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Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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vernünftig zu beurteilen. Was kann die Polizei schon erfahren, wenn sie sich an Zittergreise und alte Weiber wendet? Das Urteil eines Mannes – das ist’s, worauf es ankommt.» Wieder sauste die Faust herab.
    «Nun, ich denke, Inspektor Narracott und seine Beamten werden selbst wissen, worauf es ankommt.»
    «Haben sie sich nach mir erkundigt?», begehrte Captain Wyatt zu wissen.
    «Hm… ich… ich kann mich nicht genau erinnern.»
    «Warum können Sie sich nicht erinnern? Sie leiden doch noch nicht an Altersschwachsinn.»
    «Ich war vermutlich ein bisschen aufgeregt», versuchte Mr Rycroft den Erzürnten zu beschwichtigen.
    «Aufgeregt waren Sie? Angst vor der Polizei…? Ich habe keine Angst vor ihr. Lassen Sie die nur herkommen, dann werde ich ihnen heimleuchten! Sie wissen wohl, dass ich vorgestern Nacht eine Katze auf neunzig Meter Entfernung traf?»
    «Wirklich?»
    Die Angewohnheit des Captain, seinen Revolver auf tatsächlich vorhandene oder eingebildete Katzen abzufeuern, war eine böse Heimsuchung für die Nachbarschaft.
    «Ich bin müde», sagte Wyatt ohne jegliche Überleitung. «Noch einen guten Trunk, bevor Sie gehen?»
    Als wohlerzogener Mann erhob sich Mr Rycroft bei diesem Wink sofort, während der Captain ihn weiter zum Trinken nötigte. «Sie würden ein ganz anderer Kerl sein, wenn Sie tüchtig tränken. Ein Mann, der darin keinen Gefallen findet, ist überhaupt kein Mann.»
    Aber der kleine Mr Rycroft beharrte auf seiner Weigerung, da er schon einen Whiskysoda zu sich genommen hatte.
    «Was für eine Teesorte können Sie mir empfehlen?», fragte Wyatt. «Ich verstehe von dem labbrigen Zeug nichts. Habe Abdul aufgetragen, Tee zu kaufen, weil ich vermute, dass das Mädel gern mal nachmittags bei mir Tee trinken möchte. Verdammt hübsches Küken! Ich muss mich ihrer ein bisschen annehmen, damit sie sich in dieser Einöde nicht zu Tode langweilt.»
    «Unnötig, sie hat sich einen jungen Mann zur Gesellschaft mitgebracht», sagte Mr Rycroft.
    «Von den jungen Männern heutzutage wird mir übel. Zu nichts nütze.»
    Was sollte man darauf erwidern? Mr Rycroft wusste es nicht und hielt es für richtiger, sich schleunigst zu verabschieden. Die Bullterrierhündin begleitete ihn unter tückischem Knurren bis zum Tor und bereitete ihm neue Sekunden voll Aufregung und Angst.
     
    In Nr. 4 sprach Miss Percehouse mit ihrem Neffen Ronald.
    «Wenn es dir Spaß macht, um ein Mädchen herumzuscharwenzeln, das keine Verwendung für dich hat, so will ich dir nicht dreinreden, Ronald. Besser tätest du allerdings daran, bei der kleinen Willett zu bleiben. Vielleicht hast du dort etwas mehr Aussichten, obwohl es mich gleichfalls unwahrscheinlich dünkt.»
    «Oh, Tante Caroline!» widersprach Ronnie.
    «Ferner möchte ich dir sagen, dass es deine Pflicht gewesen wäre, mich von der Anwesenheit des Inspektors in Sittaford zu benachrichtigen. Wer weiß, ob ich ihm nicht wertvolle Fingerzeige hätte geben können!»
    «Liebe Tante, ich erfuhr es selbst erst, nachdem er schon wieder fort war.»
    «Das sieht dir ähnlich, Ronnie, kennzeichnet dich voll und ganz.»
    «Es tut mir Leid, Tante Caroline.»
    «Und wenn du Gartenmöbel anstreichst, so brauchst du dein Gesicht nicht auch mit Farbe zu beschmieren; es wird dadurch nicht veredelt. Du vergeudest nur Farbe.»
    «Es tut mir Leid, Tante Caroline.»
    «Und jetzt belästige mich nicht länger», sagte Miss Percehouse, die Augen schließend. «Ich fühle mich abgespannt.»
    Ronnie malte mit der Fußspitze Figuren auf den Teppich und schaute sehr unbehaglich drein.
    «Nun?» fragte das alte Fräulein scharf.
    «Oh… nichts… nur… ich überlegte, ob du mir wohl böse sein würdest, wenn ich morgen mal einen kleinen Ausflug nach Exeter machte?»
    «Wozu?»
    «Ich möchte dort einen Freund treffen.»
    «Was für einen Freund?»
    «Oh… einen Freund, den ich kürzlich kennen lernte.»
    «Wenn ein junger Mann Lügen auftischen will, so soll er das wenigstens verstehen!», erwiderte Miss Percehouse.
    «Aber… aber…»
    «Nichts von Entschuldigungen.»
    «Dann ist also alles okay? Ich darf gehen?»
    «Was meinst du mit ‹ich darf›? Als ob du ein kleines Kind wärst! Du bist über einundzwanzig.»
    «Gewiss. Ich meinte auch…»
    Miss Percehouse schloss von neuem die Augen.
    «Nicht wahr, ich habe dich schon einmal gebeten, mich nicht länger zu belästigen? Ich bin abgespannt und brauche Ruhe. Wenn aber der Freund, den du in Exeter treffen willst, Röcke trägt und

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