Leute auszukundschaften. Dieses wildfremde Mädchen hierherzuschicken wegen eines Tortenrezepts! Ich hätte ihr liebend gern eine vergiftete Torte

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